Lesbischen Roman geschenkt bekommen - Hintergrundgedanken?
Ich habe neulich eine Bekannte, die mir nicht so sonderlich nahe steht und mit der ich auch nicht zu regelmäßig in Kontakt stehe, besucht. Als Geschenk drückte sie mir einen Roman in die Hand, und meinte, der könne mir gefallen, weil ich ja auch sonst gerne mal Fantasy-Sachen lese. Und den Roman könne ich dann eben während der Rückfahrt lesen.
Das habe ich dann auch getan und der Roman gefiel mir nun leider echt nicht. Schwülstig, schnulzig, andauernd irgendwelche langweiligen, langgezogenen Liebesszenen. Die restliche Handlung wirkte um den Kitsch drum herum konstruiert und der Sprachstil war mir irgendwie auch zu "amerikanisch". Abgesehen war der einzige Fantasy-Aspekt des Werkes bloß, dass es darin eine einzige Zeitreise gibt und dass diese Zeitreise in den Wilden Westen führt, wo dann die restliche Handlung bis kurz vor Schluss spielt. Nun ja, für mich ist das keine wirkliche Fantasy, aber das sieht wohl jeder anders.
Kurios fand ich ansonsten noch ziemlich, dass in dem Roman fast ausnahmslos Frauen vorkommen, was im beschriebenen gesellschaftlichen und zeitlichen Kontext eher lächerlich wirkt. Außerdem sind natürlich alle Frauen lesbisch und haben irgendwelche Affären oder Beziehungen miteinander. Selbst, wenn es "Fantasy" ist: Das finde ich schon arg konstruiert und unrealistisch. Wie gesagt, die Geschichte spielte ja nicht auf einer anderen Welt oder in irgendeinem amazonischen Königreich, sondern ganz normal im Wilden Westen, USA, vor etwa 150 Jahren. Also eigentlich eine historische Zeit, die nicht gerade dafür bekannt war, dass da nur lesbische Frauen in den Dörfern lebten und sonst niemand.
Damit mich keiner missversteht: Ich habe absolut nichts gegen Bücher oder Filme mit homosexuellen Themen. Dieser Roman hier gefällt mir einfach stilistisch nicht, er ist mir zu kitschig und ich finde die ganze darin beschriebene Welt einfach zu konstruiert und idealisiert. Der Roman wurde übrigens durch einen feministischen Frauen-Verlag veröffentlicht. Und der Roman könnte meinetwegen auch schwul oder heterosexuell sein, in dem Stil würde er mir auch dann nicht gefallen.
Eine kleine Frage habe ich mir dann aber doch noch gestellt: Hat es irgendeine Aussagekraft, wenn man einen solchen Roman geschenkt bekommt? Wie würdet Ihr das interpretieren, oder was würdet Ihr in der Situation denken? Glaubt die Bekannte vielleicht aufgrund meines Auftretens, dass ich lesbisch sei, und wollte mir daher mit dem Roman eine besondere Freude machen? Über ihre eigene sexuelle Ausrichtung weiß ich übrigens gar nichts.
Wobei ich es schon ungewöhnlich fände, eine Geschichte, in der fast nur lesbische Frauen vorkommen, die außerdem von einem feministisch-lesbischen Frauen-Verlag veröffentlicht worden ist, einfach so, quasi wahllos, zu verschenken. Die meisten Leute dürften solche Bücher wohl nicht einmal kaufen, im Mainstream-Buchhandel bekommt man sie ja eher nicht, es sei denn, man sucht speziell danach. Oder irre ich mich da und man bekommt solche Titel mittlerweile in jeder Buchhandlung, ganz normal zwischen anderen Büchern desselben Genres? Hier in der Stadt gibt es, wenn überhaupt, bloß ein eigenes Regal für "schwule und lesbische Literatur". Also wenn man nicht gezielt dort schaut, bekommt man ein solches Buch eher nicht in die Hände.
An sich hat die Bekannte übrigens teilweise sogar "Recht": Ich interessiere mich wenig für das Geschlecht von Menschen und habe mich daher natürlich auch schon in Menschen meines eigenen Geschlechts verliebt. Und ich benehme mich wohl häufiger "jungenhaft" und trage in meiner Freizeit in meinem Alter noch oft Jeans und T-Shirts. Ganz einfach, weil es mir so gefällt. Aber der Roman ist trotzdem Mist.
Ich würde mir deswegen nun nicht so viele Gedanken machen. Nicht jeder macht sich viele Gedanken darum, was er verschenkt und sicherlich hat sie nicht mal den Klappentext gelesen, sondern einfach ein Buch gegriffen und es gekauft. Es muss nicht immer eine Botschaft hinter einem Geschenk stecken, auch wenn man es sicherlich gerne so hätte. Auch macht sich nicht jeder so Gedanken um Geschenke. Vielleicht hat sie das Genre gesehen, zugegriffen und das war es.
Du kannst ja auch noch mal nachfragen, was man ja durchaus auch scherzhaft machen kann. Ich an deiner Stelle hätte mir da keine Gedanken gemacht. Ich habe auch wirklich schon viele Mistbücher geschenkt bekommen, weswegen ich nun nicht jedem unterstellen will, dass derjenige erwartet dass mir das Buch gefällt.
Vielleicht hat sie das Buch gar nicht gekauft, sondern selber geschenkt bekommen. Vielleicht war es ein Werbegeschenk oder ähnliches. Vielleicht hat sie es also gar nicht selber gelesen. Womöglich hat sie nur den Wilden-Westen-Aspekt registriert und es daher für sich selbst ausgeschlossen. Es war ja auch gar kein Geschenk in dem Sinne, dass sie es für dich ausgesucht, gekauft und verpackt hat. Sondern eben nur so, dass du es haben kannst, sonst wirft sie es weg.
Daher würde ich mir nicht allzu viele Gedanken darüber machen. Aber es kann natürlich sein, dass sie es als Fantasy-Roman für dich geeignet ansah oder auch, dass sie das lesbische Thema für dich passend ansah. Immerhin trifft es ja auf dich zu. Auch wenn du immer sagst, dass dich das Geschlecht nicht interessiert. Im Grunde genommen bist du, rein technisch, bisexuell. Aus welchen Beweggründen auch immer, du hast schon Beziehungen zu Frauen gehabt. Daher ist es doch nicht abwegig, dir einen lesbischen Roman zu schenken.
Wenn du sowieso nur eher sporadisch Kontakt zu der Bekannten hast, dann würde ich mir tatsächlich keine weiteren Gedanken über potentielle Absichten machen. Selbst wenn man z.B. den Brückenschlag wagen will, dass sie selbst nur Frauen liebt und du ihr gefällst und das ihr Weg der Anmache war: wenn sie keine Gewähr dafür hat, dass sie dich zeitnah wieder trifft und "zufällig" über das Buch sprechen will, ist die Absicht wohl zum Scheitern verdammt. Ebenso, wenn die Hoffnung besteht, dass du den Wink verstehst: schließlich weißt du ja auch nicht, wie du sie gezielt wieder treffen könntest.
Ein Roman muss übrigens nicht wirklichkeitsnah sein. Es ist natürlich richtig, dass es oft sinnvoll und vor allem gut ist, wenn dem so ist. Aber auch so was komplett schlecht Erfundenes kann ja schön zum Lesen sein. Aber das hast du ja schon - auch unabhängig von der Realitätsnähe - hier verneint.
Ansonsten würde ich noch anmerken, dass mir - als Mann - Frauen in Jeans und T-Shirt ebenfalls sehr gefallen. Dies aber nicht, weil sie dadurch "männlich" wirken. Eine Schlussfolgerung auf entsprechende Vorlieben, nur weil du dich entsprechend kleidest, wäre mindestens "gewagt".
Bienenkönigin hat geschrieben:Aus welchen Beweggründen auch immer, du hast schon Beziehungen zu Frauen gehabt. Daher ist es doch nicht abwegig, dir einen lesbischen Roman zu schenken.
Diese Bekannte weiß ja nichts über meine bisherigen Beziehungen und was ich sonst in Liebesdingen denke oder mache. Das ist ja das Kuriose an der gesamten Angelegenheit.
Ich hatte mir nun eben darum Gedanken gemacht, ob die Bekannte aus irgendwelchen anderen Aspekten vermutet haben könnte, ich sei lesbisch. Aufgrund meiner Hobbies, meiner Kleidung oder aufgrund anderer klischeehafter Dinge vielleicht. Das wäre schon ziemlich seltsam, aber irgendwie spukte mir der Gedanke mal kurz im Kopf herum, nachdem ich gesehen hatte, was sie mir da mitgab. Einfach diese Frage: "Schenkt man jemandem, den man für heterosexuell hält, einen lesbischen Roman?"
Ich muss ehrlich sagen, ich würde das wohl eher nicht machen. Einen Roman, in dem lesbische Frauen vorkommen, durchaus. Für mich ist das so irrelevant, ob einige Figuren nun schwul, lesbisch, heterosexuell oder wie auch immer orientiert sind. Aber einen expliziten Lesben-Roman, wo die ganze Handlung im Grunde nur um das Lesbischsein, mit diversen schwülstigen Liebesszenen, herumkonstruiert ist, würde ich wohl nur einer Frau schenken, von der ich weiß, dass sie daran Gefallen finden wird. Bei einer heterosexuellen Frau würde ich das eher nicht erwarten, sondern denken, dass sie sich über die Thematik bloß wundern würde.
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