Lieber dogmatische oder synkretische Religion?
Während viele Menschen in unseren Breiten einer der dogmatischen Hauptreligionen angehören, gibt es doch auch einige, die eine eigene synkretische Religion leben. Der Unterschied liegt darin, dass bei Religionen mit Dogmen viele Vorstellungen, Gebote und Verbote vorgegeben sind. Beim Christentum existiert beispielsweise die Bibel, die fast alle Gläubigen zumindest in Auszügen lesen und auch unterstützen. Zusätzlich gibt es die zehn Gebote, nach denen auch die meisten Christen zu leben versuchen.
Bei synkretischen Religionen werden mehrere Weltbilder und Vorstellungen zu einer neuen Religion vereint. Besonders in Fernost kommt es vor, dass die Menschen mehreren Lehren folgen und für sich das Beste daraus nehmen.
Ich selbst habe meinen synkretischen, heidnischen Glauben. Ich schaffe mir ein eigenes Bild von Gott und dem Energiekreislauf in unserer Welt, der auch von vielen anderen heidnischen Glaubensrichtungen abweicht. Viele Menschen haben schon zu mir gesagt, dass eine Religion erst zur Religion wird, wenn viele Menschen daran glauben und es allgemeingültige Regeln gibt. Ich denke das aber nicht.
Wie seht ihr das? Für den Fall, dass ihr christlich seid: Würde sich etwas an eurem Glauben ändern, wenn ihr wüsstet, dass ihr die einzigen bzw. fast die einzigen seid, die an dieser Religion hängen? Wird Religion aus eurer Sicht stärker, je mehr Menschen ihr anhängen? Was für eine Glaubensart würde euch besser gefallen: Ein dogmatischer Glaube, in dem alles festgelegt ist, oder ein synkretischer Glaube, in dem ihr selbst euer Weltbild schafft, wie es für euch am stimmigsten ist?
Generell bin ich der Ansicht, dass Religion und Glaube viel mit der Erziehung und den persönlichen Erfahrungen des Einzelnen zu tun haben. Wer religiös erzogen wurde und dies als positiven Halt und Stütze im Leben empfunden hat, wird seine religiösen Empfindungen nicht so schnell über Bord werfen wie jemand, der nur die Erfahrung gemacht hat, dass Religion die Leute schlecht macht und bestraft. Und wer völlig ohne irgendeine Form der Religion groß geworden ist, wird normalerweise auch nicht unbedingt etwas vermissen.
Auch das individuelle Schicksal spielt eine Rolle, wenn es darum geht, ob man bei der Religion auf Hilfe hofft, und wenn ja, auf welcher. Beispielsweise habe ich mir durchaus meine eigenen Gedanken gemacht, wenn es um die Gründe geht, wieso bei uns im "Westen" Religionen, die die Reinkarnation umfassen, auf dem Vormarsch sind, während bei den armen und gebeutelten ostasiatischen Bevölkerungsschichten sich eher das Christentum verbreitet. Vielen von uns geht es in diesem Leben schon so glänzend, dass uns die Vorstellung, wieder geboren zu werden, eher zusagt. Wer sein Leben in Armut und Elend zubringt, findet vielleicht mehr Trost in der Vorstellung, dass man da nur einmal durch muss und dann im Himmel seine Ruhe hat.
Bei religiösen Fragen bewegt man sich natürlich immer auf dünnem Eis. Vpn mir aus kann sich jeder seine eigene Religion und sein Weltbild so zusammenbasteln, wie es ihm oder ihr zusagt. Der Allmächtige, oder die große Mutter Gaia, oder die unsichtbare Katze in der Zimmerdecke muss eben damit klarkommen. Für mich persönlich bedeutet Religion jedoch auch, dass man als gläubiger Mensch sozusagen auch mal da hin geht, wo es weh tut und nicht nur der eigenen Bequemlichkeit folgt.
Die traditionellen, etablierten Religionen haben ja auch alle einen charitativen und sozialen Aspekt. Ich kenne viele Ordensangehörige, deren Hauptaufgabe es ist, den Leuten zu helfen, denen sonst keiner mehr helfen will, also wirklich den Alten, Schwerkranken, sozial Ausgegrenzten und generell völlig "Nutzlosen", und zwar ohne Ansehen der eigenen Bequemlichkeit und völlig unabhängig davon, ob es sich dabei um Christen oder auch nur um "gute" Menschen handelt. Diese Leute werden von ihrem christlichen Glauben angetrieben.
Bei selbst gebastelten Religionen habe ich oft eher den Eindruck, dass es vor allem darum geht, sein eigenes Weltbild möglichst nicht heraus zu fordern und sein eigenes Ego zu pflegen. Wer sich für den Propheten einer Ein-Mann-Religion hält oder in Mondnächten nackt Blumen pflücken geht, weil die Göttin Absynthia es so geboten hat, kann das wegen mir gerne machen. Ich betrachte diese Art Religion jedoch eher als eine Art Hobby oder bestenfalls als persönliche Sinnsuche.
Ich kann weder mit Religionen noch mit Esoterik noch mit irgendeinem anderen Glauben an übersinnliche Kräfte etwas anfangen. Aber wenn ich mich zwischen Pest und Cholera entscheiden müsste würde ich mich selbstverständlich für die Religion entscheiden, die mir nicht vorschreibt, was ich zu denken habe.
Diesen Aspekt der Gedankenkontrolle und der Gedankenverbrechen finde ich bei den organisierten Religionen schon erschreckend, wenn man zum Beispiel Leute sieht, die offen homophob sind und Frauen als Menschen zweiter Klasse sehen und die sich nie selber Gedanken über diese Themen gemacht haben. Ihr Gott sagt ihnen was sie zu denken haben und das ist gut genug für sie.
Bei selbst gebastelten Religionen habe ich oft eher den Eindruck, dass es vor allem darum geht, sein eigenes Weltbild möglichst nicht heraus zu fordern und sein eigenes Ego zu pflegen.
Und wie fordert eine organisierte Religion das eigene Weltbild heraus? Wenn ein Kind in die Religion seiner Eltern indoktriniert wird und wenn es in einer Gemeinschaft aufwächst, in der alle dieser Religion folgen bekommt es immer nur Bestätigung für "sein" Weltbild. Da sind andere Religionen und andere Weltbilder kein Thema. Da ist der eigene Gott der einzige Gott und die eigene Wahrheit die einzige Wahrheit.
Viele Atheisten, die so aufgewachsen sind, haben dieses anerzogene Weltbild erst dann zum ersten Mal heraus gefordert, als sie heraus gefunden haben, dass es ganz viele Religionen und ganz viele Götter gibt. Und in vielen Fällen war das für das eigene Ego erst mal alles andere als pflegend.
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