Steuererhöhungen - man glaubt es nicht ...
Wie inzwischen auch dem unaufmerksamsten Zeitgenossen klar geworden sein sollte, ist mit Hilfe eines Taschenspielertricks die ehemalige Bankenkrise inzwischen zu einer Schuldenkrise von einzelnen Staaten umgemünzt worden. Die Schulden und die Haftungssituation wurden nun auf die Steuerzahler abgewälzt und man macht uns weiß, Sparen wäre das Gebot der Stunde und überhaupt die einzige Möglichkeit, aus den Schulden herauszuwachsen. Nun kommt aber auch der dümmste Zeitgenosse mal auf die Idee, dass man, statt an seinen Ausgaben zu schrauben, auch mal schauen könnte, seine Einnahmeseite zu verbessern. So könnte ein Staat z. B. Steuern erhöhen. Und warum auch nicht? Schauen wir nur auf die Einkommensteuer in Deutschland. Der Spitzensteuersatz ist so niedrig wie nie. 53/56 % waren früher normal. Heute sind es 42 Prozent. Und wer alle Ausnahmen geltend macht, zahlt knapp über 30 Prozent. Von anderen Steuerarten mal ganz zu schweigen. Das ist nicht nur bei uns so. Inzwischen "beschweren" sich Reiche öffentlichkeitswirksam, mehr Steuern zahlen zu wollen. Hier hat in den letzten Jahren eine gigantische Umverteilung stattgefunden. Staaten hungern aus und werden trotzdem als gefräßig dargestellt. Und wie meldete gerade wieder die Bundesbank? Der Bestand an Geldvermögen privater Haushalte beträgt unfassbare 4824 Milliarden Euro! So viel, wie noch nie. Nur ist dieses Vermögen unglaublich ungleich verteilt.
Wie auch immer, es gab in letzter Zeit auch (außer in Deutschland) erste Stimmen, die forderten, Steuern rauf für Reiche. Wie ich finde, ein legitimes Ansinnen, in einer absoluten Krisensituation, die auch dadurch entstanden ist, dass genau die Reichen von der Umverteilung der letzten Jahre profitiert haben. Und zwar als einzige. Die Franzosen haben den Anfang gemacht und mit viel Tamtam eine (zeitlich begrenzte) Sonderabgabe von 3% für Arbeits- und Kapitaleinkommen von über 500 000 Euro pro Jahr eingeführt. Toll, dachten alle, wenigstens ein Anfang. Man verspricht sich davon (lächerliche) Einnahmen von ca. 200 Mio. €, aber wenigstens etwas. Aber nun der Hohn an der Sache: Was dabei nämlich verschwiegen wurde, erst neulich gab es eine Reform der Steuern auf große Vermögen, die den Staat auf 2 Mrd. € verzichten lässt. D. h. erst entlastet man leise um einen großen Batzen, dann holt man sich mit großem Trara 10% davon zurück. Hallo Franzosen: Auf die Barrikaden! Ortswechsel: Italien. Geplant war eine Sonderabgabe für Reiche. Was macht Berlusconi? Er kippt die Sache. Dafür wird nun u. a. bei Rentnern gespart und die Anzahl der italienischen Parlamentarier soll halbiert werden.
Man glaubt es kaum. Man macht uns weis, wir stünden am Abgrund. In der Folge müsse man den Staat demontieren wo es nur geht, bis hin zu privatisierter Schlaglochflickerei. Gleichzeitig werden Reiche von der Politik, die sich durch Finanzinteressen erpressen lässt, begünstigt und dabei immer reicher. Die betteln vielerorts beschämt darum, doch endlich mal vernünftig besteuert zu werden und der Politik fällt nichts anderes mehr ein, als die, von denen sie gewählt wurden, kräftig zu verschaukeln. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir geht es längst wie Trappatoni: "Was erlaube? Ich habe fertig!"
Also ich muss sagen, dass ich deine Ansichten soweit eigentlich komplett teile, dass es nicht sein kann, dass die Geringverdiener alles erwirtschaften müssen und es den Reichen immer leichter gemacht wird, sich das Geld anzuhäufen. Allerdings verstehe ich deine Behauptung nicht, dass sich die Reichen sich "beschweren" würden, dass sie endlich wieder mehr Steuern zahlen wollen. Meines Wissens nach haben die doch sowieso alle mindestens ein Konto und ihren Hauptwohnsitz in der Schweiz oder wenn es ganz gut läuft in Monaco. Sollten sie also zu mehr Steuern auffordern, halte ich das eher für ein geschichtes Ablenkungsmanöver, da sie ihre Steuern sowieso nicht in dem Land bezahlen, in dem sie es erwirtschaften. Und die Firmen mit denen sie das Geld heranschaffen, sind zu 99% sowieso nicht mehr in Privatbesitz, d.h. sollte eine Firma aufgrund von Steuererhöhungen irgendwann nicht mehr profitabel genug sein, macht sich der Anteilseigner, Vorstandsvorsitzender o.Ä. mit einer dicken Abfindung aus dem Staub und setzt sich in einen der schönen Steuersparstaaten ab und lässt dann nur noch sein Geld für sich arbeiten.
Vielleicht sollte man das Problem anders angehen und nicht (nur) Steuererhöhungen auch für Reiche einführen, sondern vor allem den Steuertourismus deutlich eindämmen. Dort liegen meiner Meinung nach, die richtig dicken Fische. Aber was nutzt einem das ganze zusätzliche Geld, wenn es dann sowieso wieder von Bund und Ländern verschleudert wird. Egal ob es "nur" 200 Millionen oder 200 Milliarden Euro sind. Komischerweise schaffen es die Regierungen, an jedem Ort der Welt, Geld für irgendwelche sinnlosen Vorhaben mit Genuss auszugeben. Hinterher wird sich dann natürlich noch fein beschwert, dass man zu wenig Geld hat und dass wieder bei den Bürgern gespart werden muss. Auf den Gedanken zu kommen, bei sich selber anfangen zu sparen, kommt keiner von denen. Und warum ein Kommunalpolitiker einer 7er BMW als Dienstwagen fahren muss, wird mir wohl niemand so richtig erklären können. Und überschüssiges Geld in den Schuldenabbau zu investieren, anstatt irgendwelche komischen Projekte oder Dienstreisen aus dem Boden zu stampfen, das geht ja auf keinen Fall. Denn leider ist es so geworden, das man mit Schulden eben Geld verdient und es sie eigentlich "lohnt" Schulden zu haben. Das heißt also, bloß keine Steuererhöhungen, bloß kein Geld, sonst könnte man ja auf die Idee kommen, Schulden abzubauen.
Dass mehr Geld rein kommen soll ist ja ein guter Ansatz und sicherlich ist es auch nicht verkehrt, wenn man die Spitzenverdiener etwas mehr zur Kassen bitten würde. Gerade wenn man in diesen Tagen auch noch lesen muss, dass die etwas besser Verdienenden sagen, dass sie gerne mehr Steuern zahlen würden, komme ich mir auch etwas verhöhnt vor. Gerade dann, wenn die Herren und Damen Politier dann ganz dreist meinen, dass niemand daran gehindert würde freiwillig mehr zu bezahlen und mit dieser Bemerkung dann das Thema erledigt ist.
Aber wen wundert es denn, dass es heißt, dass eine Steuererhöhung für Spitzenverdiener keine Alternative sei. Diejenigen, die diese Entscheidung treffen könnten gehören eben genau dieser Gruppe mit an. Und warum sollte man denn wirklich etwas beschließen, was dazu führt, dass man am Ende weniger Geld auf dem Konto hat? Zumal man sich ja gerade erst die Diäten erhöht hat. Damit würde man sich ja wieder die eigene Leistung kaputt machen.
Allerdings sind es ja nicht nur die Einnahmen, auf die man einmal etwas genauer achten sollte. Auch die Ausgaben sind doch so ein Thema. Ständig gibt es wieder Berichte darüber, dass verschiedene Bauvorhaben vom Staat bezahlt oder zumindest finanziell in beträchtlicher Höhe unterstützt werden, die aber letztlich total sinnfrei sind. So habe ich vor einer Zeit davon gehört, dass ein Kanal für die Schifffahrt für mehrere Millionen gebaut werden sollte. Das Ende vom Lied ist aber, dass dieser für die meisten Schiffe gar nicht befahrbar sein wird und das Geld mehr oder weniger sinnlos versenkt wurde. Solche falsch kalkulierten Projekte sind ja aber leider kein Einzelfall, sodass immer wieder sehr große Beträge, für die der kleine Steuerzahler aufkommt, ausgegeben werden.
BrilleWilli hat geschrieben:Dass mehr Geld rein kommen soll ist ja ein guter Ansatz und sicherlich ist es auch nicht verkehrt, wenn man die Spitzenverdiener etwas mehr zur Kassen bitten würde.
Was heißt "guter Ansatz"? Es ist die andere Seite der Medaille und die ist genauso wichtig, wie die Ausgabenseite. Ich darf daran erinnern, dass noch zu Kohls Zeiten die Einnahmenquote (Einnahmen in Prozent des BIP) über 5 Prozentpunkte höher lag, als sie heute lag. Dann aber kam über die Jahre eine Reihe von Steuersenkungen, von der besonders Unternehmen und hohe Einkommen profitierten und die haben letztlich mit dazu geführt, dass die öffentlichen Haushalte in eine gewisse Schieflage geraden sind. Wobei man das gehörig relativieren muss, denn so dramatisch ist es nun wirklich nicht, zumal die Zinsen extrem tief liegen. Wären die Einnahmequoten heute, wie sie unter Kohl üblich waren, hätten wir heute (zumindest mit einem sehr groben Rechenmodell gerechnet) fast 900 Mrd. Euro mehr in der Kasse. So viel hätte sich seit Kohl angesammelt. Sogar während der Krise 2009/2010 hätten wir dann noch Überschüsse erzielt. Insgesamt hätte sich die Gesamtschuld deutlich verkürzt. Das grobe Modell käme dann auf eine Gesamtschuld von nur noch ca. 1100 Mrd. Euro, womit die Staatsschuldenquote bei weit unter 50% läge. Und auch zu Kohls Zeiten konnten wir alle halbwegs ordentlich überleben. Das ist die Folge von Steuersenkungen und nicht irgendwelcher Brücken oder Kanäle, die umsonst gebaut wurden.
BrilleWilli hat geschrieben:Allerdings sind es ja nicht nur die Einnahmen, auf die man einmal etwas genauer achten sollte. Auch die Ausgaben sind doch so ein Thema. Ständig gibt es wieder Berichte darüber, dass verschiedene Bauvorhaben vom Staat bezahlt oder zumindest finanziell in beträchtlicher Höhe unterstützt werden, die aber letztlich total sinnfrei sind.
Das kommt vor, aber doch nicht in so bedeutender Form, dass das maßgeblichen Einfluss auf die Schuldenquote hätte. Selbst diese Lobbyistentruppe mit Namen "Bund der Steuerzahler" müsste da lange kratzen. Wenn du meinst, das wären mehr als Einzelfälle, dann wäre eine ansatzweise Auflistung mal sinnvoll. Zudem vergisst du, dass die Ausgaben der einen Seite, auch die Einnahmen der anderen Seite sind, wovon wiederum ein Teil in Konsum und Investition gehen. Selbst ein Froschtunnel hat so noch einen volkswirtschaftlichen Nutzen.
Da kann man noch einiges mehr fordern. Eine Vermögensteuererhöhung wäre sicher nicht schlecht. Selbständige könnten einen Ersatz für die Gewerbesteuer erbringen. Eine Finanztransaktionssteuer wäre möglich. Eine Art Gesundheitssoli für Privatversicherte, die dann auch ein Herr Gysi zu zahlen hätte, wäre sehr nett.
Vor allem aber müsste die Steuerhinterziehung stärker bekämpft werden. Der Fall Uli Hoeneß hat doch gezeigt, wie wenig das Abkommen mit der Schweiz wirklich wert war und die Verzehnfachung der Summe im Prozess müsste eigentlich auch den gutgläubigsten Verteidiger dieses Abkommens wachgerüttelt haben wie ein Bombeneinschlag.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-169143.html
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung 1036mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Rubbelfeld · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung
- Palmen für die Wohnung 2995mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Dreddi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen für die Wohnung
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun? 1848mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: helgak62 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun?
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel? 1341mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Wawa666 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel?