Auf Reisen Tempelmüde, wie seht ihr das?
Hier Die ganze Welt bereisen - euer Traum oder Albtraum? hatte ich unter anderem geschrieben dass für mich einer der Gründe warum ich das nicht mag eine gewisse „Tempelmüdigkeit“ sei. Damit meinte ich dass ich nach einer gewissen Zeit vollkommen gesättigt von den vielen neuen Eindrücken bin und eine gewisse Zeit benötige um das alles zu verarbeiten. Die Tempelmüdigkeit würde ich jetzt auch einmal als Oberbegriff für alle Pyramiden und historische Stätten nehmen weil mir dazu kein adäquater anderer Begriff eingefallen ist.
Dazu muss ich sagen dass wir uns auch in der Regel extrem viel von den lokalen Sehenswürdigkeiten anschauen. Bei besonders attraktiven Gegenden hatten wir auch meistens eine Rundreise vor dem eigentlichen Erholungsurlaub gestellt, wir waren dann also auch immer mindestens 14 Tage im Land. So waren wir unter anderem mit einer Rundreise in Mexiko, Thailand und in Andalusien unterwegs. Auch wenn wir nicht an einer Rundreise teilnahmen dann sind wir mit den örtlichen Reiseveranstaltern zumindest in der ersten Woche des Urlaubsaufenthaltes fast jeden Tag unterwegs gewesen. In der zweiten Woche fiel das Interesse daran erfahrungsgemäß immer ab und ging nahe Null.
Ich kann mich noch sehr gut an unsere Rundreise in Thailand erinnern weil ich sie als besonders extrem einschätze was den Reiz aller Sinne betraf. Es ging immer sehr früh am Morgen mit dem Bus los quer durch die typischen Landschaften, meistens bis zum ersten Tempel. Die waren durchweg alle golden und mit viel Tand versehen und sie sahen für den durchschnittlichen Europäer alle gleich aus. Dazu kamen dann noch die Geräusche der Mönche und der Tempelglocken sowie der eigenartige Geruch. Das war eine Mischung aus Räucherstäbchen die überall und ständig brannten und exotischen Gewürzen sowie Abgasen von den vielen Tuktuks. Sicherlich war das alles auch interessant und schön, aber irgendwann hatte man einfach genug davon.
Ich kann mich noch an eine Begebenheit ziemlich zum Ende der Rundreise erinnern als unser Busfahrer einen weiteren Tempel ansteuerte und niemand aussteigen wollte. Der Reiseleiter wunderte sich zwar, sagte aber nichts. Für mich war das ein Zeichen dafür dass es wohl nicht nur mir und meiner Frau so geht mit der Tempelmüdigkeit. Ich meine, wir wussten worauf wir uns bei einer Rundreise und bei einer Reise in ein exotisches Land einlassen, aber trotzdem war es erstaunlich wie schnell wir die Nase davon voll hatten. Ich würde das auch nicht mit einem gewissen gelangweilt sein vergleichen wollen weil man schon alles in der Welt gesehen hat, das ist ganz gewiss nicht so.
Wie seht ihr das, kennt ihr dieses Gefühl oder ist es euch völlig fremd?
Ich kann das nachvollziehen. Natürlich ist man gerade zu Beginn einer Reise total neugierig und will alles sehen, die ganzen fremden Eindrücke pushen einen zusätzlich und man möchte seine Zeit auch sinnvoll nutzen und etwas erleben. Und selbst wenn das mit Spaß verbunden ist und man diese Sightseeingtage entspannt angehen kann, gehen diese auch an die Substanz - mitunter auch körperlich, ferner will man das Erlebte ja auch mental verarbeiten, drüber nachdenken oder vielleicht auch etwas vertiefen. Da denke ich schon, dass man Ruhetage einplanen sollte.
Eine Weltreise würde für mich kein Traum, sondern ein Albtraum sein. Gerne würde ich mir etwas Schönes ansehen, aber es darf nicht zuviel werden. Die Eindrücke kann man so schnell nicht verarbeiten, vor allem, wenn man tiefer in die Geschichte eindringt. In Thailand war ich noch nie. Thailand und Kambodscha interessieren mich schon lange. Aber dort von Tempel zu Tempel zu wandern oder eine Tempelanlage nach der anderen besichtigen, das wird nichts, weil es mir zu viel ist. In Thailand reichen für mich zwei Tempel völlig aus, dann weiß man in etwa, wie die anderen sind. Kambodscha hat da glaube ich mehr zu bieten, wenn man die dem Urwald entrissenen Tempelanlagen sieht. Ich weiß nicht, wie gefährlich es noch immer in dem Land ist.
Sicherlich ist das alles schön anzusehen, was den Reisenden an Heiligtümern der dortigen Bevölkerung geboten wird. Aber zu viel Eindrücke in kurzer Zeit kann man nicht verkraften. Deine Tempelmüdigkeit ist für mich durchaus verständlich, weil es mir nicht anders gehen würde.
Das Gefühl kenne ich sehr gut. Ich mache unheimlich gerne Kreuzfahrten, bei denen man ja auch fast jeden Tag eine neue Stadt besucht und dort natürlich auch an diesem einen Tag so viele Sehenswürdigkeiten wie möglich sehen möchte, um diesen Landgang eben auszunutzen. Ich muss sagen, dass mir eine zweiwöchige Reise auch völlig ausreicht. Zumindest dann, wenn nicht viele Seetage im Programm enthalten sind und man wirklich jeden Tag an einem anderen Ort ist, finde ich, dass es absolut reicht, wenn man das zwei Wochen lang macht.
Auch beim späteren Sortieren der Fotos merke ich es immer, dass ich von den ersten Sehenswürdigkeiten noch genau weiß, wo diese waren, weil ich sie eben genauer betrachtet habe und es genossen habe, diese zu besuchen. Bei den Sehenswürdigkeiten, die später auf der Reise zu sehen waren, muss ich dann schon mal eher überlegen, an welchem Ort diese Kirche steht. Das schiebe ich auch darauf, dass ich am Ende eher Tempelmüde werde, was ich übrigens ein tolles Wort für dieses Gefühl finde.
Ich kann den Reiz einer Weltreise schon nachvollziehen, allerdings glaube ich auch, dass ich irgendwann (vermutlich schon nach wenigen Wochen) absolut reizüberflutet wäre und dann auch keine neuen Eindrücke mehr speichern könnte. Das wäre dann sehr schade in meinen Augen und nicht der Sinn einer solchen Reise. Da wäre es besser, wenn man mehrmals verreist und dann jeweils für 2 Wochen oder so was, damit man auch umso mehr davon behalten kann. Ich brauche nach einer Reizüberflutung immer etwas Zeit, um die Eindrücke zu verarbeiten und zu speichern, bevor ich weiter machen kann.
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