Elternarbeit als Kontrollmittel

vom 22.06.2014, 01:20 Uhr

Die Nichte meiner Arbeitskollegin besucht die vierte Klasse einer Grundschule vor Ort. Nächste Woche soll eine Abschlussfahrt gemacht werden und die Klasse fährt für vier Tage in eine kleine Ortschaft, die mit dem Auto maximal eine Stunde vom Wohnort entfernt ist. Die Kinder freuen sich generell schon sehr lange auf diese Abschlussfahrt, denn das Schuljahr wird bald vorüber sein und die Kinder werden dann alle die Schule wechseln und der gemeinsame Lebensabschnitt wird beendet sein.

Nun besucht die Nichte meiner Arbeitskollegin eine Grundschule, die recht viel über Elternarbeit macht. Ganze Schulfeste werden nur durch Elternarbeit möglich gemacht. Die Eltern backen zu jeder Gelegenheit und streichen auch mal Klassenzimmer oder verschönern den Schulhof. Nun meinte die Klassenlehrerin der Nichte meiner Arbeitskollegin, da die Eltern der Klasse ja immer so aktiv sein, sollen sie doch für die Fahrt der Kinder Reiseproviant zusammen stellen. Außerdem ist am zweiten Abend der Klasse im Schullandheim eine kleine Grillparty geplant und die Eltern sollen doch bitte auch kommen und das Grillen übernehmen und Salate und ähnliches mitbringen.

Die Nichte meiner Arbeitskollegin hat sich nun bei ihrer Patentante ausgeheult. Das Mädchen meint, sie findet es doof, dass ihre Eltern ständig mit dabei sind und fühlt sich kontrolliert. Meine Arbeitskollegin, die Patentante des Mädchens, hat daraufhin mal ihre Schwägerin angesprochen und ihr vom Leid das Mädchens geschildert.

Die Schwägerin meiner Arbeitskollegin berichtete nun, dass sie die Elternarbeit die diese Grundschule von ihnen als Eltern fordert, ihr an sich auch zu viel ist. Nicht von der Arbeit her, sondern von der Art der Arbeit her. Sie hätte es auch gerne gesehen, wenn ihre Tochter mal alleine im Klassenverbund was unternommen hätte. Aber die Klassenlehrerin habe immer wieder die Eltern dazu aufgefordert, auch an Veranstaltungen teilzunehmen. Die Schwägerin meiner Arbeitskollegin hat wohl auch mehrfach versucht, das bei Elternabenden zu thematisieren. Die anderen Eltern aber finden es toll, dass sie überall mit dabei sind.

Die Schwägerin meiner Arbeitskollegin kann die anderen Eltern da nicht verstehen. Nachdem diese aber mehrfach haben raus klingen lassen, sie sei um ihr Kind eben nicht besorgt, hat sie sich eben gefügt. Allerdings stört es sie massiv, dass die Lehrerin bei Veranstaltungen aller Art davon ausgeht, die Eltern sind ja da und sie braucht sich um die Aufsicht nicht zu kümmern. Stellen die Kinder in dem Rahmen was an, wird gleich der anwesende Elternteil angesprochen, warum man denn nicht besser auf das Kind aufgepasst hat.

Die Schwägerin meiner Arbeitskollegin hat mittlerweile die Befürchtung, die Elternarbeit wird nur eingefordert, damit die Eltern die Kinder eben in der Zeit kontrollieren können. Die Elternarbeit, die von der Klassenlehrerin oft als die Eltern sollen am Leben der Kinder teilhaben angepriesen wird, sieht die Schwägerin meiner Arbeitskollegin nur noch als Kontrollmittel.

Meine Arbeitskollegin meint, da kann sie nun nichts für ihr Patenkind machen. Fährt die Mutter nämlich nicht mit, endet das in Vorwürfen. Aber wie kann man sich davor schützen, dass Elternarbeit als Kontrollmittel missbraucht wird? Nein sagen hat die Mutter des Patenkindes meiner Arbeitskollegin ja bereits versucht, was von anderen Eltern abgewiegelt wurde. Kennt ihr es auch, dass Elternarbeit zum Kontrollmittel wird und die Lehrkörper die Verantwortung so auf die Eltern abwälzen?

» Fugasi » Beiträge: 1877 » Talkpoints: 1,33 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Nun ich persönlich kenne es nicht, dass die Eltern dazu aufgefordert werden, an diversen Veranstaltungen teilzunehmen und auch eine Art von Verantwortung mitzutragen. Es ist natürlich schön, wenn die Eltern an Veranstaltungen ab und an Mal teilnehmen, aber, wenn die Eltern ständig teilnehmen müssen und das Kind auch nicht Mal alleine an irgendeiner Schulveranstaltung teilnehmen kann. Kann ich schon verstehen, dass das Mädchen traurig darüber ist.

Ich kann nicht ganz verstehen, weshalb den Eltern Vorwürfe gemacht werden sollen, wenn sie mal nicht an einer Veranstaltung teilnehmen. Man hat als Elternteil doch auch nicht immer Zeit, wenn eine schulische Veranstaltung anliegt. Auch wenn die Eltern ansonsten sehr angagiert an den Unternehmungen teilnehmen, finde ich, dass die Verantwortung und die Planung, der Veranstaltung bei den Lehrern liegt und auch liegen sollte. Die Eltern sind in solchen Situationen doch nur zum Helfen und Unterstützen da und die Lehrkräfte für die ganze Situation und Verantwortung. Und die Lehrkräfte können die Verantwortung doch nicht einfach so übertragen, dass geht natürlich nicht.

Ich denke, dass die Eltern sich auch mal durchsetzen sollten. Auch, wenn es sich nun um das letzte Schuljahr von dem Kind handelt und, es sich anscheinend auch um die letzte Unternehmung handelt. Eigentlich, weil es sich auch um die letzte Unternehmung handelt, sollen die Eltern ihr Kind doch einmal gewähren lassen und einmal die Hilfe absagen. Auch, wenn es Vorwürfe hageln sollte, sollte man über diesen Dingen stehen und sich durchsetzen. Es kann doch nicht sein, dass so viel von den Eltern verlangt wird und den Lehrkräften damit die ganze Arbeit abgenommen wird.

Ich kann mir durchaus auch vorstellen, dass es für die Eltern und für das Kind lästig ist. Die Eltern finden es lästig, weil sie an Aktionen teilnehmen müssen, die sehr viel Zeit und Arbeit in Anspruch nehmen. Und das Kind findet es lästig, weil sie nie an schulischen Veranstaltungen teilnehmen kann, ohne, dass ihre Eltern dabei sind. Irgendwie hat das schon mit einer Art Kontrolle zu tun, die die Eltern unabsichtlich auf das Kind ausüben. Immer hin wollen die Eltern auch gerne mal Nein sagen, sodass das Kind alleine mitgehen kann, wobei dies anscheinend nicht geduldet wird, weshalb die Eltern eigentlich nichts dafürkönnen.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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