Streit in der Familie: Habe ich mich falsch verhalten?

Subbotnik hat geschrieben:Und noch einmal zum Vorwurf "nett" - auch wenn ich mich auf`s Glatteis begebe: Nur weil ein Mensch dumm ist und eine beschissene Meinung hat kann er ja trotzdem nett sein. Ich kenne auch viele, die nett sind und die auch jeder als nett bezeichnen würde wenn man sie treffen würde ohne sie besser zu kennen - das ihre Meinung dumm ist oder die Ansichten die sie vertreten ist dann wieder etwas anderes. Da würde ich behaupten wollen: Es gibt nette, aber trotzdem strunzdumme Nazis

Selbst wenn ZappHamZ demjenigen zugestehen würde, dass er ja nett sein kann - aber dumm, glaube ich nicht, dass es das besser macht. Im Prinzip ist es auch nicht besser, wenn sie sich in jemanden dummes verguckt hat, oder?

Und hat sie wirklich gemeint, dass der Typ (oder Nazis allgemein) sympathisch ist, naja. Dazu gehört mehr und dazu muss man wohl auch einen Menschen besser kennen und wenn man das tut, kennt man seine komplette Einstellung zu gewissen Themen.

Mal davon abgesehen kann jeder seine Meinung haben. Aber ich frage mich, wieso sich die Mutter dann da rein hängt, wenn ihr darüber diskutiert. Beziehungsweise kann auch jeder seine Meinung haben und gut ist. Da muss man sich wohl kaum darüber streiten, wer im Recht ist und wer nicht.

Ich habe Heute nochmal mit meiner Mutter gesprochen und habe mich dafür entschuldigt, das ich Ihr gegenüber laut geworden bin. Habe ihr aber nochmal klar gemacht, das es nur zeigt, wie wichtig mir dieses Thema ist und ich das nicht als Lapalie abhefte.

Ich bin der Meinung das sie das verstanden hat. Sie erklärte mir, wie meine Schwester zu dieser Aussage kam. Es gibt einen neuen Typen bei ihr auf der Schule, den sie toll und nett findet. Er selbst bezeichnet sich als Nazi, mit kahl rasiertem Kopf usw. Da kommts jetzt natürlich drauf an, ob er aufgrund seines Elternhauses so ist, oder einfach nur ein Kind, welches selbst noch nicht weiß, was Nazi überhaupt bedeutet.

Gut, mit meiner Mutter habe ich es nun geklärt und ausgesprochen, doch mein Verhalten meiner Schwester gegenüber wird sich um einiges ändern was dieses Thema angeht. Auch was Subbotnik schrieb, ist meiner Meinung nach nicht verkehrt.

Danke für Eure Antworten, kann davon einiges für mich aufnehmen.

Ich glaube ich werde mich mit meinem Post ein wenig unbeliebt machen, würde es aber trotzdem gerne loswerden. Vorweg ich bin, wenn überhaupt, politisch eher links und eher noch linksradikal einzuordnen. Ich selbst habe mich eine ganze Zeit in der örtlichen Friedensbewegung gegen Ausländerfeindlichkeit eingesetzt, auch wenn das mittlerweile scheinbar schon ewig her ist. Was mir aber mittlerweile wichtig ist, hinter den Menschen, egal welche Einstellung sie haben, halt auch den Menschen zu sehen.

Als ich 15 Jahre alt war hatte ich einen Klassenkameraden der von einem Tag auf den anderen mit einem kahlgeschorenen Kopf in die Schule kam. Und wir fanden das ja alle so toll. Wir waren damals über den Holocaust und ähnliches kein Stück aufgeklärt. Ich wurde noch in einer Generation gross, in der das dritte Reich noch totgeschwiegen wurde.

Der Klassenkamerad war an sich hochintelligent. Sehr gebildet, vorallem auch in Geschichte, was an sich eher ein Hassfach in unserer Klasse war. Allerdings hatte er keinerlei wirklichen familären Hintergrund mehr. Die Eltern beide verstorben. Der Grossvater, der wohl auf den Jungen einen starken Einfluss ausübte, war wohl eher bekennender Nazi. Wie halt der Junge dann auch.

Ich habe an sich später eher weniger Kontakt zu ihm gehabt. Ich hatte aber generell wenig Kontakt zu ehemaligen Klassenkameraden. Ab und an sah man sich halt mal wo. Mit den Jahren veränderte sein Äusseres. Man sah ihm seine politische Einstellung nicht mehr an. Bei einem Klassentreffen zeigte er uns seinen tättowierten Körper. Und wir waren an sich alle doch begeistert über die sehr aufwendigen Tättoowierungen. Erst später wurde bewusst das er mit den Tättoowierungen nur diverse Hakenkreuze übertättoowieren lassen hat.

Wie gesagt der Mann ( heute ist er ein Mann, wir haben vor über 20 Jahren die Realschule verlassen) ist hochintelligent. Und auch wenn ich seine Einstellung nicht teile, unterhalte ich mich, wenn ich ihn mal treffe, sehr gerne mit ihm. Und er ist auch eher einer der andere Meinungen gelten lässt. Er selbst hat mir mal gesagt, er habe zwar seine Einstellung nicht wirklich geändert, aber er muss damit nicht mehr öffentlich hausieren gehen. Sprich er trägt seine Meinung nicht mehr so frei nach aussen, wie er es früher getan hat. Und man kann mit dem Mann auch durchaus eine relativ sachliche Diskussion führen. Da kommen keine Phrasendreschereien ala Deutschland den Deutschen oder Ausländer raus. Und ja ich finde ihn nett.

Man kann auch jemand nett finden, dessen Einstellung man nicht teilt. Oder der einfach anders ist als man selbst. Solange man halt eine andere gemeinsame Basis findet.

Auch wenn das ein absolut schlechter Vergleich sein mag, ich selbst bin ja Borderlinerin. Ich erlebe es oft das man mir skeptisch gegenüber tritt. Ich werde oft in die Schiene gepresst: Borderliner sind böse, gemein, gewalttätig etc. Eigenschaften die auf mich kaum zutreffen. Und ich merke oft, das mir Leute, wenn sie mich länger kennen, sagen, ach du bist ja trotzdem ganz nett, auch wenn du Borderline hast.

Ich weiss das du ZappHamZ ( ich mag dich nicht angreifen und respektiere deine Lebenseinstellung und deinen Lebensstil) auch nicht in das typische ( kleinbürgerliche) Schema und die Weltanschauung vieler reinpasst. Du willst akzeptiert werden wie du bist. Ich weiss das du eher ein friedliebender Mensch bist. Und so gibt es sicherlich auch Menschen die sich selbst als Nazi bezeichnen, mit denen man aber durchaus sachlich reden kann. Mit denen man auch Spass haben kann.

Und an so einem Beispiel sieht man auch, das es Menschen gibt, die sich zu dieser Einstellung bekennen, aber ihre Meinung nicht mit Gewalt ausdrücken. Ich kenne auch solche Leute und haben davon nur einem mal in einer Prügelei erlebt. Welche aber zum Schutz eines anderen, politisch neutralen Menschen diente.

Und selbst, wenn man es nicht glauben mag. Aber auch in dieser Szene gibt es recht junge Menschen, welche ihre Ziele gern per Gesetz verwirklicht wüssten. Was aber nicht heisst, das man alle Ausländer rausjagt und Menschen, welche nicht der Norm entsprechen kastriert, was ja im dritten Reich so gemacht wurde.

Nein diese wollen gern Verfahrensweisen von anderen Ländern übernehmen, welche die Zuwanderung verringert. Also würde ich mal raten, das man sich mit dem jungen Mann erstmal an einen Tisch setzen sollte, um eben zu sehen ob er denn wirklich soviel Nazi ist, wie er vorgibt oder ob da doch mehr Hirnmasse zum Einsatz kommt. Denn jemanden zu verurteilen ohne ihn zu kennen ist auch nicht gerade die beste Eigenschaft.

ZappHamZ, ich denke mal das das Verhalten deiner pubertierenden Schwester vollkommen normal ist. Ich weiß noch zu gut wie es bei mir in diesem Alter war. Da verliebt man sich so schnell und heißt dann alles gut was von der großen Liebe kommt. Ob das nun Piercings, Tattoos oder halt ein kahlgeschorener Kopf ist. Und Mädchen können halt Zicken sein, das sehe ich ja auch an meiner einjährigen Tochter. Falsch war sicherlich, das du deiner Mutter gegenüber laut geworden bist, denn seiner Mutter gegenüber sollte man schon soviel Respekt entgegenbringen, das man ihr auch in einem normalen Ton sein eigenes Empfinden bei der Aussage der Schwester hätte mitteilen können.

Ich finde es aber toll, das du dich bei deiner Mutter entschuldigt hast.

Ich glaube, jeder Mensch kann nett sein, es kommt halt nur darauf an, zu wem. So kann ich mir durchaus vorstellen, dass Nazis auch eine "nette" Seite haben können, die besonders dann zum Vorschein kommt, wenn sie mit "Ariern" zu tun haben, die sie als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft betrachten. Wenn deine Schwester zufällig "arisch" ist, dann ist es ja kein Wunder, dass der Bursche besonders nett zu ihr ist. Pauschalisieren sollte man so etwas trotzdem nicht.

Sehr viele Menschen sind ja auch nur dann nett, weil sie sich einen Vorteil von bestimmten Personen oder Personengruppen versprechen und nutzen diese dann schamlos aus. Sobald diese dann nicht mehr nützlich sind, werden sie fallen gelassen wie heiße Kartoffeln. Aber solche Menschen grundsätzlich als "nett" zu bezeichnen finde ich schon sehr gewagt. Je nach Situation kann wie gesagt jeder "nett" sein, das hat nicht immer unbedingt was mit dem Charakter oder der Einstellung zu tun.

Ich finde deine Reaktion schon richtig und ich bin fassungslos, dass deine Familie in so einer Situation so wenig zu dir steht.

Das hat sich ja bei euch ganz schön hochgeschaukelt, aber ich kann dich gut verstehen. Wenn du bereits schlechte Erfahrungen mit Nazis hattest, finde ich die Äußerung deiner Schwester nicht in Ordnung und auch deine Eltern hätten anders reagieren sollen. Immerhin wissen sie doch, was dir passiert ist und daher sollte ihnen deine Einstellung bekannt sein.

Aber auf der anderen Seite kann ich auch deine Schwester etwas verstehen, denn sollte sie wirklich in einen solchen Typen verliebt sein, ist sie sicherlich komplett auf seiner Seite. Allerdings weiß ich nicht, ob das wirklich er Fall ist. Vielmehr kann ich mir vorstellen, dass sie sich von dir angegriffen gefühlt hat. Sie ist in einem schwierigen Alter und da möchte man nicht die Meinung anderer aufgedrückt bekommen. Einige Jugendliche wollte sich stets eine eigene Meinung bilden und provozieren mit solchen krassen Aussagen auch mal gerne. Ich weiß ja nicht, wie sie es gesagt hat und in welchem Ton du geantwortet hast, aber die Angelegenheit hat sich ganz schön aufgeschaukelt.

Deine Mutter hat vielleicht so reagiert, weil sie ein sehr enges Verhältnis zu deiner Schwester hat und sie beschützen möchte. Immerhin ist sie jeden Tag mit deiner Schwester zusammen, da diese sicher noch Zuhause wohnt. Aber ich bin mir sicher, dass sich die Situation irgendwann wieder beruhigen wird und ihr bald gar nicht mehr darüber sprecht. Aber dafür müsstest auch du deinen Ärger verrauchen lassen und neutral auf die beiden zugehen.