Vorteile durch kalte Progression abschaffen?
Derzeit wird ja mal wieder ganz heiß diskutiert ob die kalte Progression nicht abgeschafft werden sollte. Allen voran Sigmar Gabriel hat dieses Thema wieder auf den Tisch gebracht. Bei der kalten Progression spricht man von dem Effekt, dass durch Lohnzuwächse die Einkommenssteuer steigt und bei ausreichend hoher Inflation real gesehen am Ende weniger Geld netto über bleibt.
Bis heute aber habe ich nicht verstanden, wie genau man die kalte Progression abschaffen will oder kann. Im Grunde ist dieser Effekt ja nicht durch eine Steuersenkung steuerbar. Viel eher ist das doch ein statistischer Effekt. Man verdient ja netto nie weniger, wenn der Lohn erhöht wird. Durch das progressive Steuersystem mag es zwar richtig sein, dass man bei jeder Lohnerhöhung mehr Steuern zahlen muss als vorher und vorallem die Erhöhung höher besteuert wird, aber deswegen bleibt ja am Ende netto dennoch mehr über, als hätte man keine Lohnerhöhung bekommen.
Das Problem ist doch vielmehr, dass durch die Inflation das Geld jedes Jahr weniger Wert wird. Das passiert einem aber doch auch ohne Lohnerhöhung, nur dass der Reallohn dann noch niedriger wäre. Man hat doch daher also nicht weniger Geld in der Tasche, weil man durch den Staat höher besteuert wird, sondern weil die Inflation zuschlägt.
Wie also will man diese kalte Progression durch eine Steueränderung abschaffen? Selbst wenn man die Einkommenssteuern senkt, bleibt das Problem doch genau das gleiche, nur dass man auf einem niedrigeren Steuerlevel als vorher anfängt. Im Grunde müsste man da ja das ganze Steuersystem völlig auf den Kopf stellen und feste Steuersätze einführen. Es müsste also eigentlich einen einheitlichen Steuersatz für alle geben, der sich nie ändert.
Ist das ganze Gerede also alles nur heiße Luft oder glaubt ihr, dass sich hier wirklich etwas ändert?
Hier mal ein fiktives Beispiel um die kalte Progression kurz zu veranschaulichen. Eine Person bekommt 2000 Euro brutto pro Monat, wir sagen einfach das entspricht 1500 Euro netto. Nun bekommt diese Person eine Lohnerhöhung um 200 Euro, folglich steigt das monatliche Einkommen auf 2200 Euro brutto. Durch diese Lohnerhöhung rutscht der Arbeitnehmer in eine höhere Steuerklasse, was zur Folge hat dass die zu leistenden Abgaben steigen.
Somit hat diese Person zum Beispiel mit einmal nur noch 1400 Euro netto, denn die gestiegenen Abgaben sind ja wie bereits genannt höher als vor der Gehaltssteigerung. Diesen Vorgang bezeichnet man als kalte Progression und hat erst einmal nichts mit Inflation zu tun.
Was jetzt die Steuerklasse mit der Höhe des Einkommens zu tun haben soll, verstehe ich nicht. Bisher richtet sich die Steuerklasse lediglich nach Familienstand und Anzahl der Einkommen des Erwerbstätigen oder der Erwerbstätigen innerhalb einer Familie.
Das stimmt, Steuerklasse ist nicht das richtige Wort. Wonach sich genau die Steuerklasse richtet wäre ja ein ganz anderes Thema.
Es ist natürlich die Höhe der zu leistenden Abgabe gemeint, welche sich am Einkommen bemisst. Leider ist mir der richtige Begriff dafür nicht bekannt. Das von mir in der ersten Antwort genannte Beispiel verdeutlicht trotz diesen Wortfehlers die kalte Progression.
Zunächst einmal kann man durch Lohnerhöhung nicht in eine andere Steuerklasse rutschen. Die wird durch Merkmale wie Familienstand und Anzahl der Einkommen festgelegt, bleibt also bei einer Lohnerhöhung gleich.
Aber auch der Rest deines Beitrages ist so nicht richtig. Durch eine Lohnerhöhung hat man eben nicht weniger Geld netto über als davor. Was richtig ist, ist dass der Abgabenteil stärker steigt, weil die Lohnsteuer progressiv zunimmt. Du zahlst also auf deine Lohnerhöhung einen durchschnittlich höheren Einkommenssteuersatz als auf deinen ursprünglichen Lohn.
Um hier bei deinem fiktiven Beispiel zu bleiben. Der durchschnittliche Single-Arbeitnehmer, der nicht in der Kirche ist bekommt bei 2.000 Euro Bruttolohn ca. 1.371 Euro netto heraus. Nun bekommt er eine Lohnerhöhung. Steigert sich sein Lohn auf 2.100 Euro brutto, hat er netto nun 1.427 Euro netto, also von 100 Euro brutto sind bei ihm dann 56 Euro netto mehr angekommen. Würde eine Lohnerhöhung um 200 Euro bekommen, blieben bei 2.200 Euro brutto am Ende 1.482 Euro netto über, also 111 Euro mehr.
Rechnet man das nun prozentual um dann hat er bei der kleinen Erhöhung netto 56 Prozent ausgezahlt bekommen, bei der großen Erhöhung aber "nur" 55,5 Prozent, weil er darauf eine höhere Lohnsteuer zahlen muss. Unterm Strich hat er aber bei jeder Erhöhung netto immer mehr über als vor der Lohnerhöhung. Die reine progressive Lohnsteuerberechnung kann deine Lohnerhöhung aber nie ganz auffressen, da es ja den Spitzensteuersatz von 42 Prozent gibt, dazu dann noch die restlichen Sozialabgaben, die aber wiederum auch irgendwann gedeckelt sind. Summasummarum erreicht man damit aber niemals 100% Abgabenlast. Es bleibt also immer etwas von jedem Euro über den man mehr verdient.
Problematisch wird es eben erst dann wenn die Inflation ins Spiel kommt. Denn dann verliert das Geld an Wert. Das trifft aber nicht nur deine Lohnerhöhung, sondern dein gesamtes Einkommen. Bei einer Inflationsrate von 1%, verlierst du also gerundet bei einem Monatseinkommen von 2.000 Euro Brutto mit netto 1.371 Euro jeden Monat fast 14 Euro, da du diese Summe zusätzlich aufwenden musst um deinen Lebensstandard auf genau dem gleichen Niveau zu halten (ist etwas vereinfacht). Kriegst du jetzt eine Lohnerhöhung von vielleicht 14 Euro kannst du die Inflation nicht gänzlich ausgleichen, da du ja nun mehr Steuern bezahlst.
Aber genau hier ergibt sich ja das eigentliche Problem. Was nutzt mit eine Steuerreform oder die Senkung von Steuersätzen, wenn die Politik die Inflation nicht beeinflussen kann. Und genau das kann sie nun mal nicht, da dies in der Eurozone der EZB zufällt. Was also will man uns da als Wundermittel verkaufen?
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