Glückseligkeit in einer kapitalistischen Welt?
Jeder Mensch will glücklich sein. Wahrscheinlich wird jeder eigene Vorstellungen davon haben, was für ihn das Entscheidende ist, um ein gutes, gelingendes Leben führen zu können. Doch ich gehe davon aus, dass wenn man eine Umfrage machen würde, was ein gutes Leben ausmacht, sicher oft Familie, menschliche Beziehungen, Freundschaft, eine finanzielle Grundausstattung, ein Beruf, in dem man gefordert, aber nicht überfordert wird, Gesundheit usw. angeführt werden würden.
De facto leben wir aber in einer kapitalistischen Welt, in der die Gewinnmaximierung um jeden Preis zählt. Wenn ein Arbeiter eine Situation anspricht, die er als ungerecht empfindet, zum Beispiel permanente unbezahlte Überstunden, zu denen er gezwungen wird, Bereitschaftsdienst der nicht vergütet wird, Arbeiten trotz Erkrankung, Kollektivvertragslohn nicht für die verrichtete und ausgebildete Facharbeit, sondern eine niedrigere kollektivvertragliche Einstufung z.B. als Hilfsarbeiter usw. Was bekommt der Arbeiter dann zu hören? Wenn es Dir nicht passt, kannst Du ja gehen, es warten genug andere auf Deinen Job.
Aber nicht nur das, Kapitalismus bedeutet vor allem die Suche nach dem Glück durch materielle Befriedigung. Wenn der Mensch konsumiert, ist er glücklich. Daher wird den Menschen ein möglichst hoher Bedarf suggeriert, zum Beispiel an Elektrizität. In Japan war es vor dem Reaktorunfall nicht ungewöhnlich, sogar beheizbare Klobrillen zu verwenden. Wo führt das noch hin? Um den suggerierten Bedarf nach dem materiellen Glück der Menschen zufrieden zu stellen, muss immer mehr und mehr Strom zur Verfügung gestellt werden. Das Ergebnis ist eine Verantwortung, die ein Mensch allein nicht mehr tragen kann, ja nicht einmal ein Kollektiv, da die Haltbarkeit der potentiellen Schäden viele Dekaden von Generationen betrifft.
Über die Gefahren täuscht man sich ständig hinweg: Ja, wird schon nichts passieren und wenn doch, naja, Japan ist eh weit entfernt und die Atomkraftwerke werden ja immer sicherer. Und der Strom muss ja irgendwoher kommen und eigentlich haben wir keine Alternativen, heißt es. Ja, der Mensch sucht im Konsum sein Glück um jeden Preis, koste es was es wolle und wenn dabei die eigenen Lebensgrundlagen zerstört werden.
Die Gesellschaft wird umdenken müssen oder nur mehr diejenigen werden überleben, die gegen hohe Strahlendosen resistent sind. Allein wenn man bedenkt, wie sehr die zulässigen Strahlenwerte für Lebensmittel nach dem Supergau in Fukushima erhöht wurden, die Werte sind nun bei vielen Produkten höher als nach der Tschernobylkatastrophe. Wie siehst Du das? Ist Glückseligkeit in einer kapitalistischen Welt überhaupt möglich und wenn ja, wie?
Wenn man zu den Nutznießern des Kapitalismus gehört, was allein schon aus der Tatsache hervorgeht, dass wir uns online philosophische Gedanken dazu machen können, kann man schon verdammt glückselig werden in dieser Gesellschaftsform. Wir haben genug zu essen, sauberes Wasser, können lesen, schreiben und unsere Kinder in die Schule schicken, zum Arzt gehen und leben im Schnitt länger als alle vorherigen Generationen. Dazu trägt der Kapitalismus nicht unerheblich bei.
Natürlich handelt es sich hierbei um "materielles Glück", aber meiner Meinung nach ist ein gewisser Wohlstand und vor allem Bildung überhaupt erst die Voraussetzung, um sich über ideelle Werte und abstrakte Theorien Gedanken zu machen. Wer als Analphabet in einem choleraverseuchten Slum festsitzt, leidet zwar oft direkt oder indirekt unter den Schattenseiten des Kapitalismus, hat aber in der Regel andere Sorgen, als über alternative Gesellschaftsformen nachzudenken.
Ich halte den Kapitalismus auch nicht für die allein selig machende Staatsform, aber zumindest wenn man auf der Gewinnerseite sitzt, kann man durchaus davon profitieren. Zumindest hat die Menschheit noch keine Alternative gefunden, mit der wirklich alle Beteiligten besser leben können. Die Geschichte mit dem Kommunismus ging ja beispielsweise ziemlich in die Hose. Ich gehe dennoch davon aus, dass die Ära des Kapitalismus auch irgendwann zu Ende gehen wird, da eine auf dauerhaftes Wachstum ausgelegte Gesellschaft nicht ewig so weiter werkeln kann. Aber Ansätze eines Umdenkens sind bereits unübersehbar und ich hoffe doch sehr, dass uns beizeiten eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung einfällt.
Auch wenn man aus materieller Sicht zu den Gewinnern des Kapitalismus gehört, muss man nicht glückselig sein. Es ist sicher ein Allgemeinplatz, dass Geld allein nicht glücklich macht. Ein Multi Milliardär, der gerade seine Partnerin verloren hat, weil die einen jüngerem Mann die Gunst schenkt, dem helfen seine Milliarden auch nicht einfach so weiter. Das verlorene Liebesglück lässt sich nicht mit Geld ersetzen.
Andererseits hängt Glückseligkeit vermutlich mehr mit der eigenen inneren Einstellung zusammen, als mit dem rein rechnerisch ermittelbaren Wohlstand. Habe ich das was ich will? Und was will ich? Ein Waldschrat wird mit ein paar Quadratmetern Wald, einfacher, halbwegs gewaschener Kleidung und etwas Werkzeug und vielleicht einem Jagdschein plus Jagdwaffe rundum glücklich in sich ruhen. Aber einer, der sich permanent mit seinen Nachbarn oder Kollegen messen will, wird nie zufrieden sein, weil er permanent jemanden übertrumpfen will.
Was also lasse ich mir als Sinn des Lebens gelten? Lasse ich mir wirklich von irgendwelchen Marketingstrategen erfolgreich suggerieren, dass man immer das beste und das neueste und das teuerste kaufen muss? Oder kann ich wirklich echte Bedürfnisse von nicht essenziellen Wünschen unterscheiden? Das ist denke ich hauptsächlich eine Form der eigenen Einstellung. Es gab bekanntlich auch einige Leute, die in sozialistischen Gesellschaftssystemen nicht mit dem zufrieden waren, was sie hatten.
Andererseits würde ich anzweifeln, dass automatisch materielle Armut auch unzufrieden macht. Wenn jemand in einem Urwald, abgeschottet von der so genannten Moderen aufwächst und nichts anderes kennt, wird er mit einem einfachen Leben in einer schlichten Hütte mit wenigen Besitztümern weit zufriedener sein, als ein Mensch mit mittlerem Einkommen hier zu Lande, der objektiv gesehen und am Weltdurchschnitt gemessen tierisch reich ist.
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