Als bedürftiger Mensch alles annehmen - Wie seht ihr das?

Ich denke auch, dass man nicht alles annehmen muss, auch wenn man vielleicht nicht ganz so viel Geld zur Verfügung hat wie andere Familien. In diesem Zusammenhang würde es mich auch interessieren, ob das Pärchen das Kleidungspaket zuvor schon gesehen hat, bevor es die Freundin an geschleppt hat. Sollte das nämlich nicht der Fall sein, finde ich dreißig Euro immer noch viel Geld. Zudem finde ich es auch etwas dreist von der Freundin, dass sie erwartet, dass das Pärchen dankbar für die Babykleidung ist, wenn sie einfach so etwas anschleppt, ohne dass die Familie ihr okay für so eine Aktion gegeben hat.

Ich würde vermutlich auch ablehnen, wenn ich die Kleidung noch nie zuvor gesehen habe, denn ich möchte schließlich vor dem Kauf sehen, was ich kaufe. Wenn ich ein solches Kleidungspaket geschenkt bekommen würde, wäre das etwas anderes. Dann könnte man das aussuchen, was man gebrauchen kann und das andere getrost wegwerfen. So aber hat man für das komplette Paket bezahlt und wirft dann vielleicht etwas weg, was eben auch Geld gekostet hat.

Die Freundin hätte ja auch den Preis verhandeln können und dann noch einmal kurz mit dem Pärchen Rücksprache halten, was sie von den Kleidungsstücken halten, bevor sie der anderen Freundin zusagt und dann eben vielleicht auch auf den Kleidungsstücken sitzen bleibt, denn man kann von niemandem erwarten, dass er alles annimmt, was er vor die Nase gesetzt bekommt, zumal es halt immer noch 30 Euro waren, die zu bezahlen gewesen wären.

Meiner Meinung nach wird jemand, der entsprechend bedürftig ist, wohl selten etwas ablehnen, das er unbedingt benötigt, auch dann nicht, wenn es ihm eigentlich nicht gefällt. Als ich selbst vor einigen Jahren bedürftig war, habe ich jedenfalls große Abstriche gemacht, wenn es darum ging, ob mir etwas gefällt, weil wichtiger war, dass ich überhaupt darüber verfügen kann. Dennoch bin ich aber der Meinung, dass man einem Menschen das Recht zur Entscheidung für oder gegen etwas durchaus lassen muss, zumal ich es schon beinahe entwürdigend finde, dass diese Freundin dieses Paares deren Verhalten als undankbar aufgenommen hat, nur, weil sie etwas abgelehnt haben. Vielleicht greift es auch schlichtweg den Stolz der beiden an, wenn sie solche Hilfestellungen annehmen sollen und möglicherweise meinen sie auch - nicht unbedingt zu Unrecht -, dass sie auch ohne solche Hilfestellungen auskommen können. Ich finde da eher das Verhalten der gemeinsamen Freundin anmaßend, die eine Dankbarkeit für ihre offenbar nicht angefragte Hilfeleistung erwartet hat.

Eine Zeit lang habe ich auch mal selbst einen Menschen unterstützt, der bedürftig war und dem es an allem möglichen gemangelt hat. Es gab nur für eines von drei Kindern ein Bett, es fehlten Möbel und Teppiche, Lampen in der Wohnung und all solche meiner Meinung nach grundlegenden Dinge. Ich habe damals also meine Hilfe angeboten und auch auf eigene Faust von meinem eigenen Geld einige Dinge beschafft und das andere zusammengesucht, bei Freunden und Familienmitgliedern herumgefragt, was diese noch übrig haben und einiges zusammengetragen. Allerdings wäre es für mich definitiv in Ordnung gegangen, wenn mein Hilfeempfänger gesagt hätte, dass er irgendetwas nicht annehmen möchte und ich denke, dass dabei auch der Grund nicht entscheidend ist, warum er das nicht annehmen will.

Es sollte tatsächlich jedem selbst überlassen bleiben, was er annehmen möchte und was nicht, und ich denke auch, dass der Hilfeleistende das gar nicht unbedingt nachvollziehen können muss. Wenn meine eigene Einstellung in dieser Hinsicht einfach anders lautet und ich so ziemlich alles annehmen würde, was ich benötige, dann ist das genauso meine eigene Einstellung und Entscheidung wie eben die eines anderen Menschen, der nicht wirklich alles annehmen will.

Ich finde nicht, dass man auch immer gleich alles dankend annehmen muss, nur weil man nicht so viel Geld zur Verfügung hat. Auch wenn man knapp bei Kasse ist, dann hat man ja trotzdem noch Bedürfnisse und gewisse Ansprüche, die erfüllt werden sollten. Jeder Mensch hat ja gewisse Bedürfnisse und ich denke nicht, dass man diese einfach völlig ignorieren kann, nur weil man nicht gerade viel Geld hat. Trotzdem wünscht man sich dann vielleicht besonders schöne Kleidung für sein Kind und vielleicht ist man dann sogar bereit dazu. In anderen Bereichen des Lebens noch ein wenig mehr zurückzustecken, wenn man seinem Baby dafür neue Kleidung kaufen kann, die man sich auch selbst ausgesucht hat. Das kann ich voll und ganz verstehen und gerade dann, wenn es sich um das erste Kind handelt, dann möchte man das ja auch als etwas Besonderes erleben. Von daher kann ich es gut nachvollziehen, dass die Eltern sich dann lieber selbst weniger kaufen, um dafür mehr Geld für neue Kleidung für das Kind haben zu können.

Ich finde es wirklich schade, wenn jemand gleich als undankbar bezeichnet wird, nur weil er nicht gleich jeden Ramsch annehmen will. Mir weil man nicht so viel Geld zur Verfügung hat, bedeutet das ja nicht gleich automatisch, dass man sich einfach mit allem zufrieden geben muss, was man bekommt. Stattdessen hat man doch dennoch Ansprüche. Dabei weiß man ja auch nicht, wie die Kleidung in deinem Beispiel ausgesehen hat. Wenn es sich jedoch um nicht besonders schöne Kleidung gehandelt hat, die vielleicht sogar Glocken oder Löcher hat, dann kann ich es jedoch gut nachvollziehen, dass die Familie das Geld nicht dafür ausgeben wollte. Dreißig Euro ist ja auch wieder nicht so wenig und für das Geld bekommt man in günstigen Geschäften auch einige Teile, die dann dafür auch neu ist.

Sicherlich sollte man nicht allzu wählerisch sein, wenn jemand einem seine Hilfe anbietet und wenn man ohnehin nicht viel Geld hat. Ich denke, dass man in so einem Fall auf jeden Fall auf Hilfe zurückgreifen sollte, wenn sie einem angeboten wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass man wahllos alles annehmen muss, was einem angeboten wird, nur weil es günstig ist. Ein wenig sollte man sich doch aussuchen dürfen, was man kaufen möchte und gerade beim ersten Kind möchte man ja auch schöne Sachen haben.