Niqab-Verbot an deutschen Hochschulen legitim?

vom 13.05.2014, 19:01 Uhr

Eine Studentin in Gießen wurde jetzt aufgefordert, den Niqab, der das ganze Gesicht bis auf die Augen verschleiert, zumindest in den Seminaren und Vorlesungen der Universität abzulegen. Findet ihr diese Regelung in Ordnung oder seht ihr hier die Toleranz in Gefahr? Würdet ihr anstelle von Hochschule bzw. Gericht ähnlich entscheiden oder würdet ihr die Verschleierung eher erlauben?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Wie schreibt man denn dann eine Prüfung? Immerhin könnte ja auch eine ähnliche Frau unter der Verdeckung sein und man würde es nicht merken. Man hat nur die Augen um zu merken, wer es ist. Glaube sollte kein Kriterium sein, wenn es um Bildung geht und diese sollte auch allen zur Verfügung stehen, jedoch sind wir oft nicht so tolerant um das zu zu lassen. Ich finde, dass man solche Menschen auch an einer Universität lassen sollte. Immerhin tun diese Frauen niemanden etwas. Für einen Leistungsnachweis wäre es dann aber wichtig dem Professor ein mal das Gesicht zu zeigen, in einem Nebenraum.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Auch ohne Schleier können die Professoren sich doch kaum ein Gesicht merken. Außerdem ist ein Schleier kein Verbrechen. Da ist ein Minirock wohl wesentlich schlimmer. Die Stimme dürfte eher ein Erkennungszeichen sein und ich sehe hier schon einen gewissen Eingriff in die Religionsfreiheit, wobei diese Regelung allerdings für alle Religionen gelten und einen sachlichen Grund haben.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich finde diese Entscheidung auch nicht richtig. Es ist doch ihr gutes Recht, einen Schleier zu tragen. Und ich verstehe nicht, warum es in einer Diskussion so ein großes Problem darstellen soll. Blinde können auch diskutieren. Ebenso Menschen, deren Mimik durch einen Unfall oder durch einen Schlaganfall oder weiß der Geier was beeinträchtigt ist. Daran gewöhnt man sich und gut ist. Die Worte sind so viel mehr von Gewicht.

In dem Artikel wurde auch der Fall einer Frau im öffentlichen Dienst erwähnt. Seitdem ist es verboten, im öffentlichen Dienst in Hessen eine Burka oder andere Gesichtsschleier zu tragen, weil diese ein Bild vermitteln würden, das mit weltoffenen und freiheitlichen Werten nicht zu vereinbaren wäre. Damit schneidet man sich doch selbst ins Fleisch und zeigt sich weder weltoffen noch freiheitlich. Was sind denn die westlichen Werte, gegen die eine Burka verstanden werden kann? Das trifft doch nur zu, wenn man alle Araber über einen Kamm schert und alle als Islamisten abstempelt. Das ist extrem intolerant und kleingeistig.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Juri1877 hat geschrieben:Auch ohne Schleier können die Professoren sich doch kaum ein Gesicht merken. Außerdem ist ein Schleier kein Verbrechen. Da ist ein Minirock wohl wesentlich schlimmer. Die Stimme dürfte eher ein Erkennungszeichen sein und ich sehe hier schon einen gewissen Eingriff in die Religionsfreiheit, wobei diese Regelung allerdings für alle Religionen gelten und einen sachlichen Grund haben.

Wie soll sich der Professor dann bitte die Stimme merken, wenn er sich noch nicht einmal das Gesicht merken kann? Außerdem ist das mit dem Gesicht eine schwierige Angelegenheit, da sich manche verschleierten Frauen nicht vor Männern außerhalb der Familie zeigen dürfen. Nur Väter, Onkel, Brüder oder sonstige männliche Familienangehörige dürfen die Frau unverschleiert sehen. Wenn die Frau nicht zu dieser Verschleierung gezwungen wird, dann könnte sie diesen für einen kurzen Moment abnehmen, das wäre möglich.

Ich möchte um ehrlich zu sein nicht mit einer Person reden, welche einen Schleier trägt. Ich bin auf gar keinen Fall rassistisch und nicht intolerant, aber ich möchte anderen Menschen ins Gesicht schauen, wenn ich mit ihnen spreche. Eine andere Person mit einem vermummten Gesicht würde mich verunsichern. Frauen mit einem Kopftuch stören mich dabei überhaupt gar nicht, ich kenne einige mit denen komme ich auch gut zurecht. Ich finde, dass so eine Niqab nun einmal auch ablehnend auf die Außenwelt wirkt, dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man sich für das Tragen einer Niqab entscheidet.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Das mit den Prüfungen ist wohl das geringste Problem. Bei uns an der Uni müssen wir uns vor Prüfungen immer einzeln mit einem Personalausweis beim Dozenten ausweisen. Dann werden erst die Prüfungsunterlagen ausgegeben. Das auch, wenn man mal ausnahmsweise in einem so kleinen Kurs sitzt, dass der Dozent einen mit Namen kennt, was nicht selbstverständlich ist. Aber schließlich könnte man auch ganz ohne Schleier den Dozenten von Anfang an belügen und dem eine falsche Identität vorgaukeln. Und um solchen Betrug zu verhindern, wird eben der Personalausweis verlangt. Das wird auch an kleineren Unis so sein.

Bekanntlich verhüllen sich gläubige Musliminnen nur vor männlichen Wesen. Es könnte also durchaus eine Hochschuldozentin mit der betreffenden Studentin mit einer weiteren Zeugin die Identität der Dame unter dem Schleier feststellen, indem dieses sich, ohne Anwesenheit von Männern kurz enthüllt und ausweist. Machbar wäre es.

Die andere Frage ist, ob das gewünscht ist und sinnvoll ist, wenn sich Frauen so stark verhüllen. Da drängt sich mir wirklich die Frage auf, wie weit das wirklich sinnvoll ist, wenn sich Studentinnen so stark verhüllen. Wir haben bei uns in der Uni in Berlin einige junge Frauen, die einen Schleier tragen. Allerdings nur einen, der eben die Haare komplett bedeckt, das Gesicht aber frei lässt. Dazu kann man schon absolut geteilter Meinung sein, ob man das tolerieren sollte, dass junge Frauen sich so viel Freiheit einschränken lassen.

Aber ich glaube nicht, dass so etwas im Alleingang entschieden werden sollte, so von oben herab. Auf jeden Fall sollte man dazu anonym eine ganze Menge gläubige Musliminnen in verschiedenen Altersklassen dazu befragen und dazu auch solche Frauen, die eben aufgrund der eigenen Biografie und ihrem Beruf auch Expertinnen auf dem Gebiet sind. Ich denke auch nicht, dass ein Verbot alleine geeignet wäre, damit automatisch diese Frauen freier zu machen. Auch wenn das schön wäre, wenn das alles so einfach ginge.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Bienenkönigin hat geschrieben:Damit schneidet man sich doch selbst ins Fleisch und zeigt sich weder weltoffen noch freiheitlich. Was sind denn die westlichen Werte, gegen die eine Burka verstanden werden kann?

Gleichberechtigung von Mann und Frau und alles, was in die Richtung geht? Man kann das doch drehen wie man will - im Prinzip ist diese Kostümierung ein Zeichen für die Unterdrückung von Frauen. Und es macht natürlich auch keinen Unterschied, wenn sich eine Frau vermeintlich freiwillig für so einen Aufzug entscheidet, denn sie ist ja trotzdem ein Produkt dieser absolut frauenverachtenden Religion.

Eine Frau, die mit der Überzeugung aufwächst, dass sie die gleichen Rechte wie Männer hat und nicht für die Handlungen von notgeilen Männern verantwortlich ist, egal was sie trägt, würde doch nicht auf die Idee kommen sich so anzuziehen. Das ist schließlich weder schön noch bequem sondern wird nur wegen den Männern getragen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Cloudy24 hat geschrieben:
Bienenkönigin hat geschrieben:Damit schneidet man sich doch selbst ins Fleisch und zeigt sich weder weltoffen noch freiheitlich. Was sind denn die westlichen Werte, gegen die eine Burka verstanden werden kann?

Gleichberechtigung von Mann und Frau und alles, was in die Richtung geht?

Ja, gut, das stimmt schon. Aber die Antwort kann doch nicht sein, dass man die Frauen zwingt, ihre Schleier abzulegen, obwohl sie sich, da sie damit aufgewachsen sind, so total unwohl und nackt fühlen. Man kann doch den Zwang durch die Männer nicht rückgängig machen mit einem Zwang durch die Universität oder die Regierung. Und das Druckmittel, ihnen ansonsten ihr Recht auf Bildung zu verweigern, ist einfach nur unfair. Sind sie nun Opfer der Unterdrückung durch Männer und brauchen Hilfe oder ist es okay, sie weiter zu unterdrücken, ihnen Rechte und Gleichbehandlung vorzuenthalten?

Das ist einfach der falsche Weg. So eine Veränderung muss von innen heraus kommen. Sie muss inmitten der Gesellschaft entstehen und nicht von oben diktiert werden. Dafür braucht man mehr Geduld, aber dafür tritt man nicht so vielen Leuten auf die Füße. Wenn man mit dem Schleier aufgewachsen ist, kann man ihn nicht einfach an der Eingangstür ablegen. Die Frauen fühlen sich dann wirklich nackt, allen Blicken ausgesetzt. Ich wäre auch nie im Leben im Bikini in die Uni gegangen.

Und ja, viele tragen den Schleier freiwillig. Das mag ein Trugschluss sein, aber so sind sie aufgewachsen. Sie glauben daran. Das hat eben mehr mit Gefühlen zu tun als mit Rationalität. Und Gefühle lassen sich nicht über Nacht ändern oder durch gutes Zureden von Fremden, die keine Ahnung haben. Das ist einfach nur eine weitere Form der Unterdrückung und somit finde ich sie ganz grundlegend falsch.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Natürlich hast du recht - man hilft so einer Frau eigentlich am besten wenn man ihr Zugang zu möglichst viel Bildung und Aufklärung ermöglicht. Aber auf der anderen Seite stehen eben grundlegende Werte und Normen, auf die sich unsere Gesellschaft geeinigt hat. Ich finde nicht, dass man diese einfach so aufgeben sollte oder für religiöse Fanatiker eine Ausnahme machen sollte, was letztendlich einer Aufgabe gleich kommt, weil die Werte dann nicht mehr verbindlich sind.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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