Kirmes bei euch eher Tradition oder Besäufnis?

In meiner alten Heimat gibt es nun wieder Kirmes in den Orten drumherum. Bei uns ist es immer so, dass man einen kleinen traditionellen zeremoniellen Teil hat, aber der Rest dann einfach nur beieinanderstehen bei Musik mit Alkohol in der Hand ist. Eigentlich ist für mich eine Kirmes also immer mehr Trinken und mit Freunden reden, als Tradition. Meistens versteht man nicht mal das kurze Programm, was vom Ort gestaltet wird. Ich gehe also nicht hin um Tradition aufleben zu lassen, sondern um etwas zu trinken. Wie ist es bei euch?

Bei Veranstaltungen jeglicher Art ist das immer so eine Sache, die man aus zwei verschiedene Blickwinkel betrachten muss bzw. sollte. Klar gibt es auf einer Kirmes Leute, die nur auf deren Beginn warten um ein Besäufnis zu rechtfertigen. Aber es gibt auch Menschen, die sich über die Schausteller, Buden etc. freuen. Zu einem traditionellen Kirmesbesuch gehört der Bummel über das Festgelände aber auch, dass man etwas trinkt und auch isst.

Die einen futtern auf der Kirmes mehr als normal, jedoch wird dies nicht als Fressorgie betitelt.Wie Anfangs angedeutet, es gibt bei allen Veranstaltungen Personen, die aus der Reihe fallen und sich dort besaufen müssen. Karneval ist es doch nicht anders. Das Oktoberfest in München wird z.B. als Volksbesäufnis der Bayern dargestellt. Was aber nicht so stimmt. Die sich dort besaufen, gehen auf das Oktoberfest um sich zu besaufen und um Party zu machen und bekommt von dem Vergnügungspark nichts mit.

Hier handelt es sich hauptsächlich um Auswärtige. Der Münchner selbst, geht gemütlich auf die Wies‘n und trinkt ein paar Maß und geht wieder. In meinem Wohnort ist es bei der jährliche Kirmes so, dass man sich da trifft, über das Festgelände bummelt und was isst. Danach kehrt man irgendwo ein und lässt den Tag ausklingen. Bei Schützenfeste sehe ich das anders. Diese sind in einigen Regionen nur ein „traditionelles“ Besäufnis.

Das eine schließt ja das andere nicht aus. Viele traditionelle Feste und Anlässe waren immer schon schlecht getarnte Besäufnisse. Zumindest kann ich es mir nicht anders vorstellen, wenn ich ans ländliche Bayern denke, wo ich aufgewachsen bin. Der Zweck diverser Volksfeste ist damals wie heute gemütliches Beisammensein, Alkoholkonsum und Kontakte knüpfen. Manchmal wird über die Stränge geschlagen und gerade die jungen Männer übertreiben gewaltig und werden irgendwo als hilflose Person aufgefunden.

Auch Schlägereien haben Tradition. Ich würde sogar sagen, dass es "früher, in der guten alten Zeit" noch viel wüster zugegangen ist. Schließlich hatten die Leute gerade auf dem Land wirklich nicht viel Freizeit und haben so bei den wenigen Gelegenheiten wie Kirchweih oder ähnlichen Volksfesten auch mal die Sau rausgelassen, um dann wieder brav ihrer Arbeit nachzugehen. Von daher denke ich, dass du genau die vorgesehene Tradition pflegst, wenn du dich auf der Kirmes mit Freunden triffst und ihr gemeinsam etwas trinkt. Die traditionelle Messerstecherei muss ja nicht jedes Jahr stattfinden.

Auf dem Land oder in der Kleinstadt hat Kirmes einen anderen Charakter, als in der Großstadt. Wenn hier Kirmes ist, gibt es kein Programm, sondern dann wird die Kirmes eröffnet und damit hat es sich. Kirmes bedeutet bei uns, dass es viele Karussells gibt, Spiel- und Schießbuden sowie Fressbuden. Klar stehen an Bierständen auch Klübchen rum, die sich kennen und gemeinsam trinken. Ja, und wenn die Woche dann fast rum ist, gibt es freitags in der Dunkelheit ein Feuerwerk.

Es gibt natürlich auch in den Vororten kleinere Festivitäten mit einem Zelt. Dort kann man sich betrinken oder auch nur tanzen, ganz wie es beliebt. Für die Kinder ist dann auch ein Karussell aufgebaut. Meist geht das über drei Tage von freitags bis sonntags. Auch da gibt es anschließend ein kleines Feuerwerk.

Bei mir in der Umgebung gibt es einige Feste im Sommer, wobei man diese eigentlich auch nicht so richtig als Kirmes bezeichnen kann. Achterbahnen und sonstige Fahrgeschäfte gibt es nämlich kaum, sondern es gibt stattdessen nur einige Karussells für kleine Kinder. Ansonsten bestehen die Feste fast ausschließlich aus verschiedenen Buden mit Essen und Getränken. Somit kann man auf solchen Festen ja nichts anderes machen, als zu essen und zu trinken und von daher geht man da auch meistens mit dem Vorsatz hin, Alkohol zu trinken. Ansonsten könnte man sich ja eigentlich auch den Weg sparen und wenn man nichts essen und trinken möchte, dann gibt es nicht viel, was man auf den Festen sonst machen könnte.

Ich selbst mag es eigentlich ganz gerne, ein wenig über diese Feste zu schlendern und dann auch immer etwas zu essen. Da gibt es immer sehr viele verschiedene Speisen, die man sonst gar nicht so leicht bekommt. Es gibt viele ausländische Spezialitäten und dann natürlich auch solche Klassiker wie Bratwurst. Da probiere ich eigentlich immer ganz gerne die eine oder andere Speise aus und dazu gönne ich mir dann auch gerne einen Cocktail. Glücklicherweise kosten Cocktails und andere leckere alkoholische Getränke da meistens nicht so viel und da kann man sich auch etwas gönnen.

Betrinken würde ich mich auf solchen Festen jedoch nie. Das fände ich albern und auch absolut unangemessen. Immerhin wäre es mir peinlich, vor so vielen Menschen betrunken zu sein. Abgesehen davon, mache ich es mir dann doch lieber mit Freunden in einer Bar oder zu Hause gemütlich, wenn ich etwas mehr trinken möchte und das würde ich nicht draußen machen wollen. Dabei kenne ich aber auch niemanden, der auf so ein Fest geht, um sich dort zu betrinken.

Also es kommt darauf an. Tagsüber ist es ganz normal. Abends, wenn die jugendlichen die Zelte stürmen artet es zum "Besäufnis" aus. Aber ist das nicht auch eine Art von Tradition? Kann mir nicht vorstellen dass die Leute vor 100 Jahren alle artig dasaßen. Glaube da ging es eher sogar noch derber zu.

Nach meiner Meinung verkommen solche Feste immer mehr zu "Saufgelagen". Finde gerade bei solchen Anlässen trifft man Menschen, die man schon lange nicht mehr gesehen hat. Da wäre es doch schade, wenn man nicht mal mehr vernünftig sprechen kann. Gerade in etwas kleineren Orten kennt doch jeder Jeden.

Klar gehört Alkohol auch zu solchen Veranstaltungen, aber übertreiben sollte man es dann doch nicht. Vor allem sollte der Alkohol bei solchen Anlässen nicht im Vordergrund stehen. Also nicht nach dem Motto: "Heute lass ich mich richtig volllaufen".

Wir gehen nachmittags immer über die Kirmes und trinken dann ein paar Biere und essen an den verschiedenen Ständen eine Kleinigkeit. Abends steht man dann eher an einem alten traditionellen Stand bei guter Musik und trinkt dort etwas. Für kleine Städte ist so eine Kirmes ja fast das Event des Jahres.

Fahrgeschäfte nutze ich eigentlich gar nicht mehr. Bei Preisen von teilweise fünf bis sechs Euro pro Fahrt ist mir das einfach etwas zu teuer.

Ich denke das ist altersbedingt. Wie ich jung war, war die Kirmes sicherlich ein guter Ort um sich einmal abzuschießen. Inzwischen genieße ich die andere, traditionelle Seite von Volksfesten. Zudem bin ich der Meinung, dass sich die Entwicklung der Volksfeste wieder dreht und in die Richtung geht, dass das Traditionelle wieder mehr in den Vordergrund gelangt, was auch daran festgemacht werden kann, dass immer mehr Tracht getragen wird.

Meiner Erfahrung nach arten mehr oder weniger alle örtlichen, saisonalen Kirmes zu Saufgelagen aus, zumindest ist das mein subjektives Empfinden. Dabei spielt es meiner Ansicht nach keine Rolle, ob es jetzt eine eher ländliche gelegene Kirmes ist oder eine Kirmes im Stadtteil einer Großstadt. Ich meide solche Veranstaltungen generell und fühle mich sehr unwohl, wenn zu viel getrunken wird und die Menschen sich dann immer weniger unter Kontrolle haben. Das artet dann meistens aus und gerade in solchen Momenten will ich nicht als potentielle Zielscheibe von irgendwelchen Säufern herumlaufen.