Piraten, Ritter: Realistischere Darstellung nötig?

vom 18.09.2014, 07:47 Uhr

Dass sich einige Leute an traditionellen Märchen stören und diese heutzutage kinderfreundlicher und "entschärfter" sehen möchten, das bekomme ich schon seit einigen Jahren mit. Darüber wundere ich mich auch gar nicht mehr. Nun habe ich aber auch mal nahezu das genaue Gegenteil mitbekommen: Dass man sich über die angeblich verharmlosende Darstellung einiger Thematiken in Kinderbüchern und Kinderfilmen aufregte.

Genau genommen ging es hauptsächlich um Piraten. Piraten sind ja ein schönes Thema, und auch ein sehr beliebtes, von der Schatzinsel bis zum Fluch der Karibik. Mit der genauen Geschichte von Piratenerzählungen kenne ich mich nicht so detailliert aus, aber weil die "Schatzinsel" irgendwann um 1880 herum erschienen sein müsste, denke ich, dass es diese Art von Erzählungen doch schon ziemlich lange gibt.

Tatsächlich ist es ja so, dass Piraten in diesen Büchern und Filmen teilweise auch als sympathische Figuren auftauchen. Natürlich sind reale Piraten, wie es sie heute teilweise noch in Asien und Afrika gibt, eine ganz andere Sache. Diese gehen oft unmenschlich und brutal vor und schrecken ganz real vor Morden nicht zurück. Einige Leute meinen nun, es sei ungeheuerlich, Piraten ein positives Image durch nette Kindergeschichten zu geben, während reale Piraten grausige Verbrecher sind.

Ebenso gibt es Kritik an typischen Mittelalter- beziehungsweise Ritter-Geschichten. Diese bilden ja oftmals auch nicht unbedingt ein realistisches Bild der damaligen Zeit ab. In den Filmen erscheint es ja oft bunt und pompös, während an solche Dinge zumindest für den Großteil der Bevölkerung damals nun wirklich nicht zu denken war. Einige Leute finden es nun anscheinend irreführend für Kinder, wenn man ihnen solche inkorrekten Darstellungen in den Medien auftischt.

Ich glaube, ich sehe das relativ locker. Vor allen Dingen unterscheide ich hier strikt zwischen Medien, die zur Unterhaltung gedacht sind, und solchen, die man als Sachliteratur oder Dokumentarfilme betrachten sollte. Unterhaltung ist für mich einfach Unterhaltung, und meines Erachtens liegt es an den Eltern, den Kindern zu sagen, dass die Realität anders aussieht.

Aber wie seht Ihr das? Sollten irgendwie historische Darstellungen in Kindermedien realistischer gestaltet werden? Sollte mehr darauf eingegangen werden, dass Piraten eigentlich nicht so sonderlich nette Burschen sind? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Die Leute, die jetzt über die unrealistische Darstellung jammern wären wahrscheinlich die ersten, die sich über eine realistische Darstellung aufregen würden. Oder denken die vielleicht, dass Brutalität, Grausamkeit, Blutvergießen, derbe Sprache und so weiter Kindgerecht ist?

Ich sehe das jedenfalls wie du und denke, dass es nicht der Job der Unterhaltungsmedien ist den Kindern ein Geschichtswissen zu vermitteln. Dafür gibt es spezielle Sendungen und auch spezielle Bücher. Ich hatte als Kind eine ganze Sammlung von diesen "Was ist Was" Büchern und auch andere Sachbücher, die speziell für Kinder geschrieben waren, wenn sich Eltern heute Sorgen die Bildung ihrer Kinder machen können sie ihnen die auch kaufen.

Außerhalb der Kinderprogramme habe ich aber schon dein Eindruck, dass man heute auf eine realistischere Darstellung mehr Wert legt als früher. Wenn du dir mal einen alten Mittelalterfilm anschaust, da hast du blank polierte Schwerter, glänzende Rüstungen und Schlösser die aussehen, als würde gleich eine Besuchergruppe in Filzpantoffeln um die Ecke kommen. Neue Filme sehen hingegen sehr viel düsterer und dreckiger aus, was der Realität sicher näher kommt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Was Schmutz und Blut betrifft, sind die heutigen Mittelalter- oder auch mittelalterlich angehauchte Fantasy-Filme sicherlich etwas "realistischer", als früher. Dasselbe gilt für Handlungen aus der Antike, Gladiatoren-Filme und soetwas. Wobei die gesellschaftlichen Verhältnisse oftmals noch etwas "reingewaschen" dargestellt werden, ebenso oftmals auch der gezeigte Alltag. Gerade Mittelalter-Stories wirken oft immernoch viel "edler" und sauberer, als es real gewesen sein muss. Aber das hat ja eine lange Tradition, die man auch schon bei Märchen findet.

Ja, ich glaube aber auch, wenn man die, beispielsweise, Piratenfilme realistischer, brutaler, gestalten würde, dann würde es sicher Gemecker geben, wie un-kindgerecht die Darstellungen dann wären. Der nächste Schritt wäre vermutlich, dann diese Medien laut Jugendschutzgesetz erst ab 16 oder 18 Jahren freizugeben und für Kinder somit unzugänglich zu machen. ;) Also dann gar keine Piraten- oder überhaupt Abenteuer-Geschichten für Kinder mehr.

Aber was sieht man dann in Kinderfilmen? Was ist noch gesellschaftlich erwünscht? Polemisch gesagt: Alles nur noch Friede-Freude-Eierkuchen, absolut gewalt- und konfliktfrei, ohne irgendeinen feindseligen Charakter, alle haben sich lieb, natürlich mit zertifiziertem Öko-Gemüse, Multi-Kulti und mindestens einem homosexuellen Paar? Ich bin selbst nicht 100%ig heterosexuell und bin ausländischer Abstammung. Aber "politisch überkorrekte" Medien, in denen alibihaft jede "Minderheit" eingebracht werden muss, finde ich scheußlich. Das wirkt dann auch nicht mehr natürlich, sondern unschön konstruiert. Ob das irgendeine positive Auswirkung hat, darüber kann man sich streiten. Aber abgesehen davon mag ich dieses Konstruierte einfach nicht. Und ob noch irgendwelche Spannung aufkommt, wenn es keine Gewalt, keine Konflikte, und so weiter, mehr geben darf, das möchte ich leider auch bezweifeln.

Wieso dieses Ausholen auch auf andere Aspekte wie das Alibi-Unterbringen von "Minderheiten"? Weil ich mir vorstellen kann, dass die Leute, die jetzt über "unrealistische", beschönigende Kinderfilm-Szenarios meckern, sicherlich auch sonst "überkorrekte" Leute sind. Da ist es dann dazu, nur noch hyperkorrekt konstruierte Kinder-Medien zu fordern, auch nicht weit.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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