Jörg Tauss wird Pirat!
Gestern war es so weit, Jörg Tauss, Bundestagsabgeordnete der SPD, ist aus der SPD ausgetreten und zur Piratenpartei gewechselt. Entgegen der Forderung der SPD behält er sein Bundestagsmandat. Seinen Wechsel begründet er unter anderem mit der Verabschiedung des "Zensursulagesetzes" bei dessen Abstimmung viele der SPD für das Gesetz gestimmt haben, welches Bürgerrechte einschränkt und keine Wirkung gegen Kinderpornografie im Internet haben wird.
Was haltet ihr davon? Findet ihr den Schritt gut, findet ihr Jörg Tauss sollte das Mandat abgeben? Seid ihr der Meinung es ist gut, dass die Piratenpartei nun einen Sitz im Bundestag hat?
Also zur Piratenpartei kann ich gar nichts sagen, denn von der habe ich zuvor noch nie etwas gehört.
Dass Herr Tauss sein Mandat beibehält, kann ich nachvollziehen. Denn durch das Mandat genießt er Immunität und die kann er gerade brauchen. Ob das politisch korrekt ist, das ist eine andere Frage. Auf der anderen Seite ist das auch ziemlich unerheblich, denn im Herbst sind Wahlen und da hätte er vermutlich sowieso bei der SPD keinen Blumentopf mehr gewinnen können, sondern wäre als Belastung wahrgenommen worden.
Was sein Parteiwechsel bringen soll, verstehe ich allerdings auch nicht ganz. Vermutlich will er nicht ganz auf das Abstellgleis verschoben werden und lieber noch in einer Kleinpartei das große Wort schwingen.
Dann lies mal crissis Ausführungen zur Piratenparteidazu, ganz gut um sich einen Überblick zu verschaffen.
Zu Herrn Tauss: Naja, ob das nicht ein ordentliche Eigentor werden wird? Wenn sich der Verdacht und die Anschuldigungen gegen Herrn Tauss erhärten wird die Piratenpartei hier wohl auch ordentlich Schaden nehmen, wenn nicht haben sie einen nahezu bedeutungslosen Posten im Parlament und trotzdem einen Ruf, den sie so schnell nicht mehr loswerden werden - denn egal ob der Vorwurf der Kinderpornographie gegen Herrn Tauss nun berechtigt ist oder nicht, der Nachgeschmack wird immer an ihm hängen bleiben und der beschädigte Ruf. Und logischerweise auch an der Partei, die ihm angehört.
Ansonsten sehe ich es wie ronald65: Bei der SPD wird man froh sein, diesen momentan Mühlstein losgeworden zu sein und bei der Piratenpartei kann er als "großes Tier" noch viel reißen anstatt als eher einfaches Parteimitglied bei der SPD.
Die Personalie Tauss ist ja wirklich abenteuerlicherster Natur. Verdacht auf Kinderpornographie contra Columbo ermittelt auf eigene Faust. Unabhängig davon, welche Möglichkeit wahrscheinlicher - geschweige denn glaubhafter - ist, sehe ich dem Wechsel von Herrn Tauss zur Piratenpartei mit äußerst gemischten Gefühlen entgegen.
Natürlich dient das "netztliberale" Programm der Piratenpartei nicht nur als schweres Gegengewicht zur tatsächlich sehr wankelmütigen (Grunsatz-verratenden?) SPD-Position, irgendwie passt es auch in die Selbstdarstellung des Herrn Tauss, sich zum einen als Kenner der Computerszene (Besitz kinderpornographischen Materials allein, um virtuelle Netzwelt nachzuvollziehen) weiter zu profilieren, und zum anderen um gleichzeitig etwas von der eigenen Person und den Zerwürfnissen mit der Partei abzulenken, indem er seinen Wechsel auf inhaltliche und nicht auf die immensen persönlichen Gründe zurückführt.
Ob die Piratenpartei langfristig von dieser plötzlich sprunghaft gestiegenen öffentlichen Aufmerksamkeit profitieren wird ist zweifelhaft. Die Strategie dieser recht neuen Partei ist natürlich klar: nach ersten Wahlerfolgen in Schweden und soliden Werten in einigen Europa-Ländern soll der Bekanntheitsgrad weiter erhöht werden. Für mich ist die ganze Tauss-Thematik aber generell ein solcher Skandal, dass ich die Finger davon lassen würde. Ein Bundestagsabgeordneter, also ein Repräsentant des Volkes kann sich einfach keine Ermittlungen auf eigene Faust leisten! Roland Koch dealt ja auch nicht mit Drogen, um die Kriminalität von Jugendlichen zu erforschen.
Die Immunität von Herrn Tauss wurde übrigens schon Anfang März aufgehoben, das dürfte also kein Beweggrund für seinen Verbleib im Bundestag sein.
Ich habe da mal nach gelesen, die Aktivitäten von Tauss bezüglich der Recherche zur Kinderpornografie sind durchaus vom Gesetz gedeckt, die Anzeige gegen Frau von der Leyen hat nur ganze drei Tage bestanden und ist dann Fallen gelassen worden, auf Grund der gleichen gesetzlichen Regelung die auch bei Herrn Tauss greifen müsste.
In der Stellungnahme von Herrn Tauss bezüglich seiner Vorwürfe ist auch zu lesen, dass vom Präsidenten des Bundeskriminalamt im Bundestag zur "Einstimmung" auf die Abstimmung unter anderem ein Video von der Vergewaltigung eines jungen Mädchens gezeigt wurde.
Wenn also nun eine Ursula von der Leyen oder der Präsident des BKA Kinderpornos quasi öffentlich vorführen, ist das in Ordnung, während bei einem Herrn Tauss, der im Besitz von 36 Bildern war, mit deren Hilfe er sich in die entsprechenden Kreise "eintauschen" konnte und so herausgefunden hat, dass das Internet von Pädophilen gemieden wird, weil es jetzt schon viel zu unsicher ist, ist das nicht in Ordnung?
Welche der Sache dienlichen Informationen hat die Vorführung einer üblen Missbrauchsdokumentation im Bundestag gebracht? Nichts, ausser dass alle Anwesenden unter Druck gesetzt wurden, bestimmte Gesetzesvorlagen abzunicken. Herr Tauss hat im Gegensatz dazu herausgefunden, dass die Zensurgesetze für das Internet keinen Zweck haben, da eben nicht oder nur in sehr geringem Maße über das Internet getauscht wird. Nach Tauss Recherchen werden übrigens hauptsächliche über Telefonhotlines Kontaktdaten ausgetauscht und dann erfolgt der Tausch der Bilder oder Videos per Handy und Post.
Ich finde, das zeigt ganz deutlich, das Frau von der Leyen alles Mögliche wichtig sein mag, aber nicht das Wohl von Missbrauchsopfern. Allein die Wortwahl zeigt dies ja schon, Frau von der Leyen redet nach wie vor von "Kinderpornos" was ein verharmlosender Begriff ist, denn Pornografie ist ein Begriff der für eine freiwillige Dokumentation von freiwilligem sexuellen Kontakten steht. Der Begriff der richtig ist lautet "Missbrauchsdokumentation" oder eben "dokumentierter Missbrauch".
Ein Herr Tauss verwendet die richtigen Begriffe, was nicht viel heisst, aber er pflegt auch Kontakt zum Chaos Computer Club und hat wirklich Ahnung von Dingen der neuen Medien und weiss auch was eine Verschlüsselung ist. Vor diesem Hintergrund finde ich seine Stellungnahme sehr glaubwürdig. Er sagt dort ganz eindeutig, was er getan hat und was er nicht getan hat.
Mir stellt sich nur die Frage, warum ist Besitz und Verbreitung von dokumentiertem Missbrauch zur Stimmungsmache von Ursula von der Leyen vom StGB § 184b Absatz fünf gedeckt, während die Recherche von Jörg Tauss, bei der er Informationen sammelte, die den Zielen eines Herrn Schäuble und einer Frau von der Leyen zuwider laufen, dies nicht sein soll?
Es macht mich wirklich traurig und wütend, wie Ursala von der Leyen, Schäuble und Konsorten auf Kosten von Missbrauchsopfern Politik machen und Grundrechte(!) einzuschränken versuchen. Da ist mir ein Jörg Tauss wirklich recht, der sich offen gegen diese Politik stellt. Und die Vorwürfe die gegen ihn bestehen, sind die gleichen wie sie auch gegen Ursula von der Leyen bestanden haben, nur bei ihr wurde das Verfahren binnen Tagen eingestellt und schleicht nicht schon seit Wochen und Monaten vor sich hin. Darum begrüße ich auch den Wechsel von Jörg Tauss zu den Piraten.
Na crissi, das war jetzt aber sehr auf die Tränendrüse gedrückt und schön einseitig geschildert .
Dass Tauss kein unbeschriebenes Blatt ist was Technik & Co angeht, da gehe ich noch mit Dir mit - ich kenne ihn nur vom Chaos Communication Congress, auch wenn ich da schon kompetentere Redner erlebt habe, aber anbetrachts solcher Tiefflieger wie von der Leyen und Zypries und dem größten Teil der bunten Truppe im Reichstag, die wohl nur mit Mühe und Not ihre Mikrowelle bedienen können, sehe ich Tauss hier schon als "Experten" an bzw. den König / Einäugigen unter den Blinden.
Ich will über Herrn Tauss momentan auch kein Urteil fällen, sondern erst einmal abwarten, denn unschuldig ist man bis zum Schuldnachweis - auch wenn der ganze Fall schon einen sehr faden Beigeschmack hat mit seiner "Matlock & Miss Marple Aktion". Und ob er nun hier nun (illegal) auf eigene Faust ermittelt hat da er (berechtigte) Zweifel am BKA hatte oder ob hier eher die "Ermittlertätigkeit" im Nachhinein konstruiert wurde wie bei anderen, eindeutigeren Fällen - ich glaube nicht, dass wir bei der dünnen Informationsdichte da mehr als nur eine Meinung abgeben können. Denn wirkliche Informationen sind mir noch nicht über den Weg gelaufen, nur das Palaver und Hypothesengestammel von beiden Seiten.
Dass von der Leyen und ihr lustiges Kinderpornokino im Bundestag nicht sachdienlich waren, da müssen wir uns nicht drüber streiten, die wenigsten dürften wohl beim Stichwort Kinderpornographie ein Fragezeichen über dem Kopf haben und wissen damit nichts anzufangen. Klar, dass Ursel hier nur Stimmung machen wollte - aber hab doch auch mal Mitleid: Wie soll sie denn sonst ihre im Grunde völlig undurchdachten und nutzlosen Gesetze durchbringen, die immer wie am Frühstückstisch ausgedacht wirken wenn nicht ohne solches TamTam? Wenn der Fisch stinkt, muss sich der Marktschreier eben ins Zeug legen ihn noch loszuwerden . Ich hab da von ihr nichts anderes erwartet, ich meine, von allen Ministern hat sie im Grunde gar nichts zustandegebracht - oder kannst Du Dich aus dem Stegreif an irgendwas weltbewegendes erinnern was auf ihrem Mist gewachsen ist und nicht nur heiße Luft in einem bunten Ballon war? Selbst bei Seehofer und anderen Kurzzeitministern fällt mir da irgendwas ein, was noch heute nachwirkt.
Das einzige was mir zur Zensursula einfällt ist eben, dass sie immer gern ein dummes Gesicht macht, nachdem sie mal wieder hier und da wieder versagt hat - die Inderjagd in Mügeln und heitere Kameradschaftsabende mit geselligem Kanaken klatschen sind ja indirekt auch auf ihrem Mist gewachsen nachdem sie hier sehr intelligent Gelder im Kampf dagegen gekürzt hat, die nach den Skandalen wieder kurzzeitig bewilligt wurden. Und auch sonst glänzt sie nur durch Schüsse in den Ofen - von der Leyen schert sich einen Dreck um die Opfer, frag mal die Inder aus Mügeln was die noch von ihr gehört haben und andere Betroffene. Von der Leyen würde ich hier also mal abkoppeln, sie muss sich jetzt halt krampfhaft noch schnell ein halbgares Gesetz aus den Fingern saugen um bei der nächsten Wahl irgendwie einen Grund zu haben nicht wieder nach Hause zu ihrer Kleinfamilie geschickt zu werden und wieder in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden in die sie gehört.
Über Begriffe würde ich mich da auch nicht streiten wollen, ob nun Missbrauch oder Porno - da hast Du zwar auch Recht, aber unsere Politiker sind schon mit ganz anderen Sachverhalten hoffnungslos überfordert die sich in diesem Bereich (Internet) abspielen.
Warum von der Leyen nach § 184b (5) StGB straffrei ausgeht ist doch klar, es steht doch da - eben weil sie hier beruflich / dienstlich dazu "verpflichtet" ist den restlichen Abgeordneten Filme vorzuführen um ihre magere Argumentation durch geschürte Emotionen zu verdecken. Also ganz ernst gesprochen: Sie kann mit ihrem Amt ihr Heimkino gesetzlich rechtfertigen, auch wenn es im Grunde allen klar ist, dass es nichts bringt und warum sie es tut. Herr Tauss kann das nicht, da er weder dienstlich noch beruflich hier eingebunden ist. Es darf auch nicht jeder Polizist Kinderpornos gucken, sondern nur die in der jeweiligen Ermittlungsgruppe, gleiches gilt für Herrn Tauss. Er hat eben jetzt das einfache Problem, dass egal ob er seine Recherchen ernsthaft und wirklich wie von ihm dargelegt oder doch nur aus "Eigeninteresse" betrieben hat, dass er so oder so hier etwas getan hat, was er nicht durfte.
Ich fand das Beispiel von Roland Koch weiter oben gar nicht so schlecht: Selbst wenn ein Abgeordneter von Missständen (Tauss & das BKA) in einer Behörde weiß und dass da nachweislich nichts getan wird um andere Sachen zu rechtfertigen und den Rechtsstaat zu untergraben, so ist das kein Grund, Unrecht mit Unrecht zu vergelten. Wenn Roland Koch beim ermitteln in der Drogenszene an Polizisten Drogen verkaufen würde und so seinen Verdacht mit Beweisen erhärten kann - so hat er sich trotzdem auch abgeschossen und mit auf die Bank gesetzt. Mir ist schon klar, dass sich hier eine gewisse Ambivalenz auftut, aber den Rechtsstaat kann man nur verteidigen indem man zu den Waffen greift die man hat (auch wenn die schwach sind) und nicht versucht sich hier eigene Wege an ihm vorbei zu bahnen. Also egal ob er schuldig oder unschuldig ist - den Vorwurf muss er sich auf jeden Fall gefallen lassen.
Inzwischen ist der Hype um die Piraten wohl zu Ende und der parlamentarische Alltag hat dieser Ein-Themen-Partei den Garaus gemacht.
Außerdem hat Herr Tauss wohl noch ganz andere Probleme, um die ihn die Piratenpartei wohl nicht beneiden wird und die Anschuldigung wegen Kinderpornographie lässt sich nicht so einfach aus der Welt schaffen. Irgendwie wäre hier meiner Ansicht nach ein Mandatsverzicht angebracht.
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