Werden Travestiekünstler wegen Namen nicht ernst genommen

Ob bei DsdS "Ryen Stecken" oder eben auch "Conchita Wurst" sind nette Menschen, wenn sie sich unterhalten oder ihren Standpunkt darlegen. Dabei ist diese schauspielerische Travestie, wie es ja diese Ryen Stecken und auch Conchita Wurst macht, wie er selber sagt, etwas sehr schönes und interessantes. Die Darstellung der Bühnenrolle des anderen Geschlechts finde ich sehr interessant und auch Conchita Wurst finde ich interessant. Als Tom Neuwirth ist er einfach eine eher graue Maus, die bestimmt nicht gewonnen hätte.

Wenn ich aber die Berichte bei diesen Personen im Fernsehen mit verfolge und wenn der Name "Ryen Stecken" fiel oder eben auch "Conchita Wurst", muss ich doch immer lachen. Warum geben diese Künstler sich einen derart bescheuerten Namen? Würden sie nicht viel ernster genommen werden, wenn sie sich einen "bürgerlicheren" Namen geben würden? So wird doch eher über sie gelächelt, als dass man sie ernst nimmt. Wenn er nur als "Conchita" aufgetreten wäre, wäre er bestimmt nicht uninteressanter gewesen, zumal viele Länder nicht wissen, was "Wurst" hier für eine Bedeutung hat.

Gerade die Künstler, die doch wirklich ernst genommen werden wollen und etwas ausdrücken mit ihrem Auftritt würden doch viel ernster genommen werden, wenn sie ernst zunehmende Namen hätten, oder? Warum denkt ihr, geben sich manche Travestiekünstler solche lächerlichen Namen?

Conchita Wurst hat ja nu ihre Beweggründe hinlänglich erklärt, sie will damit ausdrücken, dass es Wurst ist, ob sie/er Mann oder Frau ist. Seit ich die Erklärung kenne, finde ich den Namen nicht mehr ganz so dämlich. Allerdings habe ich halt bei Travestiekünstlern auch immer so ein schizophrenes Gefühl, wenn man sie abseits der Bühne sieht und eigentlich die Alltagsperson aus der Kunstfigur herausspricht. Wenn beispielsweise Olivia Jones ein paar Oktaven tiefer spricht. Aber letztlich ist dann wohl auch genau das, was beabsichtigt wird und genau deshalb auch die durchgeknallten Namen. Da ist man am Ende umso erstaunter, wenn aus einem verrückten Vogel, was sehr vernünftiges und intelligentes heraus kommt.

Ich denke, dass gerade Travestiekünstler, die ihren Job ernst nehmen, der Gesellschaft gerne einen Spiegel vorhalten, Stereotype hinterfragen und Toleranz und Offenheit einfordern. Da gehört ein bisschen Provokation schon dazu. Schließlich wollen die Damen und Herren ja auch auffallen und ihren Platz als Künstler behaupten und nicht schüchtern in Jeans und T-Shirt dastehen und murmeln: Ich bin der Peter Huber und ich verkleide mich manchmal als Frau und singe dann ein bisschen, aber ignoriert mich einfach, wenn euch das stört.

Außerdem bleiben schräge und ungewöhnliche Namen dem Publikum länger im Gedächtnis, und jeder Künstler, der von seinen Talenten leben will, muss schließlich auf sich aufmerksam machen und Werbung in eigener Sache betreiben. Künstlernamen sind ja wahrhaftig keine neue oder besonders originelle Entscheidung.

Den Namen Conchita Wurst fand ich anfangs auch recht gewöhnungsbedürftig, aber nachdem ich erfahren habe, was der Künstler damit sagen will, denke ich mir eigentlich: Recht hat er! Es geht ja nicht immer darum, ernst genommen zu werden, sondern viele von der Norm abweichende Menschen wollen erst mal wahrgenommen werden, damit sich die graue Mehrheit im Idealfall eigene Gedanken macht und ein bisschen aufgeschlossener und toleranter wird.