Kann man in unserer Welt wirklich an Karma glauben?
"Tu Gutes und dir widerfährt Gutes."
Das Prinzip ist sicher jedem geläufig. Man nennt es auch Karma. An sich finde ich es sehr interessant, belohnt es doch freundliche, ehrliche Menschen und bestraft Mörder, Vergewaltiger, Lügner und andere (nennen wir sie mal in Ermangelung eines besseren Wortes) Sünder.
Doch inwieweit kann man an Karma glauben, wenn man sich die Welt mal anschaut? Ich meine, es gibt so viele ungeklärte Verbrechen und viele der Täter leben bestimmt in Frieden und Harmonie, andere Menschen hingegen, die immer gut zu anderen waren, sterben an Krebs oder Aids.
Und da kommen wir auch schon zu meiner Frage. Glaubt ihr an Karma? Denkt ihr, dass die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden? Oder glaubt ihr eher, dass dies auf zufälliges Glück oder (was ich persönlich am stärksten bezweifle) auf göttliche Fügung zurückzuführen ist?
Da kann ich nur mit einem anderen Spruch kontern:
Karma is a bitch.
Anders lässt es sich nicht erklären. Ebenso wie "Gott ist wie ein kleines Kind mit einer Lupe über´m Ameisenhaufen". Grausam. Mir ist es ein Rätsel, wie man angesichts dessen, was in unserer Welt so passiert, auf eines dieser beiden Märchen vertrauen kann. Welchen Grund gibt es denn für Gott, kleine Kinder sterben zu lassen? Jaja, Gottes Wege sind unergründlich.
Wenn ich den Mist nur höre, werde ich aggressiv. Karma-Gläubige sind nicht ganz so schlimm wie fanatische Religionsanhänger. Aber auf Diskussionen lass ich mich mit denen auch nicht ein. Da fehlt doch jegliches Verständnis für die Realität.
Das Konzept des Karmas stammt aus verschiedenen Religionen, die alle an die Wiedergeburt glauben. Das Karma bezieht sich deshalb auch nicht nur auf ein Leben, sondern auf die Gesamtheit der Leben, die eine Seele hat, oder was auch immer da genau wiedergeboren wird.
Ein in diesem Leben guter Mensch, der ein schlimmes Ende findet hat das schlechte Karma also aus dem vorherigen Leben mitgebracht und jemand, der in diesem Leben nicht für eine schlimme Tat bestraft wird hat dafür im nächsten oder übernächsten Leben Pech. Das ist jedenfalls die einfache Version, die Details sind komplizierter.
Im Grunde genommen ist das Konzept des Karmas also nur die Methode, mit der die Religionen ihre Anhänger dazu bringen wollen in ihrem Sinne zu handeln. Hier wird man als Stubenfliege wiedergeboren, wenn man sich im vorherigen Leben schlecht benommen hat, in anderen Religionen wird man verbrannt und gefoltert.
Als Atheistin glaube ich natürlich nicht an solche Sachen. Ja, die meisten buddhistischen Lehren sind streng genommen atheistisch, weil keine Gottheiten verehrt werden, aber für mich bedeutet der Begriff, dass ich an gar nichts übernatürliches glaube. Aber im kleinen Rahmen, im persönlichen Umfeld, gibt es schon so etwas wie Karma, wobei ich den Begriff hier nur benutze, weil mir kein besserer einfällt. Wenn ich freundlich und hilfsbereit bin ist die Chance, dass ich Hilfe bekomme, wenn ich sie irgendwann mal brauche, größer, als wenn ich es immer ablehne zu helfen, wenn ich für mich keinen unmittelbaren Nutzen sehe.
Und noch was aus der Spruchkiste:
Karma is a bitch - only if you are
Die Erfahrung lehrt, dass das Zitat nicht stimmt. Oder man muss an das Karma glauben und irgendwann bekommt man dann das an Gutem zurück, das man anderen gegeben hat.
Wenn ich in diesem Leben eine schlimme Tat begangen habe, müsste ich auch in diesem Leben dafür büßen, nicht in irgendeinem der kommenden Leben, falls es jemals ein weiteres Leben gibt. Was nützt es, wenn ich im nächsten Leben ein uneigennütziger, helfender Mensch bin, aber eine böse Strafe erhalte aufgrund eines vorherigen Lebens. Dann ist mir die schlimme Tat doch nicht mehr im Bewusstsein und ich muss mich fragen, warum ich bestraft werde? Denn durch Tod und Wiedergeburt würde der Geist wieder von vorne anfangen, zu existieren. Wie kann man dann wissen, wofür die Bestrafung oder Belohnung war? Nein, das ist mir zu undurchsichtig, wie in jeder Religion.
An das Karma glauben? Nein, ich glaube nicht daran. Vielleicht war das ein Glaubenssatz, an den die Menschen früherer Zeiten geglaubt haben. Aber das, was tagtäglich passiert, lässt einen solchen Glauben in der heutigen Zeit weniger werden und ganz verschwinden. Das ist so, als wie ein Kind an den Weihnachtsmann glaubt. Erst zweifelt das Kind, weil andere ihm erzählt haben, dass es ihn nicht gibt, und dann schwindet der Glaube immer mehr, bis er nicht mehr da ist.
Je älter ich werde sehe ich, dass es unheimlich viele Schicksale gibt, die nicht mehr mit reinem Zufall so einfach erklärbar sind. Warum bekommen manche Leute einen dicken Schicksalsschlag nach dem nächsten reingewürgt, während andere von Geburt bis zum Lebensende quasi unbehelligt durchs Leben gehen?
Oben fragt jemand, warum Gott wohl Babys sterben lässt. Ich war zum Glück noch nicht in der Situation, ein sterbendes eigenes Kind begleiten und loslassen zu müssen. Aber ich kann mir schon gut vorstellen, dass man da anfängt zu fragen, womit man so etwas verdient hat. Gerade in tiefer Trauer neigt man ja nicht gerade zu rationalem Verhalten und Denken. Ich kann mir schon vorstellen, dass es einigen Menschen leichter fällt, dass dann mit einem schlechten Karma aus dem letzten Leben zu begründen als das als Zufall zu sehen.
Wenn jemand daran glaubt, kann ich das gut nachvollziehen. Schlimm finde ich es aber, wenn Karma als Rechtfertigungsgrund genommen wird, demjenigen, der eh schon Schicksal in den Hintern getreten wird nicht zu helfen, weil er das ja so verdient habe.
Um zu verstehen, was in der Welt passiert, muss man den Dingen auf den Grund gehen. Die Dinge gehen vom Geist aus. Wenn man denkt, tut man etwas. Es ist ein Dreischritt: Denken-Tun-Wirken. So könnte man eventuell unser Leben beschreiben. Nach buddhistischer Vorstellung, ist zur Zeit der Geburt, das Bewusstsein rein. Allerdings verbindet sich dann nach Buddha, der Geist sehr schnell mit der Außenwelt und es werden alle Sinne blockiert. Bei manchen Leuten ist der Geist so verwirrt, sie haben so viele so Trübungen, sie sind so beschäftigt, dass sie sich nicht einmal mehr erinnern können, was sie in der Früh gegessen haben.
Nach buddhistischer Vorstellung kann jemand, der die Reinheit des Geistes erreicht hat, sehen wie die Wirklichkeit wirklich ist. Wenn man die Reinheit allerdings verloren hat, sieht man nichts. Das ist wie bei reinem Wasser. Es gibt drei Gründe, warum man den Boden des Wassers nicht sehen kann: 1. wenn das Wasser kocht, 2. wenn das Wasser mit Farbe gemischt ist, und 3. wenn das Wasser mit Moos bedeckt ist. Der Buddha sagt, wenn der Mensch Ärger hat, kocht das Wasser, deshalb sieht er nichts. Mit der Farbe ist wie mit der Gier, mit Moos bedecktem Wasser, ist es wie mit der Verwirrung. Wenn aber diese 3 Beeinträchtigungen weg sind, kann man den Boden sehen.
Der Geist hat auch eine Verbindung mit dem Gehirn. Es ist nicht so, dass wenn wir unseren Geist reinigen, dass wir dann keine Krankheiten mehr bekommen können. Mit Gehirnzellen kann sehr viel passieren. Mit anderen Worten, das Karma ist auch physikalisch bedingt. Ab 30, Mitte 30 baut der Geist sehr stark ab. Nur wenn jemand ab diesem Zeitpunkt seine Handlungen sehr achtsam setzt, bleibt der Geist sehr jung, sehr kräftig. Und Menschen können so Krankheiten vermeiden. Viele Krankheiten entstehen, weil Menschen ein unachtsames Leben führen. Krankheiten können aber auch physikalische Gründe haben. Nach buddhistischer Auffassung kann man aber viele Krankheiten mit einem kräftigen Geist vermeiden.
Cid hat geschrieben:Wenn ich in diesem Leben eine schlimme Tat begangen habe, müsste ich auch in diesem Leben dafür büßen, nicht in irgendeinem der kommenden Leben, falls es jemals ein weiteres Leben gibt.
Wiederwerden ist ein kontinuierlicher Prozess, der in jedem Augenblick stattfindet. Ständig stirbt man und wird wiedergeboren, wie könnte man sonst alt werden? Doch die Vergänglichkeit und das Wiederwerden nimmt man für gewöhnlich im Alltag nicht wahr, sondern erst der physische Tod stellt uns diesen Prozess anschaulich vor Augen.
Viele Bedingungen kommen zusammen, sodass etwas entsteht, aber nicht alles ist nur auf das Karma zurückzuführen. Wenn jemand zum Beispiel krank wird, so kann das nach Buddha viele Ursachen haben. Zum Beispiel ein schlechter Lebensstil oder das Wetter, natürlich ist das Karma auch dabei. Wenn in der Tierwelt ein Löwe geboren wird, hat er ein gutes Karma, denn ein Löwe braucht in der Tierwelt keine Angst zu haben.
Obwohl der Löwe ein gutes Karma hat, kommen die Tiere nicht allein in den Löwen hinein. Um das Karma, als positives Geschenk genießen zu können, muss man aktiv werden. Nur durch heilsame Aktivitäten kann sich das Karma positiv verändern. Wenn jemand ein gutes Karma hat und Böses tut, kann nichts Gutes hervorgehen, sondern schlechtes Karma entsteht. Das ist ein universales Gesetz, zumindest nach buddhistischer Auffassung.
Na ja, soweit ich das immer mitbekommen habe, soll sich das Karma erst im nächsten Leben entladen. Kann natürlich sein, dass Hitler zur Zeit als verkrüppelter Bettler auf der Straße lebt. Im selben Leben glaube ich jedenfalls nicht an Karma, dafür gibt es wirklich viel zu viele Ungerechtigkeiten, die nie ausgeglichen werden.
Also ich finde man sollte die Idee des Karmas vielleicht auch mal aus einer anderen Perspektive sehen. Viele Menschen glauben daran. Viele Menschen tun deshalb gutes. Unsere Welt wird deshalb zwar nicht besser - aber vielleicht ein Stück weit das Umfeld der Menschen die daran glauben.
Ich finde empfinde Karma eher als eine Lebenseinstellung, die mich etwas positiver durchs Leben schreiten lässt. Vielleicht passt in diesem Zusammenhang neben Zitaten wie "Tu gutes und dir wiederfährt gutes" auch "Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus". Denn es ist keine Frage, dass man anders von Menschen in seinem Umfeld behandelt wird, wenn man freundlich zu ihnen ist. Versucht man jeden Tag etwas gutes zu geben, verinnerlicht man diese Grundeinstellung und richtet seinen ganzen Körper auf Optimismus und nicht auf diesen unnützen Pessimismus aus.
Jetzt kann man natürlich sagen: Was hat das denn mit Karma zu tun. Allerdings finde ich gibt es da schon einen Zusammenhang: Wenn ihr etwas gutes tun wollt - tut ihr es dann nicht eher Menschen die gut zu euch sind, als Menschen die es nicht sind? Auch auf der Straße kann man oft schon an der Körpersprache erkennen, wie ein Mensch eingestellt ist.
Was allerdings Verbrechen, Krankheiten etc. angeht: Ich habe in meiner Familie auch einen Fall von Krebs, der mich von jedem glauben abfallen lässt. Ich kann mir nicht erklären warum es genau diese Person trifft. Aber mit Karma bringe ich solche Geschehnisse nicht in Verbindung. Das sind für mich dann eher Schicksalsschläge. Karma ist aus meiner Sicht wie eine kleine Erfindung, die die Welt ein bisschen besser machen soll. Manchmal klappt es, manchmal nicht.
Das ist meine ganz persönliche Meinung - viele von euch werden sie sicher so stark bezweifeln. Aber das ist das schöne an diesen Glaubensfragen: Jeder interpretiert sie auf seine ganz eigene Weise.
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