Bei Selbstkündigung eine Sperrzeit von ALG unvermeidbar?

vom 19.05.2014, 20:57 Uhr

Y hält es in dem Betrieb, in dem er jetzt arbeitet kaum noch aus. Das Arbeitsklima ist schrecklich und er hat einfach keinen Spaß bei der Arbeit, weil jeder jeden übertrumpfen will. Er will selber kündigen. Aber er schreckt davor zurück, weil er ja eine Sperrzeit zu erwarten hat beim ALG.

Ist bei einer Selbstkündigung eine Sperrzeit von ALG immer unvermeidbar? Wann bekommt man bei einer Selbstkündigung keine Sperreß

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» supermami » Beiträge: 2317 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin glaubhaft nachweisen bzw. darlegen kann, dass der aktuelle Arbeitsplatz nicht mehr zumutbar ist, dann ist natürlich auch bei einer Eigenkündigung von einer Sperrzeit abzusehen. Das bedeutet, dass eben nicht immer eine Leistungssperre der Eigenkündigung folgen muss!

Aber der vorliegende Fall scheint wirklich nicht geeignet zu sein, um eine Sperre zu umgehen. Hier dürfte man wirklich - auch mit dem verständnisvollsten Angestellten der "Jobcenter" - kein Verständnis erwarten. Denn das, was beschrieben wird, dürfte auf locker 90% der Arbeitsplätze zutreffen.

Wem die Arbeit keinen Spaß macht, dem sei gesagt, dass das auch nicht deren Zweck ist. Gerne kann man sich aber in seiner Freizeit Tätigkeiten widmen, die Spaß bereiten. Oder man sucht sich einen Job der Spaß macht. Das dann jeder am Arbeitsplatz vorankommen will, ist auch "normal". Und dies geht eben ausschließlich über Konkurrenz - wie sollte man sich auch sonst vom Kollegen oder von der Kollegin absetzen? Auch das ist "normal" und wenn z.B. Y hier nicht mitmachen kann oder will (beim Konkurrenzkampf), kann Y es auch sein lassen.

Statt sich Sorgen bzgl. einer Sperrzeit zu machen, sollte Y lieber Bewerbungen schreiben. Wieso geht Y auch davon aus, keinen Folgejob zu bekommen?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ein Bekannter von mir war mal in einer ähnlichen Situation, dass er den Job gekündigt hat, weil er es dort einfach nicht mehr ausgehalten hat. Er hat 15 Jahre in einem Betrieb gearbeitet, in dem der Chef sehr unfreundlich und schon nahezu diktatorisch war. Noch dazu kam, dass in all den Jahren es oft vorkam, dass der Lohn mit monatelanger Verspätung nachgezahlt wurde und es sehr selten kam, dass er wirklich jeden Monat pünktlich seinen Lohn erhalten hat. Da mein Bekannter aber einen Kredit für ein Mehrfamilienhaus und ein Auto abbezahlen musste und obendrein noch zwei kleine Kinder zu Hause hatte, war die Situation für ihn untragbar. Er kündigte also, wobei ich persönlich mir die Frage stelle, warum er nicht schon sehr viel eher gekündigt hat.

Er ging daraufhin zum Jobcenter, um mit einer Sachbearbeiterin zu sprechen. Er hatte auch die Kontoauszüge als Beweis dabei, falls sie ihm nicht glauben sollte, dass das Gehalt sehr unregelmäßig kam. Die Sachbearbeiterin stufte die Situation als untragbar ein und sperrte ihn trotz eigener Kündigung nicht vorübergehend vom ALG.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Olly173 hat geschrieben:schon nahezu diktatorisch war

Er wird doch hoffentlich nicht erwarten, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen basisdemokratisch verwaltet wird? Was versteht er unter "diktatorisch"? Das der Chef die Arbeit und die Ziele vorgibt? Das wäre der Job vom Chef.

Olly173 hat geschrieben:Da mein Bekannter aber einen Kredit für ein Mehrfamilienhaus und ein Auto abbezahlen musste und obendrein noch zwei kleine Kinder zu Hause hatte, war die Situation für ihn untragbar.

Wirklich schlüssig finde ich das nicht. Denn der Bekannte stand vor der Wahl, sein Geld verspätet zu bekommen - oder gar nicht. Jetzt hat der gekündigt - vorgeblich weil er das Geld regelmäßig pünktlich braucht - und steht jetzt mit nur 60% der Einnahmen da. Ob das für die Finanzierung reicht, ist aus meiner Sicht zweifelhaft. Denn wenn nur so wenig zu bezahlen ist, hätte der mit 100% seines Gehalts ja regelmäßig einen Puffer aufbauen können, für die Fälle, in denen er das Gehalt zu spät bekommen hat. Da gab es wohl bei dem Sachbearbeiter noch andere genannte Gründe oder der Sachbearbeiter hat sich ungewohnt gnädig gezeigt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Er wird doch hoffentlich nicht erwarten, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen basisdemokratisch verwaltet wird? Was versteht er unter "diktatorisch"? Das der Chef die Arbeit und die Ziele vorgibt? Das wäre der Job vom Chef.

Das "diktatorisch" stammt von mir und nicht von meinem Bekannten. Der Chef hat seine Mitarbeiter regelmäßig ausgebeutet und sie sogar um ihren Lohn betrogen. Wehren konnte sich dagegen niemand. Wer sich beschwerte, dass bei der Lohnabrechnung viel weniger gezahlt wurde, als gearbeitet wurde, wurde kurzerhand hinausgeworfen.

derpunkt hat geschrieben:Wirklich schlüssig finde ich das nicht. Denn der Bekannte stand vor der Wahl, sein Geld verspätet zu bekommen - oder gar nicht. Jetzt hat der gekündigt - vorgeblich weil er das Geld regelmäßig pünktlich braucht - und steht jetzt mit nur 60% der Einnahmen da. Ob das für die Finanzierung reicht, ist aus meiner Sicht zweifelhaft. Denn wenn nur so wenig zu bezahlen ist, hätte der mit 100% seines Gehalts ja regelmäßig einen Puffer aufbauen können, für die Fälle, in denen er das Gehalt zu spät bekommen hat.

Es war unmöglich, mit seinem mehr oder weniger regelmäßigen Einkommen einen Puffer aufzubauen, weil das Mehrfamilienhaus sehr baufällig und alt war (Baujahr 1900) und jeder Cent, der nicht für den monatlichen Kredit abgegeben wurde, in die Renovierung gesteckt werden musste, damit das Haus nicht auseinander fällt. Er war auch nicht besonders lange arbeitslos und hat sehr schnell eine Anstellung in einer Leihfirma gefunden. Bei finanziellen Engpässen hat er sich von guten Freunden oder engen Verwandten Geld geliehen, bis er wieder genug eigenes Geld zur Verfügung hatte.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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