Lernen Jugendliche soziales Verhalten bei Schafherden?
Bindungsgestörte Jugendliche ziehen mit Schafen, Lämmern und ein paar Ziegen übers Land, natürlich gemeinsam mit dem Wanderschäfer und einem Esel. Sobald die ersten Felder Ende August abgeerntet sind, geht es auf Wanderschaft. Täglich werden mehr als zehn Kilometer zurückgelegt. Wenn die Lämmer Anfang März geboren werden, kehrt die Truppe zurück.
Die Gemeinschaft hat in einem kleinen Ort im Hunsrück Weiden gepachtet und ein Haus gemietet, weil die Tiere im Sommer nicht auf fremde Wiesen dürfen. Bei den Schafen ist es wie bei den Hunden, dass man konsequent bleiben muss und ruhig, sonst machen sie, was sie wollen. Das gilt ebenso für die beiden Jugendlichen, die durch das Jugendamt zu dieser Gruppe gekommen sind. Quelle Apotheken-Umschau 8/14.
Die Schafe brauchen viel Zeit zum Fressen und Wiederkäuen. So finden die Jugendlichen hier eine andere Welt vor, die sie nicht überfordert und stresst. Die Jugendlichen finden Abstand zu ihrer bisherigen Welt. Sie merken schnell, dass sie gebraucht werden und Sinnvolles tun. Es sind innige Momente, die sie erleben, wenn sie mit den Lämmern kuscheln und ihre Wärme und den Duft genießen.
Der Wanderschäfer ist Heilpädagoge und Tierwirt mit zusätzlicher pädagogischer Ausbildung. Hier kann er soziale Arbeit mit einbringen und Jugendliche begleiten und fördern. Solche Programme gibt es auch auf Bauernhöfen und Gärtnereien.
Die Jugendlichen spüren, dass die Natur entspannt und beruhigt. Zu Beginn dieses Gemeinschaftslebens müssen sie Smartphones und Handys abgeben. Fernsehen gibt es kaum. Fähigkeiten, die sie vorher nicht kannten, entdecken die Jugendlichen plötzlich und sie bekommen neue Perspektiven. Das ist ein ganz anderes Leben als bisher. Könnt ihr euch vorstellen, dass die Jugendlichen sich anpassen und das gerne machen?
Diese Geschichte erinnert mich an eine Sendung, die ich mal auf irgendeinem privaten Kanal gesehen habe. Da wurden aufmüpfige Teenager aus Berlin in die amerikanische Pampa auf eine Farm verfrachtet mit ganz strengen Gasteltern. Und nach einer Woche oder so haben sie dann eingesehen, dass sie ganz unerträgliche Plagen waren und sind als bessere Menschen nach Hause geflogen.
Ich fand das ja sowas von unrealistisch, denn die normale Reaktion auf so eine Zwangsmaßnahme wird bei den meisten doch wohl sein, dass sie das Ganze so gut es geht aussitzen und sich zu Hause dann mit Freuden in ihr altes Leben zurück begeben, wahrscheinlich sogar noch heftiger als vorher, weil sie ja die verpasste Zeit wieder gut machen müssen.
Wenn ich jemandem etwas über Sozialverhalten beibringen wollte würde ich das jedenfalls in seinem eigenen Umfeld machen, in dem er dieses erlernte Sozialverhalten später auch anwenden soll.
Und auch bei "normalen" Menschen ist es doch so, dass man Erkenntnisse, die man in einer Situation fernab des Alltags gewonnen hat, meistens nicht oder nicht lange im Alltag übernimmt. Gutes Beispiel - man macht in einer sehr trockenen Region Urlaub, wird überall darauf hingewiesen, dass man Wasser sparen soll und denkt sich dann, dass man das zu Hause ja auch machen sollte, das spart immerhin auch Geld. Aber es wird nicht lange dauern, bis man aus reiner Gewohnheit eben doch wieder das Wasser laufen lässt, während man sich die Hände einseift und so weiter.
@Cloudy24, hier ging es um zwei Jugendliche, wovon einer schon zwei Jahre in einem geschlossenen Heim verbrachte, weil er total verwahrloste in der Großstadt und der andere war früher drogensüchtig. Einer von ihnen blieb über ein Jahr bei der Gruppe und der andere wollte seinen Schulabschluss dann nachholen. Beide hatte sich gefangen.
Die Sendung habe ich auch gesehen, Das ist schon eine Weile her. Damals ging es um Jugendliche, die noch bei den Eltern wohnten und renitent waren und auf alles nur „Null Bock“ hatten. Anders als in der Sendung, von der du schriebst, kamen die Jugendlichen in eine Gruppe, in der es ganz strenge Regeln gab. Die Gruppe wanderte täglich durch die Pampa mit sämtlichem Gepäck, mussten selbst für Essen usw, sorgen.
Wenn einer keinen Bock mehr hatte und sich einfach hinsetzte, zogen die anderen weiter. Aber irgendwie rafften sie sich wieder auf und kamen nach. Mit der Zeit merkten sie aber schon, was sie alles falsch gemacht hatten. Als sie nach Monaten wieder nach Hause kamen, hatte man schon das Gefühl, dass sie sich geändert hatten und es auch weiterhin wollten.
So denke ich auch, dass die beiden jungen Leute es schaffen werden, aus ihrem Leben doch noch etwas zu machen. Der eine wollte dann weiterhin mit den Schafen übers Land ziehen.
Man lernt da sicherlich viel und auch sozial gesehen wird es einen weiter bringen, wenn man sich darauf einlässt, aber ich habe meine Zweifel das dieses Verhalten so anhält, wenn man wieder in seinem Umfeld ankommt. Solche Jugendlichen umgeben sich doch auch meistens mit schlechten Freunden und diese sind doch dann auch wieder da, die lösen sich ja nicht in Luft auf. Wenn sie heim kommen warten ihre Probleme also nur und sie müssen dann entscheiden, wie es weitergehen soll.
Auch finde ich es pädagogisch schwierig. Waren die Jugendlichen nicht schulpflichtig? Ansonsten kann man so etwas natürlich machen und wenn es etwas bringt ist es toll. Persönlich würde ich wahrscheinlich die Krise als ganz normaler Mensch bekommen, wenn man mit mir so ein Projekt machen würde, aber so weit kommt es ja nicht.
@Ramones, der eine ist 18 und der andere 15 Jahre alt. Die Schulpflicht endet nach zehn Schulbesuchsjahren, egal ob jemand sitzen geblieben ist oder nicht. Der ältere Jugendliche hatte erst einmal genug von der Arbeit und verschwand für ein paar Tage. Ihm passte das frühe Aufstehen nicht, genau so wie die Kälte und der Dreck, den Schafe machen. Aber das Erstaunliche ist, dass er dann freiwillig zurückkam, weil er die Tiere so vermisst hatte. Der 15-Jährige will ja seinen Schulabschluss nachholen.
Mir zeigt das alles, dass beide vielleicht in der Lage sein werden, nach der Maßnahme selbst zu entscheiden, wer ihre wirklichen Freunde sind und dementsprechend nicht einfach so wieder dem alten Trott verfallen.
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