Gesetzesentwurf gegen Pädophilie - Einschränkungen im Alltag

vom 17.09.2014, 11:02 Uhr

Heute wird durch das Bundeskabinett über einen neuen Gesetzesentwurf gegen Kinderpornographie entschieden. Der Auslöser für diese Debatte ist die Affäre um den Innenpolitiker Sebastian Edathy.

Zunächst ist es ja sehr lobenswert, dass durch den Entwurf mehr Grauzonen im Umgang mit pornografischen Bilder von Kindern definiert werden sollen. Problematisch wird allerdings die Anwendung des Gesetzes (wenn es denn verabschiedet wird) im Alltag für Familien. So soll unter anderem beschlossen werden, dass sogar Schnappschüsse von nicht komplett bekleideten Kindern unter Strafe stehen. Anders gesagt: Wenn die Eltern ihr Kind beim Spielen am Strand fotografieren und zufällig ein anderes Kind am Rand ins Bild läuft, gilt das schon als Anfertigung von pornografischem Material.

Auch auf Partys mit Minderjährigen stelle ich mir das schwierig vor. Viele Jugendliche machen doch gegenseitig Fotos voneinander, haben dabei bei Poolpartys vielleicht nur einen Bikini an oder sind im Sommer generell knapper bekleidet.

Wie seht ihr diesen Gesetzesentwurf? Könnte man zum Schutz der Kinder mit all diesen Folgen leben oder haltet ihr diese Regelungen für zu übertrieben?

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» ninjafan » Beiträge: 1455 » Talkpoints: -0,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde es sehr begrüßenswert, wenn da was zum Schutz der Kinder getan wird. Wenn das eigene Kind bei Baden fotografiert wird und in anderes Kind mit ihm spielt, dann würde ich die Eltern um die Fotografiererlaubnis bitten. Gegebenenfalls auch schriftlich. Darin kann man ja vereinbaren, dass die Fotos lediglich fürs Familienalbum gedacht sind und auch nur ausschließlich so verwendet werden dürfen. Aber den Fall finde ich schon fast grenzwertig, denn andere nackte Kinder würde ich als Mutter gar nicht fotografieren wollen. Wozu auch. Und ob zwei Kinder in Badebekleidung, die den Genitalbereich und weitere Geschlechtsorgane bedeckt als Fotomotiv unter diese Gesetze fallen würden, da müsste ich mich auch erst selbst informieren.

Ob man auf Partys die Kinder unbedingt nackt fotografieren muss, die Frage stellt sich eigentlich nicht. Ich denke, man kann auch ältere Kinder oder Jugendliche dahingehend informieren, dass solche Fotos, auch von Kindern gemacht, tief in die Privatsphäre vorstoßen und daher auf dieser Feier nicht gewünscht sind. Dagegen, spielende Freund zu fotografieren, die auf der Party vollkommen bekleidet sind, spricht meines Erachtens gar nichts. Oder bin ich da nicht richtig informiert? Sicherheitshalber würde ich mich jedoch vor der Party mit den jeweiligen Eltern kurzschließen, ob Fotos für sie in Ordnung gehen, oder nicht.

Ich habe aus meiner eigenen Kinderzeit übrigens keine Nacktfotos von mir, die über das Babyalter heraus gehen. Alle Fotos von Freunden von damals die es gibt zeigen meine Freunde auch mindestens in Badekleidung. Ich kann mich durchaus erinnern, dass wir auch nackt miteinander gespielt haben. Aber für das Foto wurde eben kein solches Motiv genommen. Mag sein, dass das in anderen Haushalten anders war. Aber für mich ist das eigentlich ganz normal so.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe und die Fakten dort auch korrekt wiedergegeben wurden, dann fallen unter das Verbot ja wirklich nur Nacktfotos.

Am Strand könnte das tatsächlich Schwierigkeiten geben, wenn es dort relativ belebt ist, und dann vielleicht mal ein nacktes Kleinkind ins Bild läuft. Aber auf Geburtstagsfeiern? Gut, ich bin auch in einer anderen Kultur aufgewachsen, ich war eigentlich nie vor irgendwelchen anderen Kindern nackt, und daher kann ich mir auch sehr schwer vorstellen, dass man nackt Geburtstag feiert. Aber wenn das so üblich sein sollte, dann ist das natürlich auch so eine Situation, wo es zu kritischen Fotos kommen könnte. Mich würde ja mal interessieren, wieviel Prozent der Familien in Deutschland das betreffen würde. Kann das nämlich gar nicht einschätzen. Sollte es tatsächlich ein großer Teil sein, dass wäre der Gesetzesentwurf tatsächlich etwas unpraktisch.

Ein bisschen Gedanken mache ich mir auch über einen anderen im verlinkten Artikel genannten Aspekt, nämlich, dass in Zukunft die Annäherung an einen Minderjährigen verboten sein soll, wenn man dafür sexuelle Motive hatte. Wie kann man Motive zweifelsfrei nachweisen? Gedanken lesen kann man ja doch nicht. Natürlich, wenn jemand sich einem Kind oder Jugendlichen schon sexuell nähert, sexuelle Nachrichten schickt, und so weiter, dann ist es klar. Aber ansonsten? Kann man automatisch annehmen, dass jeder Kontakt zwischen Minderjährigen und weitaus älteren Erwachsenen irgendeinen sexuellen Hintergrund hat? Das denke ich nicht.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Naja, ich kenne das von meinen Kinder auch. Nehmen wir mal das Beispiel aus dem Artikel. Gerade im Sommer sind solche Planschbeckenparties beliebt. Die Eltern müssen nicht viel vorbereiten und die Kinder haben trotzdem reichlich Spaß. Und da Kinder sich die nassen Badesachen auch mal ausziehen oder sich zum Baden generell mindestens einmal umziehen, gibt es auf solchen Feiern zum Beispiel schon reichlich Gelegenheiten, andere Kinder nackt zu fotografieren. Bis zu einem gewissen Alter finden die Kinder da ja auch nicht mal was dabei, weil sie es vielleicht von zu Hause gewöhnt sind. Aber was sollen die Kinder in dem Alter auch schon verstehen, was theoretisch mit solchen Bildern gemacht werden könnte? Und es reicht ja schon, wenn solche Eltern solche Partybilder auf Facebook posten. Copy, Paste und schon ist das Material vervielfältigt und verselbstständigt.

Sicher wird es nicht immer einfach sein nachzuweisen, warum ein Erwachsener ein Kind anspricht. Aber mir kommen da schon so ein paar Situationen in den Kopf, wo man sich schon ernsthaft fragt, welchen Grund es sonst geben könnte. Ein Beispiel: Wir waren damals mit unserer Schulklasse auf Klassenfahrt und der Bus hatte keine Toilette. An der Raststätte ist erst mal ein ganzer Schwung Mädchen aufs Klo gegangen. Wir alle waren damals etwa in der achten Klasse. Zum Glück war ich damals schon fertig, aber aus der Nachbarkabine von einer Mitschülerin kam ein Schrei, weil unter der Trennwand ihrer Klokabine ein Mann den Kopf durch gesteckt hat, um ihr beim Toilettengang zuzusehen. Er hat nichts gesagt, er hat sie nicht angefasst. Mal ganz abgesehen davon, dass der Typ sowieso schnell über alle Berge war. Aber was wäre das für ein Straftatbestand damals gewesen? Heute wäre das nach dem Gesetz eindeutig, dass er sich aus rein sexuellen Motive genähert hat, oder?

Wir hatten uns damals alle ordentlich erschreckt. Ich weiß nicht, ob die Eltern damals mit dem Mädchen Anzeige erstattet haben? Ich weiß auch nicht, was damals juristisch passiert wäre, wenn man den Spanner gefasst hätte? Keine Ahnung. Aber vermutlich nicht viel. Aber, und da waren sich damals alle in unserer Klasse einig: Das was da passierte war Unrecht.

Auch heute hört man immer wieder mal von Schulen, wo solche Spanner unterwegs sind und Kindern in der Schultoilette auflauern. An manchen Schulen dürfen die Kinder sogar nicht mehr alleine während der Stunde auf Toilette, damit sie in so einem Fall nicht alleine sind. Wenn man alleine so ein ekelhaft perverses Verhalten damit besser strafen könnte, wäre es alleine deshalb das Gesetz schon wert. Wer nämlich Kinder in so einer Region in die Schule schicken muss, der weiß, welche Ängste da Kinder entwickeln können! Selbst wenn man das nicht selbst erlebt als Kind, ist die Angst davor schon belastend genug.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich muss sagen, dass ich geschockt war, dass das Ganze so wenig bestraft wird. Die Rede war von 3 Jahren und das finde ich schon sehr wenig. Ich meine, wenn jemand solches Bildmaterial aus dem Internet oder sonstiges bezogen hat ist dahinter doch schon jede Menge kriminelle Energie und eben auch ein sexuelles Verlangen, was ohne Therapie sicherlich auf keine gute Art und Weise endet. Weswegen ich mir wünschen würde, dass man mehr auf Therapie setzt, mehr Jahre gibt und die Leute dann eben lernen Kinder im Alltag ignorieren zu können.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Was mir da auch Kopfzerbrechen macht: Sexualstraftäter sind ja nicht immer Fremde. Es gibt ja auch leider viel zu viele Fälle. wo Eltern, Tanten, Onkel, Großeltern an den ihnen verwandten Kindern sexuelles Interesse haben oder sogar sexuell motiviert irgendwelche Handlungen an den ihnen verwandten Kindern durchgeführt haben.

Es spricht sicher nicht dagegen, wenn man eine Photowand mit allen möglichen Fotos der eigenen Kinder hat, wo sie meist bekleidet sind und dann vielleicht auch mal ein Foto dabei ist, wo das Kind als Baby nackt auf dem Wickeltisch liegt. Normalerweise jedenfalls nicht. Aber wie würde man mit einem Elternteil umgehen, dass sich ein Album angelegt hat, wo auffällig viele Nacktfotos vom eigenen Kind enthalten sind? Ab wann sollten da die Alarmglocken angehen? Wo sollte da der Gesetzgeber die Grenzen ziehen und wie? Denn schließlich ist es ja das eigenen Kind beziehungsweise der eigene Verwandte und damit wären die Fotos eigentlich legitimiert? Ich finde, das ist eine wichtige und brisante Frage!

Denn letztlich kann man beim Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch eigentlich das häusliche Umfeld nicht ausklammern, denn gerade da sind die Kinder besonders auf Geborgenheit und ein gutes Umfeld angewiesen. Mir fällt da auch keine Lösung ein. Aber ich finde, man sollte das durchaus sensibel behandeln und auch darüber reden.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


trüffelsucher hat geschrieben:Und es reicht ja schon, wenn solche Eltern solche Partybilder auf Facebook posten. Copy, Paste und schon ist das Material vervielfältigt und verselbstständigt.

Na gut, das mit den Planschbecken-Parties kann ich schon nachvollziehen. Daran hatte ich weniger gedacht, weil ich nie einen Garten hatte und meine Freunde auch alle bloß in Wohnungen lebten. Aber beim Badengehen kommt es natürlich schon zu Nacktheit. Wenn dann ein Foto gleich als Produktion von Kinderpornografie gilt, dann ist das schon etwas unglücklich.

Und was das Posten solcher Bilder auf Facebook betrifft: Ich finde es nicht gut, wenn Bilder, auf denen andere Leute deutlich mit drauf sind, ungefragt online gestellt werden. Egal, ob die Leute nackt oder bekleidet sind, wobei ich es nackt noch unangemessener finde. Darüber sollte man schon im Vorfeld mit allen Abgebildeten reden. Wobei ich allgemein nichts davon halte, Bilder von nackten Kindern zu veröffentlichen, aus den von Dir ja schon genannten Gründen. Aber das als Kinderpornografie zu bestrafen, ist der falsche Weg. Das kriminalisiert die falschen Leute.

trüffelsucher hat geschrieben:Sicher wird es nicht immer einfach sein nachzuweisen, warum ein Erwachsener ein Kind anspricht. Aber mir kommen da schon so ein paar Situationen in den Kopf, wo man sich schon ernsthaft fragt, welchen Grund es sonst geben könnte. (...) aus der Nachbarkabine von einer Mitschülerin kam ein Schrei, weil unter der Trennwand ihrer Klokabine ein Mann den Kopf durch gesteckt hat, um ihr beim Toilettengang zuzusehen. (...) Aber was wäre das für ein Straftatbestand damals gewesen? Heute wäre das nach dem Gesetz eindeutig, dass er sich aus rein sexuellen Motive genähert hat, oder?

In der Situation mit dem Spanner auf der Toilette ist die Situation eindeutig. Ich glaube aber, das wäre sie damals auch schon gewesen. Welche Motive, wenn nicht sexuelle, hätten das sonst sein können? Ich glaube, von daher wäre das damals schon als sexuelle Belästigung durchgegangen und auch dementsprechend bestraft worden, wenn man den Mann gefasst hätte. Auch wäre das sicher als unberechtigtes Eindringen in den persönlichen Bereich eines Menschen durchgegangen. Spanner machen sich schon immer strafbar, dafür sorgt nicht erst das neue Gesetz.

Gedanken mache ich mir bei diesem neuen Gesetz ein bisschen deswegen, weil es zu befürchten sein könnte, dass Kontakte zwischen Jugendlichen und Erwachsenen generell kriminalisiert werden könnten. Indem man dann eben jedem älteren Mann gleich unterstellt, sexuelle Motive zu haben, wenn er zum Beispiel im Internet eine 15-Jährige oder 16-Jährige anschreibt. Es mag sicher Leute geben, die sich andere Gründe gar nicht vorstellen können. Ich habe das damals so oft selbst erlebt.

Ich war und bin nämlich Hobbyfotografin, Fossiliensammlerin, und habe viel gezeichnet. Immer wieder kam ich auch mit volljährigen Leuten, hobbymäßig gleichgesinnten Menschen, in Kontakt. Es waren Männer wie Frauen, einige waren schon über 50 oder 60 Jahre alt. Damals gab es einige, die es irgendwie "abartig" fanden, dass ich einem anderen Fotografen häufig schrieb. Bloß, weil er männlich und schon über 50 Jahre alt war. Da kam immer dieser Pseudo-Einwand: "Was soll der denn von Dir wollen! Du bist 15, von Dir kann der doch hobbymäßig sowieso nichts lernen! Der hat bestimmt sexuelle Hintergedanken!" Dabei sind einige sehr langjährige Freundschaften entstanden.

Aber immer gab es von außen Verdächtigungen, da wäre sicher etwas Perverses im Gange, Freundschaften mit so einem Altersunterschied seien doch unmöglich, insbesondere, wenn eine Person ein minderjähriges Mädchen ist, und die andere Person ein erwachsener Mann. Dieser General-Verdacht war schrecklich. Ich hoffe, dass aufgrund solcher Vorurteile und der neuen Gesetzeslage nicht irgendwann Erwachsene verurteilt werden, denen man fälschlich unterstellt, eine Jugendliche aus sexuellem Interesse kontaktiert zu haben. Dass ein Verdacht über die Motive schon ausreichen soll zur Verurteilung, das finde ich schwierig. Und der Verdacht wird wohl reichen. Wie soll man Motive ohne die Fähigkeit zum Gedankenlesen auch nachweisen können?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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