Sollte die Europa-Wahl wiederholt werden?
Es dürfte allgemein bekannt sein, dass Giovanni di Lorenzo bei der kürzlich stattgefundenen Europa-Wahl zwei Stimmen abgegeben hat, obwohl nur eine legal war.
Jetzt wurde festgestellt, dass theoretisch durch diese doppelte Stimmabgabe etwa 8 Millionen EU-Bürger hätten doppelt wählen können und somit bei der Europa-Wahl millionenfacher Wahlbetrug möglich war. Sollte dies der Fall gewesen sein, wäre die Wahl verfassungswidrig und somit ungültig. Diese Form von Wahlbetrug ist aber nur dadurch möglich, dass die Kontrollen und die Organisation an den entscheidenden Stellen eher mangelhaft ist.
Sollte eurer Meinung nach die Wahl unter neuen Bedingungen und schärferen Kontrollen wiederholt werden? Oder findet ihr, dass man alles so lassen sollte wie es ist und sich besser auf die nächste Europa-Wahl vorbereiten sollte? Wie könnte man in Zukunft solche Pannen vermeiden? Sind Kontrollen vielleicht sogar überflüssig, wenn die Illegalität einer doppelten Stimmabgabe betont und die Strafen hierfür verschärft werden würden?
Ich frage mich ja langsam, ob Giovanni di Lorenzo wirklich keine Ahnung hatte, oder ob er schlicht und einfach eine Diskussion auslösen und auf das "Problem" aufmerksam machen wollte. Eine bessere Kontrolle wäre natürlich nicht allzu schwierig. Man könnte zum Beispiel von Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft erstmal eine schriftliche Erklärung verlangen, für welches Land sie ihre Stimme abgeben wollen und ihnen dann erst eine entsprechende Wahlbenachrichtigung zukommen lassen.
Die Wahl jetzt zu wiederholen, wäre in meinen Augen ein sehr großer Aufwand. Vor allem, wenn man bedenkt, dass in vielen Ländern sowieso kaum Interesse an dieser Wahl besteht. Wahrscheinlich würde man, wenn man nun wirklich genau überprüft, wer zweimal wählen warm gar nicht auf so eine große Zahl kommen.
Wenn man sowas in Zukunft aber wirklich vermeiden möchte, dann sollte man schon auf Kontrollen setzen, denn die härteste Strafandrohung bringt nichts, wenn man am Ende gar nicht versucht, jemanden zu überführen.
Eine neue Wahl wäre unglaublich teuer. Das sollte man auf jeden Fall auch beachten, auch wenn das natürlich kein Grund wäre, die Wahl gelten zu lassen, wenn sie wirklich grob verfälscht worden wäre. Das halte ich aber für wenig wahrscheinlich. Die Wahlbeteiligung lag ja nicht gerade bei 120 %.
Wer macht sich denn den Stress, in das andere Land zu fahren, um noch einmal zu wählen? Wenn es welche getan haben, dann ist ihre Zahl gering. Sicherlich weit entfernt von 8 Millionen. Also meiner Meinung nach sollte man es untersuchen. Aber bei einer geringen Zahl würde ich es als Lektion bewerten und auf die Vorbereitung auf die nächste Wahl konzentrieren.
Wie man es verhindern könnte? Das einfachste System sind die farbigen Finger. Jeder, der gewählt hat, muss seinen Daumen in Farbe tunken. Die geht für mehrere Tage nicht ab. Also entweder man muss sich den Daumen amputieren oder man hat eben auf Teufel komm raus nur eine Stimme. In ähnlicher Form gäbe es sicherlich Möglichkeiten.
Wie ist das denn mit den Pässen bei doppelter Staatsbürgerschaft? Steht im beispielsweisen deutschen Pass drin, dass es noch eine zweite gibt? Dann wäre es möglich, mit Stempeln in den Pässen zu arbeiten, um die abgegebene Stimme zu beweisen. Das größere Problem sind ja auch vielmehr die Menschen, die nicht im Land ihrer Staatsbürgerschaft leben und in ihrer Wahlheimat wählen. Die haben nur einen Pass.
Sind Kontrollen vielleicht sogar überflüssig, wenn die Illegalität einer doppelten Stimmabgabe betont und die Strafen hierfür verschärft werden würden?
Ohne Kontrollen keine Strafen. Man kann die Strafen so hoch anhängen, wie man will. Wenn nicht kontrolliert wird, wird niemand bestraft. Wovor sollte man also Angst haben? Nein, Kontrollen sind wichtig.
Ich bezweifle einen massenhaften Missbrauch und sehe daher auch keinen Grund für eine Wahlwiederholung, die nur unnötig viel kostet. Möglichkeiten zur echten Verhinderung solcher Doppelwahlen sehe allerdings leider auch kaum und ich fürchte eher um die Briefwahl, welche gerade für behinderte Menschen eine sehr bequeme Lösung war und diese dann benachteiligen würde.
Meiner Ansicht nach wird hier ein Phantomdiskussion geführt, die nur falschen Kräfte begünstigt und letztlich zu keinem befriedigenden Ergebnis führt und nur in noch mehr Chaos endet.
Wo ist denn das Problem? Wenn jemand nun mal diese Möglichkeit hat und sie auch nutzt, dann kann diese Stimme auch nur zählen. Immerhin hat es ja niemand vorher überprüft. Man kann es durchaus bei einer nächsten Wahl anders machen, aber diese ist durch, es wurde gewählt und man muss mit dem Ergebnis leben. Wahlbetrug würde ich das Ganze auch nicht nennen, da es ja nicht weiter kontrolliert wurde und man dann durchaus davon ausgehen kann als normaler Mensch, dass das legal ist.
Ich persönlich sehe dieses Vorkommnis als Willkommenen Anlass darüber zu diskutieren, warum das Vorgehen von Giovanni di Lorenzo überhaupt unerlaubt sein soll und vor allem, welcher Nachteil denen gegenüber entsteht, die sich hier "benachteiligt" sehen, weil sie keine zwei Stimmen abgeben konnten. Ich möchte daran erinnern, dass hier Giovanni di Lorenzo eben nicht in Deutschland zwei Stimmen hat abgeben können, was tatsächlich dazu geführt hätte, dass seine Stimme in Deutschland mehr Gewicht gehabt hätte, als andere Stimmen. Er hat eine Stimme in Deutschland abgegeben, eine Stimme in Italien. Die Zahl der Abgeordneten aus den jeweiligen Ländern ist durch die doppelte Stimmabgabe nicht beeinträchtigt worden!
Aus meiner Sicht sollte also nicht gar eine Wiederholung der Wahl in den Sinn kommen, sondern ein Streichen dieses Verbots. Es existiert letztlich auch nur deshalb, weil manchen glauben (es ist aber nur ein Gefühl!), dadurch schlechter gestellt zu sein. Das aber ist nicht richtig, denn - solange die Nationalstaaten fortbestehen - verändert die Stimmabgabe Giovanni di Lorenzo im jeweiligen Land die Situation des Einzelnen nicht.
Solange die vermeintlichen Verzerrungen durch doppelte Stimmabgabe keine exzessiven Ausmaße annehmen (indem sie zB die Sitzverteilung alterieren und damit den eigentlichen Wählerwillen ad absurdum führen), sehe ich keinen Grund für eine Wahlwiederholung. Sollte es aber aufgrund einer juristischen Notwendigkeit dazu kommen, wird die Wahlbeteiligung wohl irgendwo am 30%-Plafond aufprallen, vermutlich im Verbund mit Zugewinnen für die Riege der Euroskeptiker.
Allerdings denke ich, dass rein rechtlich allein auf dieser Basis das Wahlergebnis wohl kaum anzufechten ist, immerhin ist das Prinzip des gleichen Stimmwerts auf EU-Ebene ohnehin nicht vergeben, weil die kleineren Länder proportional mehr Sitze okkupieren als die Großen (im Verhältnis zur Einwohnerzahl).
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