Google die Schuld an 95% Marktanteil geben?

vom 21.05.2014, 21:35 Uhr

Im Moment herrscht ja eine mittlere Google Hysterie und immer wieder hört man die Kritik dass Google 95% Marktanteil oder auch Marktmacht speziell bei Suchanfragen im Internet besitzt. Aber kann man denn Google da überhaupt einen Vorwurf machen? Denn schließlich kann ein Unternehmen doch nur so viele Marktanteile besitzen, wie es auch von den Verbrauchern akzeptiert wird und deren Produkte Anwendung finden.

Nutzt ihr die Google Suche und wenn ja, warum nutzt ihr keine alternativen Suchmaschinen? Worauf führt ihr die 95% Marktanteil von Google zurück und würdet ihr denen diesen Umstand auch zum Vorwurf machen?

» FinanzScout » Beiträge: 1063 » Talkpoints: 19,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke, wenn sich ein Urgestein des Internets wie Google einmal vernünftig positioniert hat und es dann schafft, diese Stellung durch Innovation und technische Weiterentwicklung zu halten, dann steht es gegenwärtig am Ende der Nahrungskette. Da ist es für Neueinsteiger und Mitbewerber unheimlich schwer überhaupt gleichzuziehen. Zumal Firmen wie Google kein Problem dabei haben, sich kleine Firmen oder Spezialisten einfach einzukaufen. Im Grunde ist es wie in der Bundesliga mit dem FC Bayern.

Ich nutze Google aus Gewohnheit. Ich weiß, wie ich da mit den Suchoptionen und Ergebnissen klar kommen kann. Ich bin an die Darstellung gewöhnt und muss mich da nicht umstellen. Schließlich will ich Ergebnisse haben und mich nicht lange orientieren müssen.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Schuld an der Monopolstellung Googles in Ländern wie Deutschland haben einzig und allein die unfähigen Konkurrenten, die es in den letzten 20 Jahren nicht geschafft haben, dem Suchmaschinengiganten die Stirn zu bieten oder wenigstens ein vergleichbares Produkt zu liefern. In einer Marktwirtschaft kann man einem Unternehmen kaum den eigenen Erfolg vorwerfen, oder denkst du dabei anders? Google hat es von Beginn eben sehr gut verstanden, wie man Nutzer an sich bindet, während die Konkurrenz von einem neuen Kerngeschäft in das andere wechselte.

Zu Beginn war das Erfolgsrezept von Google das schlichte und unkomplizierte Design. Man konnte selbst mit langsamen Einwahlverbindungen (Modem, ISDN) einigermaßen komfortabel surfen. Im Gegensatz dazu waren Portalseiten wie Yahoo oder Lycos langsam und überladen.

Schon bald hat es der Konzern mit der Einführung von Kontext-spezifischer und Text-Werbung geschafft durch Suchanfragen Geld zu verdienen. Danach begann Google mit der Erweiterung des eigenen Angebotes, ohne aber die eigene Suche unnötig aufzublähen. Auch heute noch zählt die Google Such-Webseite zu den aufgeräumtesten im ganzen Netz. Ob Web-Blogs, kostenlose E-Mail Adressen, Karten & Routenplaner, Kalender oder andere Projekte, all das konnte man bequem mit einem Google Account benutzen und verwalten.

Es war immer die wichtigste Philosophie von Google, einen möglichst hohen Marktanteil aller Suchanfragen im Internet zu erreichen, denn alles andere würde sich dann von selbst ergeben. Heute verfolgt das Unternehmen unverändert das selbe Ziel, denn mit einem Browser wie Chrome, dessen Marktanteil stetig wächst, erhält jeder Nutzer das komplette Google Erlebnis. Das trifft in ähnlichem Maße auch auf Android zu, wo man zudem noch als größter Marktplatz agiert. Mit all diesen, für Privatpersonen fast ausschließlich kostenlosen, Angeboten bindet man Nutzer auch jenseits des Browsers oder Computers an die Marke Google. Weil das für viele Nutzer sehr bequem und attraktiv ist, ergibt sich der hohe Marktanteil von selbst.

Gegenhalten können lediglich Yandex in Russland (62%), Baidu in China (79%) und Naver in Süd Korea (80%). Die restliche Konkurrenz hat es aus verschiedenen Gründen verschlafen und hat sich aus dem Geschäft entweder ganz zurückgezogen oder fristet ein Nischendasein.

Microsoft war um die Jahrtausendwende zwar eine der wertvollsten Marken der Welt und hatte ein großes Software-Portfolio sowie riesige Entwicklungskapazitäten, die Suchmaschine (egal ob früher MSN Search, Live Search oder später Bing) war aber nie eines der Kernthemen. Da dieses Projekt über lange Zeit hinweg ziemlich stiefmütterlich behandelt wurde und eigentlich nur existierte, damit man im Internet Explorer nicht auf Google als Suchmaschine zurückgreifen musste, konnte man eigentlich nur Marktanteile verlieren.

Yahoo war schon von Beginn an eher ein Internetportal als eine reine Suchmaschine. Das erklärt auch, wieso sich das Unternehmen dazu entschied, den Konkurrenten AOL zu überflügeln statt selbst eine möglichst weit verbreitete Suchmaschine zu entwickeln. Im Zuge dessen kaufte Yahoo Konkurrenten wie AltaVista und AllTheWeb auf, reduzierte diese auf die eigene Suchtechnologie und ging später sogar Partnerschaften mit Google ein, um sich noch stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können. Wohin das geführt hat sieht man heute ja. Google ist aktuell die wertvollste Marke der Welt und Yahoo benötigt in Marissa Mayer eine Retterin aus den Reihen der ehemaligen Google Geschäftsführung.

Lycos ging im Prinzip denselben Weg wie Yahoo, hatte damit aber noch weniger Erfolg. In den späten 1990er Jahren war ihre Philosophie darauf bedacht den Portalmarkt für sich zu entscheiden. Unterstützt wurde dieses Vorhaben mit dem Kauf einiger Internetauftritte (Tripod, Angelfire, Matchmaker, Quote, Gamesville und auch die ehemals populärste Suchmaschine HotBot). Schon wenige Jahre nach dem Platzen der DotCom Blase zog man sich aus dem Suchmaschinengeschäft zurück, weil die fehlende Konzentration darauf fast den gesamten Marktanteil gekostet hatte.

Auch Excite (Internetportal bzw. Webseitensammlung), Ask bzw früher Ask Jeeves (Frage & Antwort basierendes Suchkonzept), Go.com (gescheiterter Portal-Versuch von Disney) und Meta-Suchmaschinen wie WebCrawler oder MetaCrawler konnten Google aus den verschiedensten Gründen nicht Paroli bieten.

Um noch mal auf den Punkt zu kommen: Konkurrenten hatte Google im Laufe der Jahre sogar sehr viele. Einige davon waren zumindest technisch ebenbürtig wenn nicht sogar überlegen in bestimmen Details. Dass es schließlich niemand geschafft hat, dem Suchmaschinen-Giganten Google die Stirn zu bieten, liegt meiner Meinung nach an einer Reihe falscher wirtschaftlicher Entscheidungen. Das Begann mit dem Aufkauf der Konkurrenz (Yahoo), setzte sich fort mit der Lizenzierung der Google Suche (u.A. Yahoo) und endete schließlich mit der finanziell durchaus attraktiven Integration in fremde Software (zum Beispiel Google als Standardsuche im Firefox). Als Konsequenz verschwanden einige vielversprechende Suchmaschinen oder dessen Technologien aus dem Internet, während sich Google vor Allem mangels ernsthafter Konkurrenz direkt und indirekt immer weiter verbreitete.

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» Reaper » Beiträge: 576 » Talkpoints: 1,11 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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