Wann sind Erwartungen in einer Beziehung angemessen?

Ich hatte ja hier in einem anderen Beitrag geschrieben, dass jemand, den ich kennengelernt hatte, scheinbar ab und an depressive Phasen hat. Wir waren mehr oder weniger zusammen oder sind das noch, wobei man jetzt vielleicht aufgrund der kurzen Zeit noch nicht so ganz von einer festen Beziehung sprechen könnte. Es ist ja auch nicht meine erste Beziehung, aber aufgrund der früheren Beziehungen habe ich schon versucht, einige Dinge, die mich in vorhergehenden Partnerschaften schon immer gestört haben, auszuschließen. Z.B. konnte ich das nie leiden, wenn Männer ständig mit ihren Kumpels einen trinken gehen oder irgendwelchen komischen Vereinen angehören, wo sie regelmäßig zu Vereinssitzungen etc. verschwinden. Ich mochte das auch nie, wenn Männer ständig weggehen wollen, weil ich keine Lust auf Party etc. habe und noch einige andere Dinge.

Das haben wir alles vorher abgeklopft, damit ich jemanden finde (wir haben uns online kennengelernt), der diesen Dingen möglichst entspricht und wir uns da möglichst ähneln usw. Auf der einen Seite weiß ich auch, dass man ohnehin nie jemanden findet, der wirklich in allen Punkten exakt so ist, wie man es will und es eher die Frage ist, wie sehr man übereinstimmt, aber diese Übereinstimmung nie vollkommen sein wird. Aber auf der anderen Seite stört es mich dann eben schon, dass er solche Phasen hat, in denen man mit ihm nichts anfangen kann. Das zieht mich nämlich auch mit runter und ich möchte lieber jemanden haben, der fröhlich und heiter ist, mit seinem Leben klarkommt und mich vielleicht mit seiner Heiterkeit auch ansteckt.

Zumindest soll doch die Partnerschaft das kleine I-Tüpfelchen sein, dass das Leben noch ein bisschen schöner macht und keine zusätzliche Last mit sich bringen, sodass man sich fragt, warum man überhaupt mit jemandem zusammen ist. Ich würde mich auch nicht an jeder Kleinigkeit stören. Ob mir etwa die Farbe seiner Socken oder sein Kleidungsstil gefallen, ist für mich weniger relevant, aber ich möchte schön, dass jemand eine gewisse Lebenslust ausstrahlt und sich auch um mich bemüht. Wer aber einfach nur schlaff herumliegt, bemüht sich ja nicht gerade. Zumindest will ich das Gefühl haben, dass ich jemandem wichtig bin, das fehlt mir in solchen Situationen schon sehr.

Ich frage mich, ob und welche Erwartungen in einer Beziehung angemessen sind. Ich meine, man kann nicht immer alles verlangen, aber wenn man eben unzufrieden ist, weil die Erwartung nicht erfüllt wird, was ist denn dann? Muss man denn Dinge akzeptieren, die einen stören und unzufrieden machen? Sinn der Sache wäre es doch, in der Beziehung zufriedener zu sein als ohne. Ich überlege, ob ich das wieder sein lassen sollte und mir wen andres suchen sollte, weil mich das ganze unzufrieden macht.

Sind jetzt meine Erwartungen überzogen oder sollte man schon darauf hören, wenn einem ein Gefühl die Unzufriedenheit signalisiert?

Ich habe immer auf meine Gefühle vertraut und wenn diese mir signalisiert haben, dass es auf Dauer keinen Sinn mehr macht, oder ich immer unzufriedener bin, dann habe ich mich ganz klar von der Situation gelöst. Ich bereue bisher auch keine meiner Entscheidungen.

So wie du schreibst, klingt es für mich, als wolltest du nur noch die Bestätigung von außen, dass es in Ordnung ist dich zu trennen. Für mich macht es den Eindruck, dass du dir im Grunde genommen, schon längst sicher bist, dass du diese Beziehung so nicht möchtest und es dich einfach nur nervt. Du kommst eben nicht mit seiner Depression zurecht und ich finde, dass musst du auch nicht.

Du brauchst dir auch keinerlei Vorwürfe machen, dass du ihn allein lässt mit seiner Depression. Es ist meiner Meinung nach unsinnig, etwas aufrecht zu erhalten, was einen selbst nicht glücklich macht. Und dieser Zustand wird sich in deinem Fall auch nicht ändern, sondern eher verschlechtern, wenn du weiterhin daran festhältst.

Aktiviere deinen natürlichen Selbstschutz und höre ruhig auf dein Gefühl. Ziehe dich aus der Beziehung zurück.

Ich bin ganz klar der Meinung, dass du dich trennen solltest, weil du mit seiner Erkrankung nicht klarkommst. Du hast in einem anderen Beitrag geschrieben, dass du damit auch beruflich zu tun hast, aber eben auch, dass du damit privat nichts zu tun haben willst. Ich sehe das anders, aber das muss ja jeder selber entscheiden. Ans Herz legen kann ich dir aber nur eines, mach Schluss, wenn du dich nicht wohlfühlst. Ich denke, dass du hier lesen willst, dass das was du schon längst entschieden hast in Ordnung geht, das es anerkannt wird. Du musst aber selber entscheiden, was du von einer Beziehung willst und wenn er dir nicht das geben kann, was du brauchst, musst du es beenden.

Eine Beziehung ist nicht immer etwas, was immer toll ist. Man hat auch schlechte Tage, zickt sich vielleicht an und immer kann eine Beziehung auch nichts Gutes sein. Manchmal hat man vielleicht Tage, an denen man sich nicht so gut versteht, bei dem man einen Partner mehr beistehen muss als an anderen Tagen. Kranke Menschen schließe ich bei einer Partnersuche generell nicht aus. Wenn jemand psychisch Probleme hat, ist das eben so, aber er hat auch gute Tage und die muss man dann eben nutzen.

Ich lese immer wieder, dass man sich anpassen muss, verändern muss und so weiter. Das ist nicht in jeder Beziehung der Fall. Ich finde es auch wichtig, dass man sich für einen Partner nicht verändert. Man muss so sein, wie man ist und der andere muss damit leben lernen und wenn er das nicht kann, dann ist er nicht der Richtige. Wenn sich jemand verändern oder anpassen muss kann er ja nicht glücklich werden. Es gibt übrigens auch Partner, die so sind wie man selber und die keine Belastung, sondern eine Bereicherung darstellen. Mein Partner ist mir beispielsweise sehr ähnlich und kann mich auch sehr gut verstehen.

Um es mit den Worten eines sehr weisen Menschen zu sagen, dessen Name ich nicht weiß: Man sucht sich einen Partner um Probleme zu lösen, die man ohne ihn nicht hätte. Das heißt, dass es immer Reibereien in einer Beziehung geben kann/wird/muss. Eine perfekt anmutende Beziehung ist meist ein Zeichen dafür, dass man nicht miteinander redet.

Das kenne ich aus meiner eigenen Beziehung. Mein Freund ist ein absoluter Faulpelz, der gerne auf der Couch oder im Sessel sitzt und zockt, anstatt etwas mit mir zu unternehmen. Natürlich erwarte ich, dass er Zeit mit mir verbringt, aber anders herum erwartet er auch, dass ich seine Eigenarten akzeptiere. Wir haben dieses Problem gelöst, indem wir einfach mal darüber geredet haben. Er hat mir zugesagt, mehr Zeit mit mir und meinen Interessen zu verbringen, wenn ich dafür hin und wieder keine Zeit mit ihm verbringe, damit er seinen Interessen (Singleplayer-Games) nachgehen kann.

Du musst selbst wissen, ob du deinen jetzigen Freund verlässt, weil dir seine Art nicht passt, oder ob du ihn nicht einfach mal darauf ansprichst und versuchst das zu klären.

Man sollte immer Erwartungen an eine Beziehung haben. Ansonsten braucht man nämlich erst gar keine Beziehung anfangen. Als ich meinen Mann kennengelernt habe, wusste ich sehr schnell, dass er einen Beruf hat, der eben von Frühjahr bis Herbst oft Überstunden bringt. Das heißt, dass ich meinen Mann nur morgens und abends kurz zu sehen bekomme. Was dann wieder bedeutet, dass man kaum Zeit hat um wichtige Dinge ausführlich zu bereden.

Da habe ich lange überlegt, welche Erwartungen ich an eine gemeinsame Zukunft habe und ob ich eben der Situation gewachsen bin, dass ich trotz Partner sehr oft allein sein werde. Im Gegenzug war mir da aber auch bewusst, dass er meinen Job ernst nimmt, auch wenn ich dann mal abends noch an einem Text sitze oder gar Termine habe.

Allerdings finde ich es persönlich nicht gut, wenn man nur auf gemeinsame Interessen schaut. Es ist in einer Beziehung sehr wichtig, dass beide Partner ihre Freiräume haben. Und wenn das eben einmal im Monat eine Vereinsversammlung ist, dann sollte das eine Beziehung bereichern und kein Ausschlusskriterium sein.