Könntet ihr Produkte herstellen, die das Böse unterstützen?

vom 01.06.2014, 14:21 Uhr

Neulich kam mein Schwiegervater ins Zimmer und meinte, dass seine Firma auch den Führerbunker mitgebaut hat und dass das schrecklich wäre. Ich meine gut ist es, aber wir sind alle Kinder unserer Zeit und wenn ich ein Bauunternehmen habe, nehme ich doch auch lukrative Arbeitsaufträge an und kann sie ja auch gar nicht ablehnen, wenn sie von einer Regierung kommen, die mich bei einem Nein vielleicht umbringen würde, weil es mein Nachfolger wohl macht.

Etwas anderes ist es in meinen Augen, wenn man Waffenteile herstellt, da diese ja aktiv dem Menschen schaden, als ich dies dann auch mitteilte, meinte mein Verlobter, dass andere Länder ja auch Waffen herstellen und wenn man dann die eigenen Waffen schadhaft herstellt oder gar nicht, wäre man dann im Krieg auch erschossen wurden. Zumal man auch da ersetzbar ist und irgendeiner macht das schon unter Androhung von Gewalt. Wie seht ihr das? Könntet ihr für das Böse arbeiten? Würdet ihr Bauteile herstellen können, die Menschen schaden? Würdet ihr das System unterstützen mit eurer Leistung oder nicht?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke nicht, dass ich etwas unterstützen könnte, das ich persönlich für verwerflich und moralisch bedenklich halte. So könnte ich beispielsweise nicht für eine Firma arbeiten, die Alkohol oder Tabakerzeugnisse herstellt. Oder für eine Firma, die Glücksspielautomaten herstellt, auch wenn manche hier argumentieren würden, dass die Firmen ja nichts für das Handeln der Menschen können und dass der Mensch als Individuum für sein Handeln selbst verantwortlich ist. Ich könnte das dennoch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren und hätte ständig das Gefühl, als würde ich mit meiner Arbeit den Konsum dieser Güter unterstützen, was ich nicht tue. Möglicherweise bin ich aber auch ein wenig übersensibel und dementsprechend vorbelastet. ich habe gesehen, was Alkohol anrichten kann, auch innerhalb der Familie. Mit so etwas verstehe ich keinen Spaß.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ramones hat geschrieben:und wenn ich ein Bauunternehmen habe, nehme ich doch auch lukrative Arbeitsaufträge an und kann sie ja auch gar nicht ablehnen, wenn sie von einer Regierung kommen, die mich bei einem Nein vielleicht umbringen würde, weil es mein Nachfolger wohl macht.

Das ist sicher eine übliche aber eben auch dumme und verlogene Ausrede von Menschen, welche sich selbst immer nur als Opfer sehen, während sie Verbrechen begehen. Der Denkfehler, dass eine Regierung einen Auftrag nicht für Geld anbieten/vergeben würde, wenn sie über das Leben des Auftragnehmers bestimmen könnte, kommt hier niemandem? Natürlich haben sich Unternehmen dafür beworben, Konzentrationslager zu bauen. Es war der Karriere dienlich, im Konzentrationslager als Aufsicht zu dienen. Und natürlich haben Unternehmen versucht, Giftgas möglichst günstig zu produzieren, um an die Aufträge zu kommen. Solche Verbrechen wurden von den Nazis beauftragt - die Aufträge verteilte hingegen die Regel der Marktwirtschaft. Man muss das nicht werten - aber man soll die Geschichte nicht zurechtlügen.

Ramones hat geschrieben:meinte mein Verlobter, dass andere Länder ja auch Waffen herstellen und wenn man dann die eigenen Waffen schadhaft herstellt oder gar nicht, wäre man dann im Krieg auch erschossen wurden.

Immer die Argumentation der Herrschenden, um sich die Untertanen vor den Karren zu spannen. Die Frage, warum "andere Länder" einen angreifen sollten, wird hier nicht erörtert - noch nicht mal gefragt. Also auch hier sollte dein Verlobter sich die Frage stellen, warum sein vorgebliches Interesse plötzlich dem Interesse des Herrschenden entspricht und wo hier evtl. ein Fehler zu finden ist.

Ramones hat geschrieben:Würdet ihr das System unterstützen mit eurer Leistung oder nicht?

Keiner kann für die konkrete Situation aus der jetzigen Komfortzone antworten. So weiß ich nicht, ab wann ich das "System" verlassen würde bzw. ab wann ich aktiv gegen das "System" vorgehen würde. So was hängt letztlich immer von der konkreten (Lebens)Situation ab.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich finde solche Überlegungen immer ein bisschen heuchlerisch. Die meisten Leute werden vehement abstreiten, dass sie Waffen herstellen oder Mitmenschen foltern würden, sofern sie in einer entsprechenden Situation wären. Das tut dem eigenen Ego sicher gut, aber es ist sicher nicht die Wahrheit. Es kommt einfach darauf an, wie schmackhaft einem die Tätigkeit gemacht wird. Dafür muss nicht einmal ein direkter Zwang im Raum stehen. Ich gehe davon aus, dass ein Großteil der Bevölkerung sehr wohl Waffen, Panzer und sonstiges Kriegsgerät herstellen würde, wenn sie davon profitieren würden – zum Beispiel auch durch eine attraktive Bezahlung.

Ich kann von mir nicht behaupten, dass ich nicht für einen Waffenproduzenten arbeiten würde. Es gibt sicher attraktivere Jobs, aber ich würde eine solche Tätigkeit nicht grundsätzlich ausschließen. Allerdings schließe ich Firmen, die Tierversuche durchführen, als Arbeitgeber aus. Ich würde nicht bei einem großen Chemiekonzern arbeiten wollen. Auch Universitätskliniken kommen nicht in Frage. Ich würde also durchaus Firmen vermeiden, deren Handeln ich als böse und zutiefst abscheulich empfinde.

Waffen und deren Gebrauch nehmen mich emotional nicht so sehr mit wie Tierversuche. Ich könnte daher mit Sicherheit Waffen herstellen und würde darin zunächst einmal ein mechanisches Gerät sehen und kein Mordwerkzeug. Natürlich werden diese Waffen anschließend in Kriegen eingesetzt oder an anderen Stellen, wo sie Menschen bedrohen oder ihnen schaden können. Verantwortlich und schuldig würde ich mich dafür allerdings nicht fühlen, das muss ich zugeben.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Meinst du wirklich, dass du diese Arbeit damals abgelehnt hättest? Allein um das eigene Überleben zu sichern, würde man brav diese Arbeiten machen. Denn sind wir doch mal ehrlich, wenn du damals gelebt hättest, wärst du wahrscheinlich schon lange verheiratet, hättest Kinder und müsstest allein für deren Überleben sorgen, weil dein Mann an der Front wäre. Dann zu sagen, dass man nicht für das Böse produziert, ist heute leicht. Aber in der realen Situation nicht machbar.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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