Dicke Schauspieler: Immer nur lustige oder dumme Rollen?
Ich sehe nicht so sonderlich viel fern. Ich habe derzeit auch schon seit mehreren Jahren gar keinen Fernseher mehr. Filme sind allgemein nicht so besonders von Interesse für mich. Also kann es gut sein, dass es irgendeine neue Entwicklung gibt, die ich noch nicht mitbekommen habe. Aber deswegen frage ich hier ja nach.
Und zwar ist es, wenn ich mal an die Zeiten, zu denen ich noch einen Fernseher hatte, und an die paar Filme, die ich gesehen habe, zurückdenke, ja irgendwie so, dass es allgemein relativ wenige Rollen für dicke Schauspieler zu geben scheint. Und wenn überhaupt, dann spielen Dicke meistens irgendeine lustige Person, meistens in Komödien. Oftmals werden Dicke auch für dümmliche Rollen ausgesucht. Und fröhlich sind sie wohl sowieso alle, wie es scheint.
Ich frage mich nun wirklich, ob das täuscht, oder ob Dicke tatsächlich in Filmen immer die Fröhlichen, Dummen oder Lustigen sind? Oder gibt es auch Filme oder Serien, in denen ganz "normale" dicke Leute vorkommen, die alle möglichen Charakterzüge tragen können, wie jeder dünne Mensch ja auch? Gibt es Filme mit intelligenten, nachdenklichen oder eher ernsten Dicken? Wenn ja, welche wären das? Mal abgesehen vielleicht von solchen oberflächlichen Schnulzenfilmen, in denen es darum geht, dass ein Dicker dünn und dadurch ja angeblich ach so viel besser und glücklicher wird.
Mir missfällt so eine stereotype Darstellung übrigens ziemlich. Nicht nur, was dicke Leute betrifft, das ist nur eines von vielen Beispielen. Aber dass Menschen aufgund körperlicher Merkmale eine bestimmte Intelligenz oder Nicht-Intelligenz, oder bestimmte Charakterzüge zugewiesen werden, finde ich schon ziemlich oberflächlich und nicht gerade vorteilhaft für das reale Leben. Letztendlich müssen die Menschen in der Realität dann ja wieder unter den stupiden Vorurteilen, die das immer und immer wiederholte Darstellen dieser Stereotype mit sich bringt, leiden.
Spontan fällt mir bei diesem Thema die Filmreihe „Bloch“ ein, in der Dieter Pfaff einen Psychotherapeuten spielt. In dieser Rolle ist ein dicker Schauspieler mal nicht als fröhlicher Trottel eingesetzt. Ansonsten fällt mir spontan aber kein Film ein, in dem das ähnlich ist. Ich schaue allerdings auch nicht viel fern und wenn, dann eigentlich fast ausschließlich Dokumentationen, politische Sendungen und dergleichen. Es gibt sicher noch weitere Filme, die nicht das übliche, von dir beschriebene Klischee bedienen. Aber so häufig ist das sicher nicht.
Häufig ist es aber wohl wirklich so, dass dickere Schauspieler in Rollen zu sehen sind, in denen sie den gutmütigen Deppen darstellen oder den lustigen Hampelmann. Woher dieses Klischee kommt, kann ich mir allerdings auch nicht erklären.
James Gandolfini und Phillip Seymour Hoffman. Leider sind beide vor einigen Monaten gestorben. James Gandolfini hat sieben oder acht Jahre lang den Mafiaboss in "The Sopranos" gespielt. Also wirklich nicht die Rolle eines liebenswerten Trottels. Danach hatte er mehrere Filmprojekte, von denen ich bisher nur die Trailer kenne, aber darin spielt er einfach beispielsweise einen Familienvater oder auch einmal in einer Liebeskomödie, aber sicherlich kein Glamauk.
Phillip Seymour Hoffman ist vor allem durch seine Verkörperung des exzentrischen Schriftstellers Truman Capote bekannt geworden. Vorher hat er schon in etlichen Filmen mitgewirkt, die ich natürlich nicht alle kenne. Aber ich glaube, er war niemals der dicke Trottel. Dass er so lange für seinen Durchbruch braucht, wird aber auch auf seine Körperfülle zurückgeführt.
Ich mag diese Stereotype auch nicht. Allerdings fand ich es gut, als sie bei Roseanne einfach eine dicke Familie genommen haben. Ja, es war eine Sitcom und es wurde viel gelacht, aber meiner Meinung nach nicht sonderlich viel über das Gewicht der beiden Eltern. Es war einfach eine normale Familie. Auch bei King of Queens fand ich es nicht unangenehm dargestellt. Immerhin ein "gemischtdickes" Ehepaar. Ich denke, es ist einfacher, etwas Neues erst mal in komischer Form einzuführen. Und ich denke, das passiert gerade. Meiner Meinung nach nimmt es schon ganz langsam zu, dass Dicke in normalen Rollen gezeigt werden.
Wenn man jetzt noch im Hinterkopf hat, dass das Fernsehen (also auch und besonders das, was unter Filmen/Serien so laufen soll) auf Quoten aus ist, wird doch in erster Linie das verkauft, was in der Gesellschaft als Ideal gesehen wird. Schauspieler müssen dem entsprechen, was gemeinhin als erstrebenswert und schön ist. Selbst Alte werden im Fernsehen ja - wenn überhaupt - in der Regel "idealtypisch" gezeigt. In erster Linie aber geht es einfach um "schöne" Menschen zu denen der Zuschauer "aufschauen" kann. So etwas schafft man aber eher nicht mit Personen, die nicht dem "typischen Idealbild" entsprechen. So eine Rolle wird nur vergeben, wenn sie zwingend zum Charakter der Rolle gehören soll. Fakt ist aber, dass z.B. die Rolle eines Anwalts oder Anwältin auch eine sehr übergewichtige Person verkörpern könnte. Nur - so die Macher der Filme und Serien - unterstellen, dass das die Kunden nicht sehen wollen. Außer, man kann Klischees bedienen oder diese Personen "anders" als reizend zeigen (eben durch z.B. lustige Rollen).
@Bienenkönigin: "Roseanne" war sicher eine unglaublich gute und gelungene Sitcom, weil es tatsächlich versucht hat, eine "normale" Unterschichtenfamilie zu zeigen. Leider aber auch hier die Dicken nur in der "lustigen Rolle". Es hat letztlich tatsächlich eine Serie gezeigt, die einen echten Bezug zur Realität der Fernsehzuschauer aufbauen konnte. Im Gegensatz z.B. zur "Bill Cosby Show", in der eben idealtypische Menschen gezeigt wurden (schlank, integer, furchtbar reich, beruflich erfolgreich, viele Kinder und immer eben Zeit für die Kinder und immer "vernünftige" Entscheidungen). "King of Queens" ist leider "nur" lustig. Aber einen Bezug zur Realität hatte es nie, weil es nicht geschafft wurde, glaubwürdig die Ehe zwischen den beiden Protagonisten zu erklären. Also, die Zusammensetzung war schlicht unglaubwürdig und man war nie in der Situation, diese Sitcom als was anderes zu sehen, als eine "konstruierte Geschichte". "Roseanne" - so blöd es klingen mag - kann hingegen schon fast als lustige Form der Gesellschaftskritik gesehen werden.
derpunkt hat geschrieben:"King of Queens" ist leider "nur" lustig. Aber einen Bezug zur Realität hatte es nie, weil es nicht geschafft wurde, glaubwürdig die Ehe zwischen den beiden Protagonisten zu erklären. Also, die Zusammensetzung war schlicht unglaubwürdig
Ich kenne "King of Queens" nicht so im Detail, nur im Groben, weil mein Vater die Sendung gerne mal gesehen hat und ich sie damals, als ich als Jugendliche noch bei ihm wohnte, daher ab und zu mitbekommen habe. Soweit ich das in Erinnerung habe, war aber der Vater in der Familie doch Paketlieferant, die Mutter Sekretärin bei einem Anwalt. Er war eher gemütlich und etwas einfach im Denken, sie intelligenter und sehr sportinteressiert.
Das mögen erst einmal Gegensätze sein, aber ich weiß nicht, inwiefern das konstruiert und unglaubwürdig sein sollte. Wieso sollte denn jemand keinen weniger intelligenten, aber trotzdem lieben und netten Partner haben wollen? Wo liegt das Ungewöhnliche an einer Beziehung zwischen Paketboten und Sekretärin? Ich weiß nicht, ob man da irgendetwas besonders erklären muss. Aber vielleicht kenne ich die Serie auch zu schlecht, um das beurteilen.
Allerdings empfinde ich eine Beziehung zwischen Leuten mit unterschiedlichem Bildungsniveau und unterschiedlichem Einkommen als gar nicht so seltsam. Vielleicht ist es nicht der Regelfall, an Zahlen gemessen, aber vor kommt es doch schon ab und zu. Ich kenne auch ein Paar, bei denen die Frau einen Hochschulabschluss hat und ihr Partner einen Hauptschulabschluss und eine Handwerkerlehre. Die Schwester meines Ex-Partners war außerdem Anwältin, ihr Mann "nur" Arbeiter. Während ich mein Studium durch habe, ist mein derzeitiger Partner "nur" ein Auszubildender in einem Beruf, den man im Grunde auch mit Hauptschulabschluss erlernen kann. Ich empfinde das nicht als so extrem selten, sodass man extra erklären müsste, wie es zu "sowas" kommen könnte.
Ebenso kenne ich auch genug Paare, wo einer bedeutsam dicker ist, als der andere. Oder bedeutsam größer. Auch das mag vielleicht nicht die Regel sein, aber eine absolute Seltenheit ist es meines Erachtens auch nicht.
Das Paar von King of Queens war sicherlich nicht mehr himmelhochjauchzend verliebt. Die Serie begann allerdings auch, als die beiden schon mehrere Jahre verheiratet waren. Und sie war immer ein wenig die Zicke. Das hat vielleicht verhindert, dass sie als schönes, sich liebendes Paar wahrgenommen wurden.
Dennoch finde ich es gut, wenn Dicke wenigstens in lustigen Rollen die Hauptrolle übernehmen. Als Nebenrolle kommen sie durchaus auch in ernsten Rollen vor. Richter und Anwälte sind doch öfter mal dicker. Und ältere Schauspieler, die schlank angefangen haben, dürfen auch weitermachen. Siehe Marlon Brando oder Sean Connery. Und in Europa sieht es eh viel besser aus als in Hollywood. In einigen Krimiserien finden sich dickere Schauspieler. Hier finde ich die Schauspieler generell nicht so auf hübsch getrimmt.
Also meiner Meinung nach tut sich da schon langsam was. Dicke in lustigen Rollen waren der erste Schritt. Und dass sie für ihre Rollen Auszeichnungen bekommen, heißt doch auch was. Mit der Zeit werden sich schon mehr Regisseure trauen, Dicke zu besetzen. Ich denke, das lässt sich gar nicht aufhalten, weil man immer was Neues machen will und es zur gesellschaftlichen Entwicklung gehört. Ebenso gibt es doch immer mehr Filme, in denen das Schwarzsein der Schauspieler keine Rolle mehr spielt.
@Wawa666: Mit der "konstruierten Beziehung" hatte ich nicht so sehr die "Intelligenz" im Sinn, welche hier gegen eine Beziehung sprechen würde. Sie war so eine Art Assistentin bzw. Sekretärin und er ein Paketbote. Der Unterschied lag da dann eher in der Ambition (er ist zufrieden, solange er was zu Essen hat und Football-Spiele sehen kann während sie von einer Karriere träumt). Aber auch das allein reicht nicht für die Unglaubwürdigkeit.
Mir ist klar, dass wir alle beim Partner auf die "inneren Werte" achten. Das ist löblich, fein und spätestens dann gelogen, wenn die inneren Werte nicht so verpackt sind, dass die Verpackung ansprechend ist. Und bei "King of Queens" heiratet ein Pärchen (ohne das Kinder im Spiel sind oder geplant wären!), bei dem sie praktisch als junge Frau die Idealmaße hat und auch als Supermodell durchgehen würde - wohingegen er (am Anfang der Serie war er wirklich dicker und hat gegen Ende extrem abgenommen!) tatsächlich der Anti-Held ist und optisch wirklich eher in Richtung Ottfried Fischer tendiert.
Alle anderen Paarkonstellationen sind in der Serie hingegen "an der Realität" gemessen. Da kommt es eben nicht zur Verbindung zwischen der "Schönen und dem Biest" oder ähnliches. Und deshalb hatte ich geschrieben, dass diese Serie "mit dem Dicken" wirklich ausschließlich dazu gemacht wurde, witzig zu sein. "Roseanne" hingegen hat sehr viel mehr von der Wirklichkeit eingefangen. Auch wenn auch da die "Dicken" für den Spaß zuständig waren.
Nebenbei fällt mir auch keine andere Serie oder Film ein, in welchem die Hauptdarsteller so weit auseinander liegen (mal von "Die Simpsons" abgesehen) und es nicht erklärbar wäre.
Ich gehe mal stark davon aus, dass jeder Mensch auf andere Dinge Wert legt, wenn es darum geht, welche Menschen in Frage kommen, wenn es darum geht, sich an einen Partner zu binden. Manche achten stark auf das Äußere, manche verstärkt auf innere Werte, während es garantiert auch genügend Menschen gibt, die auf Statussymbole, sozialen Rang oder finanzielle Verhältnisse achten. Es gibt ja ein gewisses Klischee vom alten, hässlichen, aber reichen Mann, der eine junge und den gängigen Schönheitsidealen komplett entsprechende Frau an seiner Seite hat. In vielen Fällen ist da vermutlich das Geld das "Argument" für das Eingehen der Beziehung, aus Sicht der Frau jedenfalls.
derpunkt hat geschrieben:Sie war so eine Art Assistentin bzw. Sekretärin und er ein Paketbote. Der Unterschied lag da dann eher in der Ambition (er ist zufrieden, solange er was zu Essen hat und Football-Spiele sehen kann während sie von einer Karriere träumt).
Inwiefern muss man seinen Partner denn einbeziehen, wenn es um die eigenen Karrieregedanken geht? Was hat mein Partner denn für einen Einfluss darauf, ob ich Karriere mache oder es locker angehen lasse? Zumindest für mich und genügend meiner Freunde spielt sich die Karriere des Partners in dessen Arbeitszeit und außer Haus ab und ist zuhause nicht unbedingt Thema Nummer 1. Wenn ich an einer wissenschaftlichen Publikation arbeite und versuche, mir einen Namen zu machen, dann kann ja mein Partner mir durchaus zuhause dabei emotional beistehen. Allerdings sagt das auch wieder nichts darüber aus, wie ambitioniert er in seinem Beruf ist. Und nur, weil ein Mensch Wert auf eine finanziell ertragreiche oder ruhmreiche Karriere legt, muss er doch nicht wollen, dass sein Partner es ihm in dessen Beruf gleich tut.
derpunkt hat geschrieben:Mir ist klar, dass wir alle beim Partner auf die "inneren Werte" achten. Das ist löblich, fein und spätestens dann gelogen, wenn die inneren Werte nicht so verpackt sind, dass die Verpackung ansprechend ist.
Mein Traumbild von einem Mann ist gertenschlank und hat langes, glattes Haar. Mein aktueller Partner, den ich über alles liebe, hatte schon bei unserem Kennenlernen, trotz seines jungen Alters, genetisch bedingt schütteres Haar und ist auch eher kompakt gebaut. In zwei Jahren hat er vermutlich eine Glatze. Ich liebe ihn dadurch nicht weniger und keineswegs würde ich wegen irgendeiner bescheuerten Äußerlichkeit einen Menschen abweisen, wenn er mir charakterlich gefällt. Ich weiß natürlich, dass ich nicht das Maß aller Dinge bin, aber ich bin sicher auch nicht die einzige Person auf diesem Planeten, die so empfindet.
Ach, und mal so nebenbei: Mein erster Partner war damals wirklich gertenschlank und schön und modelte sogar. Ich hingegen war klein, dicklich und habe mich schon aus Prinzip nicht an das Modediktat unserer Zeit gehalten und mich eher, an Rollenklischees beurteilt, "maskulin" gegeben. Vielleicht war ich nicht absolut potthässlich, aber an den heutigen Schönheitsidealen gemessen sicher nicht mehr, als "durchschnittlich". Und noch dazu nicht gerade "unkompliziert". Wir waren trotzdem acht Jahre ein absolut glückliches Paar. Kann nicht sein? Offenbar doch. Und wenn so etwas real funktioniert, dann glaube ich nicht, dass so eine Konstellation in einer Fernsehserie automatisch unglaubwürdig sein muss.
Es ist wirklich schwierig, dicke Schauspieler zu finden, die nicht als lustig eingesetzt werden. "Bud Spencer" ist ja auch witzig, allerdings finde ich nicht, dass er dumm hingestellt wird, aber lustig ist es ja trotzdem. Ebenfalls spielt Otfried Fischer dauernd lustige Rollen im Fernsehen, wobei er ja auch Kabarett gelernt hat. Kevin James hat ebenfalls immer eine lustige Rolle auf der Leinwand. Nein, ich muss sagen, mir fällt wirklich nichts ein. Schade eigentlich.
Die meisten dicken werden als besonders freundlich und liebenswert dargestellt mit einem Hang zur Komödie. Finde ich persönlich nicht das schlechteste Bild. Das Dicke als dumm dargestellt werden, ist doch eher eine Ausnahme.
Spontan fällt mir die Serie "Drop Dead Diva" ein. In dieser stirbt ein Model und kehrt im Körper einer sehr intelligenten, dicken Anwältin zurück. Sie arrangiert sich mit ihrem Körper und nutzt ihr Köpfchen, gleichzeitig ist sie sehr beliebt und erfolgreich. Das ist doch eine wirklich positive Darstellung einer dicken Frau. Ich würde Promis wie Melissa McCarthy, Rebel Wilson, Beth Dito und Adele auch nicht als schlecht dargestellt bezeichnen. Die Sängerinnen sind doch sehr geschätzt für ihren Gesang und die Schauspielerinnen haben ihr Talent genutzt und sind ebenso anerkannt.
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