FDP debattiert wieder über Steuersenkungen
Nach dem leichten wirtschaftlichen Aufschwung der vergangenen Monate, rückt die FDP das Thema Steuersenkungen wieder in den Fokus. Wenn durch Steuermehreinnahmen ein entsprechender Spielraum entstehe, so die Argumentation, müssten entsprechende Erleichterungen auch an die Bevölkerung weitergegeben werden.
Das Drängen auf Steuersenkungen war ja schon lange eine Forderung der FDP, die jedoch zunächst nur zu finanziellen Erleichterungen für Hoteliers führte. Mehr konnte die FDP von ihren damaligen Wahlversprechen nicht durchsetzen. Ob es nun, angesichts des drohenden Bedeutungsverlusts der Liberalen, mehr Hoffnung auf Erfolg gibt?
Oder versucht der kleine Koalitionspartner der CDU vielleicht gerade wegen der hohen Stimmverluste bei Landtagswahlen, wieder neu ins Gespräch zu kommen? Ist der erneute Ruf nach Steuererleichterungen nur Polemik, ein Versuch, sich zu profilieren oder angesichts der konjunkturellen Entwicklung berechtigt? Oder sollten Mehreinnahmen lieber zum Schuldenabbau genutzt werden?
Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass der Staat Spielräume für Steuersenkungen hat. Selbst wenn welche da wären, dann würde man das im Endeffekt wohl kaum am Geldbeutel merken. Die Senkung würde sich dann auf wenige Prozent belaufen, die man anderweitig aber wieder an anderer Stelle zahlen muss.
Ich bin der Meinung, dass Steuermehreinnahmen erstmal kein Grund für Steuersenkungen sind. Wir haben genügend finanzielle Löcher zu stopfen und es kommen immer wieder neue dazu. Meiner Meinung nach sollte man erstmal schauen, ob die Steuermehreinnahmen auch bei der nächsten Erhebung in dieser Höhe noch da sind. Und dann sollte man erstmal schauen, inwiefern Steuersenkungen sich auch wirklich lohnen und auswirken. Denn wenn man im Gegenzug eine andere Steuer erhöht, dann bringt es letztlich gar nichts.
Diese ganzen Diskussionen treibt die FDP nur an, weil sie wissen, dass sie momentan bei der Bevölkerung keinen guten Stand haben. Das haben sie sich aber selbst zuzuschreiben. Die Wünsche dieser Partei gehen oftmals mit dem, was tatsächlich und realistisch möglich ist, weit auseinander. Für meine Begriffe ist aktuell kein Spielraum für Steuersenkungen vorhanden, denn es gibt genügend Projekte, die erstmal bezahlt werden wollen.
Ich würde bei den Steuersenkungen prinzipiell recht vorsichtig sein. Denn wenn sie jetzt die Steuern senken, werden sie bald wieder steigen. Allerdings steigen sie dann viel mehr als sie vor der Steuersenkung vorhanden waren. Das ist alles nur Taktik. Und was die FDP anbelangt, macht sie doch nur das, was ihnen von der CDU/CDU aufgetragen wird. Sie werden ihrem großen Partner immer hinter her rennen. Also einfach nicht alles glauben, wenn es um die Steuern geht.
Ich bin sehr erschüttert gewesen, als ich erstmals von dieser neue Schnapsidee durch die Medien unterrichtet worden bin. Darf man den Zahlen des statistischen Bundesamtes Glauben schenken, haben wir Deutschen derzeitig eine Pro-Kopf-Verschuldung von knapp 24.900 €. Im Vergleich dazu hatten wir bis zur Wende noch eine Pro-Kopf-Verschuldung von ungefähr 8.500 €.
Wir erkennen also einen Trend, der in Deutschland vor allem durch die finanzielle Belastung des Bundes im Zuge der Einigung und die gesteigerten Ausgaben hinsichtlich der Europäischen Union und des Sozialstaates erklärt werden kann. Es gibt so viel, was noch bezahlt werden muss; die Bildung ist nur ein Beispiel, aber wohl das wichtigste. Denn je geringer die Investitionen in die Bildung sind, desto mehr wird langfristig der Sozialstaat durch die Zahlung von Hilfen wie etwa ALG II belastet. Gleichzeitig sinkt die Kaufkraft der Sozialhilfeempfänger, sodass deren Anteil am Bruttosozialprodukt geringer ist als die Gelder, welche sie in Form von Sozialleistungen empfangen.
Ein diskussionswürdiger, aber dennoch ambitionierter Versuch, Sozial- und Bildungspolitik zu verbinden, ist das kürzlich durchgesetzte Bildungspaket, welches vom Ministerium von der Leyen initiiert wurde. Über dessen Auswirkungen wird man erst urteilen können, wenn Ergebnisse feststellbar sind. Dennoch beweist es, ebenso wie die Situation an deutschen Hochschulen, dass Geld für Bildung dringend gebraucht wird.
Ich halte die Steuersenkungspläne auch insofern für irreal, da wir mit dem Euro-Rettungsschirm ein Monstrum geschaffen haben, das, sollte die Lage in Griechenland gänzlich umkippen, uns noch viele Milliarden potenziell kosten kann. Allein angesichts dieser Bedrohung und den vielen Finanzlöchern, die es zu füllen gilt, halte ich die Debatte über Steuersenkungen für reinen Populismus. In unserer Demokratie stehen die Parteien nur für ihre Werte, insofern sie dadurch Wählerstimmen bekommen. Sich an Wählerstimmen und nicht an Prinzipien zu halten bringt eine Parteienlandschaft wie die unsere hervor, in der jeder vom jeweils anderen Wahlprogramme abschreibt.
Die FDP möchte, sicherlich angesichts ihrer Umfrage-Krise, noch ein paar Wählerstimmen zusammenkratzen und so ihr Wahlversprechen vielleicht zumindest teilweise halten. Wie vertrauenerweckend die Steuerpolitik der Liberalen jedoch ist, habe wir zu Beginn der Legislaturperiode gesehen, als Steuererleichterungen in der Hotel-Branche zu verzeichnen waren, nachdem ihrerseits Spenden an die FDP getätigt worden waren.
Letztendlich muss man auch darauf hinweisen, dass Steuern nötig sind, um die Organisation des öffentlichen Zusammenlebens zu gewährleisten; so groß dieser Begriff auch ist. Es wird über alles geklagt; über schlechte Straßen, über zu wenige und unterbezahlte Lehrer, über Streichungen im Polizeikontingent. Und da sollen Steuern, durch die jene finanziert werden, gesenkt werden? Man müsste die Steuern sogar erhöhen! Zumindest eine Reichensteuer wäre angebracht. Ebenso plädiere ich dafür, das derzeitige Steuermodell insofern zu überarbeiten, dass die Grenze, ab der die Lohnabgaben wirklich hoch werden, zugunsten des Mittelstandes ausgedünnt wird.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die Analyse des derzeitigen Finanzspielraumes Grund zu der Annahme gibt, Steuersenkungen seien kontraproduktiv. Ob der durch die Senkung des Steuersatzes hervorgerufene Nachfrage- und Konsumanstieg letztlich positivere Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hat als die Verwendung von überschüssigen Geldern zur Schuldenbekämpfung kann derzeitig wohl nicht eindeutig geklärt werden.
Inzwischen hat die FDP sich wohl eher selber erledigt. Das Thema Steuersenkungen dürfte angesichts der Rekordverschuldung wieder gegessen sein. Laut aktuellen Berichten werden sich wohl wieder wundersamer Weise neue Steuerschlupflöcher für Großkonzerne auftun, was den Ruf nach weiteren Steuersenkungen wohl wieder verstummen lassen wird.
Steuersenkungen quer durch die Bank wären jetzt ein Gebot der Stunde. Die FDP hat hier leider ihre Glaubwürdigkeit mittlerweile grandios verspielt, und die Rechnung dafür präsentiert bekommen. Dass die Große Koalition sich dazu durchringen könnte, weitreichende Steuerentlastungen zu implementieren, scheint mir ob der momentanen ideologischen Ausrichtung sowohl der CDU als auch der SPD nicht mehr als ein hehrer Wunsch zu sein. Es bleibt zu hoffen, dass Christian Lindner es vermag, der FDP in der außerparlamentarischen Opposition wieder etwas Leben einzuhauchen und sie neuerlich als Sprachrohr der vom Fiskus malträtierten Bürger zu etablieren, nur diesmal mit mehr Rückgrat gesegnet denn in der Periode 2009-2013.
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