In welchen Bereichen würdet Ihr gern missionieren wollen?

Immer wieder gibt es ja Lebensweisen, die man selbst als so gut bezeichnet, dass man für sich die richtige und damit wohl auch die einzige Lebensweise gefunden hat. Man ist dann recht schnell, diese Lebensweise einer anderen Person schmackhaft zu machen und sie davon zu überzeugen, dass es auch ihr mit gewissen Dingen besser ginge. So kann es der Musikgeschmack sein, aber auch eine Ernährungsweise, ein höchst aktives Leben im Gesamten und so weiter.

Hand aufs Herz: Habt Ihr selbst Bereiche, in denen Ihr andere von etwas so dermaßen überzeugen wollt, dass es schon Missionieren gleicht? In welchen Bereichen würdet Ihr gern missionieren? Was versprecht Ihr Euch vom Missionieren?

Normalerweise ist mir jede Form des Missionierens zuwider. Es nervt mich immer wieder, wenn meine Mitmenschen so von ihrem eigenen Lebensstil überzeugt sind, dass sie die Klappe einfach nicht halten können. Natürlich ist es empfehlenswert, beispielsweise Sport zu machen und sich gesund zu ernähren, aber das weiß doch heutzutage wirklich jeder.

Wenn ich beispielsweise keinen Sport mache, dann deswegen, weil ich zu faul bin und zu wenig Zeit habe. Daran ändert auch der Missionseifer meiner Mitmenschen nichts. Ich finde, dass jeder gerne seine Ideale verfolgen und seine Werte auch leben soll, aber man muss auch akzeptieren, dass der eigene Lebensstil nicht für jeden geeignet ist und vehement verbreitet werden muss. Wer zu eifrig missioniert, riskiert eben auch, dass sich Freunde und Familie zurückziehen, weil sie sich nicht ständig anhören wollen, dass meinetwegen der Konsum von Weißmehl reiner Selbstmord oder dass pränataler Englischunterricht wirklich das Gelbe vom Ei ist.

Eine Ausnahme würde ich jedoch bei der Haltung von Haustieren machen. Meiner Meinung nach sollten nämlich die Bedürfnisse des Tiers für eine artgerechte Haltung im Vordergrund stehen und nicht die des Halters nach Gesellschaft, Kindersatz, Prestige oder was auch immer. Ich bekomme immer wieder mal mit, wie Kaninchen alleine oder Hamster zu mehreren gehalten werden. Manchmal muss sich auch jemand unbedingt eine Katze zulegen, der jeden Tag 12 Stunden außer Haus ist, oder jemand beschließt, dass ein Jagdhund oder Border Collie in einer Stadtwohnung perfekt aufgehoben ist.

Da würde ich gerne ein paar Aufklärungskampagnen starten, da es sich ja meistens um ganz simple Entscheidungen handelt, für die man nur ein Fünklein gesunden Menschenverstand braucht. Aber letzten Endes weiß ich eben auch, dass man Leuten, die sich etwas in den Kopf gesetzt haben, mit logischen Argumenten kommen kann, so viel man will. Und glücklicherweise kenne ich schwerpunktmäßig verantwortungsvolle und rationale Menschen, die nicht immer nur blindlings ihren Impulsen folgen, sodass ich selten zu einer Predigt ansetzen müsste.

Das Thema passt gut, da ich gerade eben die Zeugen Jehovas vor der Tür stehen hatte.

Ich würde nun nicht behaupten, dass ich andere von irgendwas unbedingt überzeugen möchte, denn ich denke, dass es am wirkungsvollsten ist, wenn man sich selber überzeugt. Es gibt ja zum Beispiel viele schlechte Angewohnheiten - Rauchen, schlechte Ernährung, zu wenig Bewegung - bei denen nun wirklich jeder weiß, dass sie schlecht sind. Da braucht es nun wirklich niemanden, der einem das altbekannte noch mal vorkaut.

Es gibt aber definitiv Bereiche, in denen viele Leute nicht aufgeklärt sind und völlig naiv mit ihren Scheuklappen an durch die Welt rennen. Ein Beispiel ist unser Konsum und die Folgen. Wenn mir mal wieder jemand erzählt, dass Primark und Co. doch toll seien, weil man da billige Klamotten bekommt oder wenn jemand meint im Dezember Erdbeeren aus Südamerika kaufen zu müssen - "sogar Bio!"- dann statte ich sie gerne mit ein paar Fakten aus, die zumindest bei dem ein oder anderen dazu beitragen, dass er sich ein paar Gedanken macht und selber mal recherchiert.

Ich halte auch nichts vom Missioneren. Insbesondere finde ich es unfair, Leuten bei banalen Geschmacksfragen, beispielsweise in Sachen Kleidung oder Musikgeschmack, irgendwelche Vorschriften machen zu wollen. Mit welchem Recht denn auch? Es ist doch ihre Sache, was sie anziehen oder hören. So, wie ich das Recht einfordere, dass mir da in meine persönliche Wahl niemand hineinredet, haben dieses Recht doch auch andere Menschen. Da bin ich konsequent, selbst Dinge vorschreiben zu wollen, aber für sich selber frei entscheiden zu wollen, das geht einfach nicht.

Anders sieht es bei Dingen aus, bei denen ein konkreter Schaden anderen Lebewesen gegenüber entsteht. Da denke ich, ist es auch legitim, etwas drüber zu sagen. Wenn also Leute beispielsweise ihre Tiere unter schlechten Bedingungen halten, wie oben schon genannt wurde. Und auch gegen anderen Menschen gegenüber rücksichtslose und unsoziale Verhaltensweisen würde ich etwas sagen, beziehungsweise sage auch wirklich etwas, wenn ich so ein Verhalten mitbekomme.

Aber ist das Missionieren? Oder eher aufklären? Von Vorschriften an sich, die nur als Vorschrift eingehalten werden, und nicht aus Verständnis und Akzeptanz heraus, halte ich auch wenig. Ich halte es schon für wichtig, wenn Menschen wirklich verstehen, wieso sie bestimmte Dinge tun oder nicht tun sollten. Nur, wenn sie dann auch wirklich aus eigenen Gedanken heraus eine für andere Lebewesen schädliche Verhaltensweise ablegen, macht das für mich wirklich Sinn. Aber dazu gehört Verständnis.