Moderner Ablasshandel
Ich habe dieser Tage einen Artikel gelesen der mich sehr beschäftig hat. Darin ging es um Firmen, die damit werben, einen Teil der Einnahmen ihrer Produkte für einen guten Zweck zu Spenden. Was erst mal ausgezeichnet klingt und auf den ersten Blick nach einer sehr noblen Geste aussieht, entpuppt sich aber in den meisten Fällen als nicht anderes als Marketing und eine ausgefeilte Form der Werbung.
So wurden die Summen nachgerechnet, die die Hersteller von Windeln, einer Biersorte, Schokolade und ein stilles Mineralwasser für Hilfsprojekte spenden. Ich schreibe jetzt mal keine konkreten Namen, weil ich nicht weiß ob das hier im Froum gewünscht und überhaupt zulässig ist! Das Ergebnis war so eindeutig wie auch erschreckend! So gingen von den Produktpreisen in der Regel ein Cent – wenn überhaupt – oder nur sehr viel weniger an die als angepriesenen Partner angepriesenen Hilfsorganisationen. Bei anderen Produkten verwehrten sich die Hersteller vollständig, Informationen darüber herauszugeben, was vom Erlös der Waren effektiv gespendet wird – aus welchem Grund wohl? Auf der anderen Seite wurde nachgeprüft, wie der Absatz der gleichen Produkte am Markt gewachsen ist, nachdem die Werbekampagnen gestartet wurden.
Fast alle Produkte haben ab diesem Zeitpunkt eine deutliches Umsatzplus verzeichnet, wenn sie nicht sogar Marktführer geworden sind, und das trotz teilweise nicht ganz unerheblicher Preiserhöhungen! Als Ursache hierfür wurde in Untersuchungen herausgefunden, dass der normale Bürger beim Einkauf versucht, sein soziales Gewissen mit dem Griff nach solchen Produkte zu beruhigen, um sich im Alltag nicht weiter damit auseinander setzen zu müssen – wie beim damaligen Ablasshandel. Man entscheidet sich instinktiv eher für ein Produkt, das einem das Gefühl gibt, damit etwas Gutes zu tun, worauf die ganzen Aktionen ja schlussendlich auch abzielen.
Das soll jetzt um Gottes willen nicht heißen, dass ich da eine löbliche Ausnahme bin und jedes Jahr aktiv hunderte von Euros für Hilfsprogramme spende weil ich der Meinung bin, alles was uns vorgegaukelt wird bringt effektiv Null Komma Null; Aber ich fand es mal echt faszinierend, wie unser alltägliches Verhalten von solchen Werbebotschaften und –versprechen beeinflusst wird. Andere Werbesprüche prallen häufig an unserem abgestumpften Versand ab – „man ist es ja gewöhnt von allen Seiten zugeschüttete zu werden“ mit „wir haben das bessere und billigere Produkt“, doch wenn eine Werbung an unsere menschliche Seite appelliert schlägt das offensichtlich ein wie ein Bombe!
Du hast vollkommen recht. Sobald Werbung an unser Gewissen appelliert, greifen wir eher danach als wenn es einfach nur mit dem Attribut, dass es günstiger wäre, versehen ist.
Man ist inzwischen in der Werbung so weit, dass man in Studien bestätigen konnte, dass sich ein Produkt mehr und besser verkauft, je personalisierter es ist. In einem Zweig der sich Neuromarketing nennt, hat man herausgefunden, dass wir Produkte, die mit Photos von hungerleidenen Kindern oder Menschengesichtern ausgestattet sind, viel eher kaufen als Produkte, die einfach als günstig ausgewiesen sind. Und auch allein die Aufschrift, dass ich damit Menschen in Not, vor allem kleinen Kindern helfen kann, wirkt so wohl Wunder was den Absatz anbelangt. Ob das dann stimmt ist wiederum eine andere Frage.
Ich selbst muss gestehen, dass ich da auch sehr anfällig bin. Vor allem wenn es sich um etwas handelt, was doch etwas teurer ist, bin ich immer recht froh, wenn es dann letztendlich auch noch einen guten Zweck dient. Dann habe ich weniger das Gefühl, einfach nur Geld hinausgeworfen zu haben für mein persönliches Vergnügen, sondern glaube auch noch, dass ich zumindest ein bisschen auch anderen helfen konnte. Dann kommt mir der Einkauf weniger verschwenderisch vor und ich denke mir dass dann nicht nur ich, sondern eben auch andere davon profitieren.
Mir ist im Nachhinein natürlich klar, dass der Anteil, der gespendet wird, verschwindend gering ist. Dennoch, während des Einkaufs gibt mir dieser Gedanke ein gutes Gefühl und irgendwie hoffe ich einfach immer, dass das Geld dann auch dort ankommt, wo es hinsoll: bei den Bedürftigen.
Schon wenn man sich überlegt, welcher Aufwand hinter diesen angeblichen Spenden steckt, sollte einem klar sein, dass dabei nicht viel Geld "rumkommen" kann. Erst einmal hat das angeblich so soziale Unternehmen erhöhte Aufwendungen für die Verwaltung des Geldes, dann allerdings auch ein großes Interesse am eigenen Gewinn.
Was vielleicht dabei herausspringt, ist, dass Hilfsorganisationen ins Bewußtsein der Konsumenten vordringen, denn normalerweise denkt Otto-Normalbürger gar nicht an soziale Hilforganisationen oder Vereine.
Das Problem wurde schon einmal ausführlich an einem konkreten Beispiel diskutiert: Krombacher schützt 1m² Regenwald pro Kasten.
Also das überrascht mich überhaupt nicht. Ich bin in einer misstrauischen Familie groß geworden, in der keiner so wirklich sich von solchen leeren Werbeversprechen beeinflussen lässt. Ich meine, es ist eine Sache, wenn man damit wirbt, dass die Hautprobleme mit bestimmten Produkten verschwinden sollen, aber eine komplett andere wenn es heißt, dass massenweise Geld an Hilfsorganisationen gespendet werden sollen.
Geld regiert die Welt und ich glaube grundsätzlich nicht, dass bei höheren Einnahmen auch freiwillig mehr für (unnötige) Hilfsprojekte gespendet wird. Reichtum ist wie eine Sucht und ab einem gewissen Punkt kriegt man den Mund nicht voll und will immer mehr und mehr. Dann werden auch irgendwelche Ausreden erfunden, dass man so wenig wie möglich an Bedürftige spenden muss, sei es jetzt wegen der "Bearbeitungsgebühr" die zusätzlich bezahlt werden muss oder wegen anderen Sachen.
Ich halte nichts von Spenden, weil ich der festen Überzeugung bin, dass eh fast nichts von dem übrig bleibt, was am Ende gespendet werden soll, da gefühlte 95% wegen so genannter "Bearbeitungsgebühren" abgezogen werden. Ich finde, wenn man den Menschen in der dritten Welt beispielsweise etwas Gutes tun möchte, dann sollte man persönlich hinfahren und es vor Ort tun. Dann kommt wenigstens Hilfe dort an. Daher lassen mich derartige Versprechungen auch ziemlich kalt. Ich achte in erster Linie darauf, dass mir das Produkt gefällt, das ich kaufen möchte und dass mir auch die Qualität zusagt.
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