Schluss mit Generation Praktikum?
Der Mindestlohn wird ja überall heiß diskutiert, auch die Vor- und Nachteile für Langzeitarbeitslose wurden in einem anderen Thread bereits erläutert, ich würde hier allerdings gerne wissen, was ihr über einen anderen Bereich denkt, der ebenfalls vom Mindestlohn "betroffen" ist: Das Praktikum. Vielleicht eine kurze Erklärung für diejenigen, die sich damit noch nicht beschäftigt haben.
Unsere Arbeitsministerin Andrea Nahles hat sich offen dafür ausgesprochen, die "Generation Praktikum" beenden zu wollen, um die Ausbeutung von jungen Menschen, die für einen Hungerlohn (oder ganz ohne Gehalt) oftmals die gleiche Arbeit leisten wie ein Festangestellter, der dagegen ein Vielfaches verdient, zu verhindern. Daher sollen ab 2015 Praktikanten ebenfalls den Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde erhalten. Ausgenommen sind Pflichtpraktika (z.B. von Studenten), die Teil eines Studiums sind sowie solche, die nicht länger als ein paar Wochen gehen.
Das klingt ja alles gut und schön, nur kann ich von Glück sagen, dass ich mein Praktikum bereits jetzt bekommen habe - hätte ich dagegen mein Abitur nächstes Jahr gemacht, hätte ich vermutlich ernsthafte Probleme bekommen. Natürlich ist es sinnvoll, Praktikanten gerecht zu bezahlen, vor allem, wenn sie ein ähnliches Arbeitspensum haben wie die Angestellten einer Firma. Gleichzeitig nimmt die Bundesregierung aber jungen Menschen die Möglichkeit, ihre Interessen auszutesten und einfach mal in eine Firma "hineinzuschnuppern" - und das dauert oft eben länger als sechs Wochen.
Ich für meinen Teil habe mich vor Kurzem für ein Praktikum in der Onlinespielebranche beworben, da ich mir nicht sicher war, ob ich in dieser Richtung oder vielleicht doch etwas anderes studieren möchte, und bekam zwei Angebote: Das eine war für die vollen sechs Monate (man muss dazu sagen, dass es sich um ein sehr großes Unternehmen handelte), das andere nur bis Ende dieses Jahres, weil man sich nicht sicher war, inwieweit man mich dann zukünftig beschäftigen könnte - aufgrund des Mindestlohns.
Wenn dieser Schritt dazu führt, dass Praktika von vielen Firmen nicht mehr angeboten werden können, weil es sich nicht mehr rentiert, wird gerade Absolventen ein hilfreicher Weg zur Entscheidungsfindung verwehrt. Im Endeffekt werde ich nun noch vom Mindestlohn "profitieren", da ich ab 2015 dann ebenfalls mehr Gehalt bekommen werde - aber ich denke an die kommenden Jahrgänge, die dann vielleicht um einen Praktikumsplatz "kämpfen" müssen, wenn sie denn überhaupt noch einen finden.
Wie denkt ihr darüber? Haltet ihr es für einen sinnvollen Schritt, die "Generation Praktikum" komplett abschaffen zu wollen? Oder wäre eine andere Regelung für Praktika sinnvoller gewesen?
Vor der Generation Praktikum hat es ja auch funktioniert, dass junge Hochschulabsolventen oder Berufseinsteiger einen Job bekommen haben. Warum sollte es also alternativlos sein, junge Menschen jahrelang für einen feuchten Händedruck arbeiten zu lassen?
Zudem muss man ja auch berücksichtigen, dass Hochschulabsolventen nicht total ungebildet sind. Man mag ja darüber diskutieren können, wie gut einzelne Studiengänge auch das Berufsleben vorbereiten. Aber zumindest haben diese Leute ja eine Ausbildung hinter sich, die ein hohes Niveau hat. Und so jemanden entgeltfrei arbeiten zu lassen, finde ich nicht richtig, denn solche Einsteiger bringen auch Leistung. Und ehrlich, 8,50 Euro die Stunde als examinierter Akademiker ist echt wenig. Da verdient mancher Handwerker mehr.
Wie das kurz- bis mittelfristig aussehen wird, weiß ich nicht. Aber ich denke schon, dass es sich über kurz oder lang wieder regulieren wird. Die Arbeit ist vorhanden und muss erledigt werden. Wenn Arbeit mehr kostet, werden wahrscheinlich die Preise steigen. Aber ich denke nicht, dass sich alle Firmen leisten können, niemanden arbeiten zu lassen.
Ich finde es absolut richtig, das auch Praktikanten in die Mindestlohnregelungen, mit einbezogen werden, denn viele Praktikas werden tatsächlich nur von den Firmen angeboten um günstige Arbeitskräfte zu haben. Es gibt ganze Bereiche wo es quasi notwendig ist nach einem Studium 2-3 Praktika zu machen und diese dann häufig länger wie sechs Monate dauern. Eben weil so viele Studenten das Spiel mitspielen und die Firmen dies wissen und sich freuen günstige Arbeitnehmer zu haben. Aber wieso soll sich jemand mit abgeschlossenem Studium für 500-600 € im Monat anbieten? Richtig ist das nicht.
Die Pflichtpraktika, die ja häufig vor, während oder nach einem Studium oder eine schulischen Ausbildung nötig sind, sind fest in den Studienordnungen / Schulordnungen verankert, haben klare Regelungen zur Länge und dienen in erster Linie der Ausbildung, da finde ich es gut, das diese ausgenommen werden.
Der Generation Praktikum Einhalt zu gebieten wird wirklich schon seit langer Zeit und ich hoffe, dass der Mindestlohn da einen Teil zu beiträgt. Die Praktika nach einer abgeschlossenen Ausbildung helfen weder wirklich demjenigen der eine Anstellung sucht. Das Geld reicht nicht um die eigenen Fix-Kosten zu decken, nach den 6 Monaten ist er erneut auf Job-Suche, häufig entsprechen die Tätigkeiten auch nicht denen einer festen Anstellung und werden daher bei vielen späteren Bewerbungen auch nicht als vollwertig anerkannt. Man hat nur das Gefühl, man tut etwas für sein späteres Leben, aber zu welchem Preis? Bekommt man anschließend kein neues Praktikum oder eine Anstellung, hat man nicht mal Anspruch auf Absicherung, außer vielleicht Hartz IV.
Die einzigen die sich wirklich darüber freuen sind die Arbeitgeber, weil sie günstige Angestellte finden, die für einen Hungerlohn arbeiten, anstatt hierfür vollwertige Arbeitsplätze mit anständigem Lohn zu schaffen.
Und für die Berufsfindungssuche benötigt man nicht wirklich ein Praktikum von 4-6 Monaten, für die ersten Einblicke in eine Stelle reichen in der Tat ca. 6 Wochen vollkommen aus. Nach ca. 6 Wochen weiß man ob einem der Umgang mit Kunden, tagtägliche Büroarbeit, Handwerk etc. taugen oder nicht.
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