Sich gar nicht richtig verlieben können - ein Vorteil?

vom 20.07.2014, 23:31 Uhr

Ich habe in diesem Beitrag hier gefragt, ob es leichter ist, jemanden als Partner zu finden, wenn man nicht sucht. Es wurde unter anderem geschrieben, dass man ja das Gefühl des Verliebtseins nicht kontrollieren kann und so nicht steuern kann, ob der nach Matching-Points gefundene Partner auch tatsächlich den Funken überspringen lässt. Das stimmt schon, aber Verliebtsein hat für mich nicht so den Stellenwert, weil ich mich ohnehin nicht so wirklich verliebe.

Ich war schon manchmal verliebt, also ich kenne diese leicht kribbelnde Gefühl im Bauch, aber das habe ich meistens nur einmal, etwa wenn man die Hand des anderen zum ersten Mal nimmt, und danach ist es dauerhaft weg. Wo wirklich verlieben, wie andere das wohl machen, kann ich mich scheinbar nicht, also ich habe da keine so intensiven Gefühle. Für mich ist daher das Kriterium, dass ein Funke überspringt, auch nicht relevant, weil da generell nichts überspringt.

Ich habe zwar auch optische Kriterien an jemanden, aber das entsteht dann eher aus einem ästhetischen Empfinden heraus. D.h. ich mag schöne Menschen und hätte natürlich auch gerne jemanden, der meinen optischen Kriterien entspricht, aber verlieben tu ich mich ohnehin nicht, daher ist das alles relativ. Aus diesem Grund wäre es für mich natürlich schon gut, mir jemanden aus Übereinstimmungsmerkmalen zusammenzuklicken (leider gibt es das so nicht), da ich nur ein harmonisches Gegenüber will und jemanden zum Kuscheln. Großartige Leidenschaft brauche ich da nicht.

Eigentlich stört mich das auch nicht. Denn wenn ich hier so lese, was andere für merkwürdige Dinge machen, nur weil sie verliebt sind und deswegen ständige Streits oder Schwierigkeiten ertragen, nur weil ihnen da ein Hormoncocktail ein bestimmte Gefühl gibt, dann ist das doch echt traurig. Ich habe das noch nie so ganz verstanden, warum manche ewig lange Liebeskummer nach einer Trennung haben oder jemanden ertragen, auch wenn der sich destruktiv verhält. Aber wenn man das Gefühl des Verliebtseins nicht so intensiv hat, dann wird man auch rationaler und urteilt eher danach, ob man sich mit jemandem wohlfühlt und arrangieren kann oder eben nicht.

Der Blick wird nicht vernebelt. Auch bei anderen geht ja die Verliebtheit irgendwann weg und ich habe den Vorteil, gleich von Anfang an einen klaren, unverstellten Blick zu haben und mich nicht aus Hormongründen auf jemanden einzulassen, der gar nicht passt. Wenn es passt, dann ist es bei mir eher so ein Gefühl von Geborgenheit oder Gewöhnung, aber keine rosa Brille.

Der einzige Nachteil ist der, dass ich mich auch kaum auf Kompromisse einlasse. Denn wenn man keine rosa Brille trägt und einen Makel entdeckt und für sich entscheidet, dass dieser einen fundamental stört, dann fällt es ohne die rosa Brille leicht, etwas zu beendet, wo andere den Zustand noch eine Weile so lassen oder dauerhaft ertragen würden. Bei mir ist das dann eher so wie beim Kauf eines Gebrauchtwagens. Man mag das Modell, aber wenn man bei der Besichtigung Rost entdeckt, dann lässt man es lieber gleich bleiben, ehe man später eine durchgerostete Karosserie hat.

Natürlich weiß man dann auch, dass die Auswahl an Autos nicht unbegrenzt ist und man irgendwelche Nachteile immer hinnehmen muss. Beim einen sind die Rücklichter schön, aber die Felgen sehen komisch aus, beim anderen klappert der Kofferraum, aber dafür gefällt einem der Lack. Also jeder Mensch und jeder potentielle Partner hat Vorteile und Nachteile. Das weiß ich auch. Ohne rosa Brille nimmt man die aber alle ganz klar wahr.

Ist das so ungewöhnlich, sich gar nicht richtig zu verlieben und dadurch auch einen unverstellten Blick auf Menschen zu haben? Verliebt Ihr Euch so richtig oder ging das irgendwann weg?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 21.07.2014, 06:02, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich für meinen Teil könnte das nicht als Vorteil empfinden. Ich war schon häufig sehr verliebt und bestimmt auch ziemlich vernebelt und natürlich neigt man doch eher zu etwas Naivität und unüberlegtem Verhalten. Dennoch war es das immer wert. Ich war gerne auf Wolke 7 und hatte die rosarote Brille an. Weil es sich jedes Mal genau richtig angefühlt hat. Hinterher ist man immer schlauer und gelernt habe ich auch immer viel, aber das Gefühl hätte ich niemals missen möchten. Da habe ich lieber den ein oder anderen vernebelten Eindruck in Kauf genommen als auf dieses wunderbar wohlige Gefühl im ganzen Körper über Wochen hinweg zu verzichten.

Trotzdem verstehe ich natürlich, dass du selbst vielleicht denkst, das sei ein Vorteil. Womöglich ist es das auch, weil du gar keine andere Wahl hast, als dir das so hinzudrehen. Ich fände es für mich persönlich nämlich sehr schade, wenn ich mich nie richtig verlieben könnte. Und damit meine ich so richtig und so wirklich völlig ohne Einschränkung und ohne Zweifel. Das genieße ich nämlich sehr.

» Haudegen » Beiträge: 391 » Talkpoints: 6,91 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Du gehst hier mit deinem Urteil evtl. deutlich zu weit. Schon deshalb nicht wirklich verständlich, weil du selbst schreibst, dass du dich "wohl nicht verlieben" könntest. Schon einmal daran gedacht, dass gemeinhin dieses "Verlieben" überhöht dargestellt wird? Durch die "vorgaben" (durch Literatur, Kunst, Film), wie es sein muss verliebt zu sein, ergeben sich vielleicht gewisse Erwartungen, die schlicht jenseits des realistischen sind. Weil aber entsprechende Erwartungen vorhanden sind, reden sich manche eben mehr ein, als real vorhanden ist! Es ist undenkbar, dass es "fundamentale" Dinge gibt, welche stören - die aber durch die "rosarote Brille" nicht gesehen werden. Viel mehr kann der Wille zu stark sein, sich an einem Gedanken (der Verliebtheit) festklammern zu wollen und gewisse Tatsachen schön zu reden oder zu ignorieren.

So wie du das beschreibst sehe ich nichts, was "außergewöhnlich" ist. Der Wunsch z.B. nach einem "schönen" Menschen ist sogar einer, der wohl bei 99% der Suchenden vorhanden ist. Alles andere klingt sehr "normal" und nach Alltag. Wüsste auch nicht, wie man darauf kommt, ein Dauerverliebtsein herstellen zu können. Kennt man den Partner und ist nicht mehr nervös aus Angst vor Ablehnung, fehlt auch "das Kribbeln" im Bauch. Und irgendwann ist der Partner Teil des Lebens - und dazu gehören auch Disharmonieren. Wer das nicht einsieht, macht sich was vor.

Was ich dir nicht abnehme, ist die fehlende Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. Hier aber scheint es sich ja sowieso eher um ein Missverständnis zu handeln. Es ist kein "Kompromiss", wenn du Dinge/Eigenarten/Eigenschaften ertragen musst. Stört etwas so sehr, dass es in Leiden geht, dann ist das nicht über einen "Kompromiss" zu lösen. Wenn du hingegen einen Partner "lieben" kannst, auch wenn der z.B. im Gegensatz zu dir keinen Fisch essen mag (oder im Gegensatz zu dir sehr gerne Fisch isst), dann ist das ein realitätsnaher, vernünftiger und tragbarer "Kompromiss".

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Für mich liest es sich immer mehr als würdest du krampfhaft eine Beziehung suchen und dann eben auch zu hohe Erwartungen an diese zu stellen. Bei dir muss scheinbar alles perfekt sein. Abgesehen davon müssen ja nicht immer Schmetterlinge im Bauch sein und Hormone kreisen, aber bei mir ist es beispielsweise so.

Gerade am Anfang meiner Beziehung war ich schon sehr hormongesteuert und ziemlich neben mir, was ich aber auch sehr gut fand. Ohne das Ganze könnte ich mir das eigentlich nicht vorstellen. Meinem Partner ging es da auch nicht anders. So etwas muss man natürlich nicht haben und sicherlich stellt es auch die Gesellschaft immer schlimm dar, dass man das alles haben muss aber so ist es nicht.

Diese starke hormonelle Phase lässt natürlich nach der Zeit nach, aber verliebt bin ich dennoch nach fast 6 Jahren immer noch. Es ist auch so, dass ich beim Küssen immer noch ein Kribbeln im Bauch habe und das ist doch ein schönes Gefühl. Dennoch kann ich Entscheidungen klar treffen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich verstehe nicht ganz, woher du die Kriterien nimmst, die für dich "richtiges" Verliebtsein definieren, wenn du doch laut eigener Aussage selbst nie verliebt bist? An der Darstellung von Verliebtheit in diversen Medien würde ich mich nämlich gar nicht orientieren. Wenn man danach geht, waren wohl die wenigsten Menschen so richtig verliebt mit Schmetterlingen im Bauch und dem ganzen Theater. Man schaut ja keine Liebesfilme und liest romantische Bücher, um eine rationale Darstellung einer sich anbahnenden Beziehung zu bekommen, sondern weil man rosa Herzchen, Hormone, aufbrandende Fanfaren und tränenreiche Bekenntnisse unter dem Sternenhimmel will.

Im wirklichen Leben ist zumindest meiner Erfahrung nach auch das Verliebtsein weniger spektakulär als in Hollywood, weil man ja immer noch Rechnungen bezahlen und das Katzenklo sauber machen muss. Und wenn man hohe Ansprüche an das eigene Gefühlsleben stellt, ergibt sich daraus schon die Frage, ob man wirklich verliebt ist, wenn man nicht pausenlos neben sich steht. Ich finde schon.

Auch ästhetische Ansprüche haben viele Leute, wenn es um die Liebe geht, weswegen ich die Vorstellung, der Traumpartner müsse auch etwas fürs Auge bieten, nicht als Ausschlusskriterium für "richtiges"Verliebtsein ansehen würde. Natürlich kann einen auch der Charakter, der Charme oder die Persönlichkeit einer Person so umhauen, dass man darüber hinweg sieht, dass man eigentlich nicht auf Blondinen, oder Männer unter 1,80m Körpergröße steht. Aber ebenso gut kann man sich von den schönen blauen Augen einer Person bezaubern lassen. Geht alles.

In meiner langjährigen Beziehung ist am Anfang auch kein richtiger Funke übergesprungen, der meine Welt aus den Angeln gehoben, meine Lenden entflammt und mich in einen Taumel widerstreitender Gefühle gestürzt hat, während meine Hormone jodelnd Schlitten gefahren sind. Es war eher so ein Gefühl im Sinne von: Der Typ ist ganz nett, den könnte ich glatt behalten. Deshalb bin ich aus meiner persönlichen Erfahrung heraus der Meinung, dass es viele Formen der Verliebtheit gibt, die nicht zwangsläufig alle auf das große Hormon-Drama hinauslaufen, welches uns die Medien suggerieren.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich würde es absolut nicht als Vorteil ansehen, sich nicht richtig verlieben zu können. Stattdessen stelle ich mir das einfach nur schrecklich vor und ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie es wäre, wenn ich noch nie in meinem Leben so richtig verliebt gewesen wäre. Das fände ich schlimm. Immerhin ist es doch eines der schönsten Gefühle überhaupt, so richtig bis über beide Ohren verliebt zu sein und ich kann mir auch kaum etwas Schöneres vorstellen. Wenn man so richtig verliebt in jemanden ist, dann hat man Schmetterlinge im Bauch und wacht mit einem Lächeln auf. Man ist einfach überglücklich und würde am liebsten die ganze Welt umarmen wollen und man fühlt sich einfach gut. Auf dieses Gefühl würde ich auf keinen Fall verzichten wollen und ich bin mir sicher, dass man im Leben etwas verpasst, wenn man noch nie so richtig verliebt war.

Nur weil man sehr verliebt in jemanden ist, dann muss das ja auch noch lange nicht heißen, dass man deshalb alles mit sich machen lässt und dem Partner alles verzeiht. Auch wenn man vielleicht eher Kompromisse eingeht, als wenn man nicht verliebt ist, lässt man dem Partner auch nicht alles durchgehen. Sicherlich hat man manchmal auch eine rosarote Brille an, so dass man alles nicht mehr so klar sieht, wobei man damit im Endeffekt ja trotzdem glücklich ist. Von daher kann man das auch nicht gleich als Nachteil darstellen.

Wenn man richtig verliebt ist, ist man ja auch nicht gleich wie auf Drogen und von daher ist es doch nicht so, dass man generell das tut, was man nicht tun würde, wenn man nicht verliebt wäre. Es ist nicht so, dass man alles macht, was der Partner von einem möchte und man kann doch trotzdem auch das machen, was man selbst will und sich auf diese Weise mit dem Partner einigen.

Ich finde es ganz wichtig, dass man verliebt in den Partner ist. Wenn man das Leben mit jemandem für immer teilen möchte, dann muss man sich doch so richtig angezogen von der Person fühlen. ich könnte es mir daher niemals vorstellen, mit einem Mann zusammen zu sein, in den ich nicht verliebt wäre. Immerhin möchte ich nicht aus dem Grund mit jemandem zusammen sein, weil ich jemanden an meiner Seite brauche. Stattdessen möchte ich mit jemandem zusammen sein, weil ich verliebt in ihn bin und wenn dieses Gefühl nicht vorhanden ist, dann passt es für mich auch nicht.

Gefühle sind mir in dieser Hinsicht extrem wichtig und ich hätte dann ausschließlich ein freundschaftliches Gefühl für einen Mann, wenn ich nicht verliebt wäre. So könnte ich mir jedoch einfach keine dauerhafte Beziehung vorstellen. Immerhin sollte doch die Liebe an erster Stelle stehen.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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