Kritik in der Partnerschaft durchaus positiv sehen?

Wenn ich bei einer bestimmten Bekannten bin, dann frage ich mich, was man da noch positiv dran sehen kann. Sie richtet ihr Leben genau nach dem Partner. Sie weiß, was er nicht mag und was er an ihr kritisieren würde und bemüht sich nichts falsch zu machen, damit er nicht wieder kritisieren "muss". Und wenn er dann doch kritisiert, dann sieht sie es positiv. Sie meint, dass sie ja ohne seine Kritik nicht wüsste, was sie falsch macht.

Kritik an sich sehe ich durchaus positiv. Aber wenn man ständig seinen Partner oder seine Partnerin kritisiert, dann frage ich mich, warum man sich keine Partnerin oder Partner sucht, der eben mehr seinen Vorstellungen entspricht. Wie seht ihr Kritik in der Partnerschaft, wenn sie öfters vorkommt. Würdet ihr das immer noch positiv sehen?

Falsch machen sehe ich in dem Zusammenhang irgendwie nicht. Ich meine nur weil der Partner es anders sieht macht man es ja nicht falsch. Ich finde es generell sehr bedenklich, wenn man sich in einer Beziehung verändern muss. Man muss sich sicherlich ein bisschen aufeinander einstimmen, aber nicht so sein wie man ist, nur weil der Partner das nicht mag, ist unpassend und dann steckt man auch in der falschen Beziehung. Beziehung heißt nicht Aufgabe des eigenen Charakters.

Meiner Meinung nach kommt es vor allem auf die Art der Kritik an. Mein Partner und ich kennen uns nach fünfzehn Jahren wirklich sehr gut und wir beide sind Menschen mit Ecken und Kanten, auch bekannt als ausgeprägte Macken.

Deswegen halte ich es durchaus für positiv, von meinem Partner, der mich ja liebt, Feedback zu bekommen, wenn ich wieder mal in wenig hilfreiche Verhaltensmuster verfalle, etwa, wenn ich sofort hysterisch werde, wenn etwas nicht beim ersten Anlauf perfekt klappt. Umgekehrt nehme ich es mir auch manchmal heraus, ihn bildlich gesprochen in den Allerwertesten zu treten, wenn er sich mal wieder selbst im Weg steht. Diese Art der Kritik funktioniert meistens ganz ordentlich.

Kritisch wird es meiner Meinung nach erst, wenn ein Partner nur noch kritisiert, und der andere sich erfolglos abmüht, alles "richtig" zu machen. Eine Beziehung ist ja keine ständige Prüfung. Auch wenn ständig an Kleinigkeiten herumgemeckert wird, ist das für mich ein Zeichen, dass es in einer Beziehung vor allem um Kontrolle geht. Dabei zieht gerne mal ein Partner den Kürzeren, während der dominantere Teil tun kann, was er (oder sie) will. Wenn also ein Beteiligter immer alles "falsch" macht und der Partner bestimmt, was richtig ist, kann so eine Beziehung sicher schnell in Stress ausarten.

Dabei kommt es natürlich auch immer auf den Charakter der Betroffenen an. Manche Leute mögen es eigentlich ganz gerne, wenn sie genaue Vorgaben bekommen, wie sie sich verhalten sollen. Nicht jeder hat gerne die Hosen an, sondern bevorzugt es vielleicht, sich unterzuorden und dem Partner anzupassen. Solche Zeitgenossen lassen sich durch Kritik und Vorhaltungen oftmals geradezu nach dem eigenen Willen formen und anpassen. Ich selbst bin eindeutig nicht dafür geschaffen, mich meinem Partner komplett anzupassen, aber für jemand anderen ist es vielleicht genau das Richtige.

Also ein wenig Kritik ab und an finde ich in einer Partnerschaft sogar ganz gut und ich unterstütze das. Man sollte es eben nur nicht übertreiben und mehr oder weniger "chronisch" herumkritisieren und herumnörgeln, sodass der Partner das Gefühl von Minderwertigkeit bekommt. Ich kritisiere meinen Partner auch nicht besonders oft, aber eben dann wenn es sein muss. Er macht dasselbe bei mir. Ich finde es wichtig, so ein Feedback zu bekommen und bei manchen Sachen passe ich mich dann auch durchaus an.

Ich kritisiere beispielsweise meine Mutter für bestimmte Verhaltensweisen und hoffe immer, dass ich nicht genauso werde wie sie. Dann bin ich schon beruhigt, wenn mein Partner mir sagt, dass ich Sachen anders mache als sie. Wenn dann doch das ein oder andere unbewusst genauso gemacht wird, kann ich das gezielt ändern, wenn mein Freund mich darauf aufmerksam macht und dafür bin ich sehr dankbar.

Ich denke, dass man auch immer unterscheiden muss, um welche Kritik es sich handelt und wie oft man kritisiert wird. Kritik muss tatsächlich nicht immer negativ sein und ich denke, dass niemand seinen Partner bewusst fertig machen möchte, wenn man ihn kritisiert. Stattdessen möchte man ihm in erster Linie hilfreiche Tipps und Ratschläge geben und zeigen, wie er etwas besser machen kann und das kann man durchaus auch positiv ansehen. Immerhin kann man einem ja nicht zeigen, wie er etwas besser machen könnte, wenn man ihn nicht irgendwie kritisiert. Dabei finde ich es auch wichtig, dass man solche Sachen auch äußert und nur weil man in einer Beziehung ist, muss man nicht alles für sich behalten, um den Partner ja nicht zu verletzen.

Sicherlich wäre es alles andere als angenehm, wenn man vom Partner ständig wegen seinem Aussehen oder wegen seinem Gewicht kritisiert wird. Auch wenn man gesagt bekommt, welche Eigenschaften der andere schlecht findet und das immer wieder vorkommt, dann ist das nicht gerade angenehm. Man bekommt dann schnell das Gefühl, dass der Partner nur noch Kritik an einem ausüben möchte und man fragt sich dann vielleicht auch, weshalb er unter diesen Umständen noch mit einem zusammen ist.

Wenn man jedoch beispielsweise wegen der Aussprache kritisiert wird, dann finde ich das nicht weiter schlimm. Der Partner möchte einem ja nur helfen. Außerdem finde ich es nicht so schlimm, wenn man kritisiert wird, weil man beispielsweise immer seine dreckigen Sachen auf dem Boden liegen lässt. Solche Sachen sind ja wirklich nicht besonders toll, wobei man ja schnell etwas daran ändern kann und von daher finde ich es sogar gut, wenn der Partner einen darauf aufmerksam macht. Das ist doch besser, als wenn der Partner so etwas für sich behält und irgendwann wegen vielen aufgestauten Kleinigkeiten die Beziehung beendet.