Sind Menschen ab 18 nicht mehr manipulierbar?

vom 14.05.2014, 13:04 Uhr

Ich hatte vor einigen Monaten eine sehr interessante Unterhaltung mit meiner Cousine (18 ). Wir unterhielten uns über eine gemeinsame Bekannte A (23 Jahre alt), die extrem wenig Selbstwertgefühl hat und praktisch immer noch ihrer Mutter am Rockzipfel hängt, obwohl sie schon 3 Jahre nicht mehr bei den Eltern wohnt. As Mutter lügt wie gedruckt und ist eine sehr intrigante, kontrollsüchtige und manipulative Person, die ich persönlich eher meide.

Daraufhin stellte ich in dem Gespräch mit meiner Cousine die Theorie auf, dass A von ihrer Mutter manipuliert wird (so nach dem Motto: Du bist nur was wert, wenn du nach meiner Pfeife tanzt), weil A auf mich extrem unsicher wirkt und wirklich alles nachplappert was ihre Mutter sagt ohne es nur im Ansatz zu hinterfragen. Es wirkt manchmal wirklich so, als würde sie nicht selbst nachdenken, egal um welches Thema es geht. As Mutter könnte behaupten, dass die Sonne grün ist und A würde es es sofort glauben ohne das zu überprüfen. Meine Cousine und ich kennen A sehr gut, wir sind zusammen aufgewachsen. Dennoch meinte meine Cousine kopfschüttelnd, dass A nicht manipuliert werden kann, da Menschen ab 18 grundsätzlich nicht manipuliert werden können.

Ich war ziemlich geschockt über eine derartige Naivität. Da hätte sie ja gleich behaupten können, dass die Nazis alle unter 18 Jahre alt waren und nur deswegen etwas gegen die Juden hatten. Ich persönlich glaube, dass diese Aussage eher von dem Wunschdenken meiner Cousine geprägt war und nichts mit der Realität zu tun hatte.

Wovon ist das abhängig, dass manche Menschen manipulierbar sind und andere wiederum nicht? Hat das was mit den Erfahrungen zu tun, die ein Mensch gemacht hat oder liegt das irgendwo auch in den Genen?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Der Vergleich mit den Nazis ist mir auch sofort in den Kopf gekommen. Ich verstehe die Idee deiner Cousine nicht, warum man ausgerechnet genau ab dem achtzehnten Lebensjahr nicht mehr manipulierbar sein soll, nicht. Leider sind Menschen immer manipulierbar, allein dadurch, dass die meisten Informationen, die wir irgendwoher bekommen, schon einmal für uns gefiltert wurden. Jedoch scheint die Manipulierbarkeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich zu sein.

Manipulierbarkeit wie ich sie verstehe, scheint von verschiedenen Faktoren abhängig zu sein, etwa der Stärke der Persönlichkeitsgrenzen (thick v.s. thin Boundaries), die meines Wissens nach teilweise vererbt ist. Die klassische Suggestibilität ist auch über den Lauf des Lebens ein recht stabiles Persönlichkeitsmerkmal, deshalb vermute ich auch eine gewisse erbliche Komponente. Andererseits denke ich auch, dass die Manipulierbarkeit auch stark von erlernten Denkstrategien abhängt, etwa bei jeder Aussage sofort eine Quelle zu erfragen oder die Beschäftigung mit den regeln der klassischen Logik.

In deinem konkreten Fall finde ich es wirklich schade, dass sich die Bekannte nicht auf eigene Beine stellt und ihr eigenes Leben lebt. Ich denke, dass man so deutlich mehr vom Leben hat. Wahrscheinlich hat die Mutter von A ganze Arbeit geleistet, ihre Tochter klein zu halten. So wie du es beschreibst erinnert es mich an die böse Zauberin aus „Rapunzel – neu verföhnt“.

» Rabat » Beiträge: 302 » Talkpoints: 1,76 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke, dass die Behauptung deiner Cousine schlichtweg Schwachsinn ist. Nur weil man ein bestimmtes Alter erreicht, ändert sich doch nichts. Man wird nicht unmanipulierbar oder gar reifer. Jeder Mensch entwickelt sich in einem unterschiedlichen Tempo. Manch einer ist schon mit 16 Jahren völlig eigenständig und hat seine eigene Meinung und andere leben noch mit 40 zu Hause und sind den Eltern hörig.

Ich denke hier geben Lebenserfahrung und Erziehung einen viel höheren Ausschlag. Wer frühzeitig von den Eltern an Hausarbeiten und Verantwortung herangeführt wird, ist letztendlich wahrscheinlich selbstständiger als jemand der sprichwörtlich alles in den Hintern geschoben bekommt.

» xZombieKitten » Beiträge: 538 » Talkpoints: 13,88 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Rabat hat geschrieben:Leider sind Menschen immer manipulierbar, allein dadurch, dass die meisten Informationen, die wir irgendwoher bekommen, schon einmal für uns gefiltert wurden. Jedoch scheint die Manipulierbarkeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich zu sein.

Dieser Ansicht bin ich auch. Ich denke, dass wirklich ausnahmslos jeder Mensch manipulierbar und damit auch beeinflussbar ist, unabhängig vom Geschlecht oder Alter. Bei manchen Menschen dauert es nur eben etwas länger als bei anderen, bis sie dementsprechend "bearbeitet" wurden. Ich meine, wenn man lange genug etwas ganz bestimmtes gezielt eingetrichtert bekommt, dann glaubt man es irgendwann auch selbst. So wie beispielsweise bei den Nazis, irgendwann hat auch der (fast) letzte im Land geglaubt, dass die "Arier" grundsätzlich etwas besseres sind als die Juden. Wobei es hier natürlich auch Ausnahmen gab, die aktiven Widerstand geleistet haben. Die waren allerdings eher in der Minderheit.

Daher denke ich auch, dass das wie gesagt eben nur Wunschdenken von meiner Cousine ist. Sie selbst ist gerade 18 und hält sich natürlich für unbesiegbar und nicht beeinflussbar. Sie hätte es gerne, ohne Frage, die Realität sieht aber meistens anders aus. Witzigerweise stelle ich sogar fest, dass die besagte Cousine auch total leicht von A beeinflusst wird. Sie benutzt nämlich immer häufiger dieselbe Wortwahl wie A, die dieselbe Wortwahl von As Mutter benutzt. Schon seltsame Zufälle, wenn du mich fragst, besonders da man mit 18 doch so "unmanipulierbar" ist.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das ist natürlich Quatsch und es findet keine andere Veränderung am Körper oder Intellekt des Menschen statt zwischen dem Tag wenn der Mensch 17 Jahre und 364 Tage alt wird und dem Tag, an dem er 17 Jahre und 365 Tage alt wird. Was sich natürlich ändert, ist der rechtliche Status. Aber auch da mit Einschränkungen - so kann das Jugendstrafrecht auch bei jungen Erwachsenen Anwendung finden.

Außerdem ist es natürlich schwierig genau fest zu machen, was unter "Manipulation" zu verstehen ist. Denn hier gibt es ja ein breites Feld von "überrumpeln" zu "überzeugen" oder "täuschen". Und wenn das ab 18 nicht mehr klappen würde, wäre die gesamte Werbeindustrie am Boden.

Der Vergleich mit den Nazis finde ich hier übrigens etwas unangebracht, weil hier suggeriert werden würde, dass das "Volk" getäuscht worden wäre. Dem ist aber nicht so und hier wurde nur vorhandenes zu Tage befördert. Kein Nachbar von Juden, kein KZ Wächter und kein Versicherungsvertreter könnte sagen, nicht gewusst zu haben, was passiert. Und jeder hat sich die Sache so erklärt, dass die Juden als Rasse es nicht anders verdient hätten. Der Besitz der Juden wurde ja aufgeteilt - da hat sich keiner "täuschen" lassen und es gibt nur wenige, die nicht davon profitieren wollten.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Bei irrationalen Überzeugung, die natürlich auch durch Manipulation entstehen können, ist es anscheinend wirklich so, dass sie viel stärker sind, wenn der Grundstein in der Kindheit und Jugend gelegt wurde. Religion ist dafür natürlich das beste Beispiel aber das trifft auch auf Phobien, Vorlieben oder Abneigungen zu.

Natürlich kann aber jeder Mensch manipuliert werden, bei Erwachsenen ist es wahrscheinlich nur oft etwas schwieriger herauszufinden, wie man dabei am besten vorgeht, also herauszufinden, wo sie angreifbar sind. Ein Kind kann ich wahrscheinlich dazu bringen das gewünschte Verhalten zu zeigen indem ich einen Schokoriegel als Belohnung anbiete, ein Erwachsener wird mir sagen, dass er sich selber einen kauft wenn er darauf Lust hat. Also muss man nach einer anderen Art von Belohnung suchen, die vielleicht gar nicht materieller Art ist. In dem von dir beschriebenen Fall scheint die Belohnung ja auch eher eine emotionale Geschichte zu sein.

Ich denke, dass auch eine Manipulation durch die Medien oder etwas ähnlich abstraktem, im weitesten Sinne etwas mit Belohnungen zu tun hat. Es werden ja oft die eigenen Vorurteile und Ängste bestätigt, man fühlt sich also gut, weil man ja recht gehabt hat.

Den "unmanipulierbaren" Menschen wird es wahrscheinlich nicht geben. Ich würde von mir zum Beispiel schon behaupten, dass man mich nicht dazu bringen kann irgendwelche blödsinnigen Aussagen von anderen unreflektiert zu übernehmen. Ich habe genug Vertrauen in meine eigene Intelligenz und hinterfrage eh fast alles erst mal bevor ich es abnicke. Aber auf emotionaler Ebene sieht das wahrscheinlich ganz anders aus und ich würde nicht behaupten, dass ich da völlig immun bin. Ich schaffe es ja nicht mal einen am Tisch bettelnden Hund auf Dauer zu ignorieren, obwohl ich weiß, dass das reine Manipulation ist.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich finde es auch etwas naiv von deiner Cousine, zu glauben, dass Menschen über 18 nicht mehr manipuliert werden können. Ich denke auch, dass die meisten oder alle Menschen auf irgendeine Weise manipuliert werden können. Sicher hängt es von verschiedenen Voraussetzungen, wie der Erziehung oder der Stärke der Persönlichkeit ab, in welchen Maße eine Manipulation möglich ist. Aber sicher ist es nicht vom Alter abhängig, dass mit dem 18. Geburtstag ein Hebel umgelegt wird und man dann nicht mehr von anderen Menschen manipuliert werden kann.

Der Vergleich mit dem 3. Reich ist schon sehr gut. Damit kann man es doch perfekt erklären, dass Manipulierbarkeit keine Altersfrage ist. Was hat deine Cousine denn dazu gesagt, falls du es so angesprochen hast? Mir sind sofort Sekten in den Sinn gekommen, als ich den Beitrag gelesen habe. Da ist es ja auch so, dass nicht nur Kinder Mitglieder sind, die dann sofort mit erreichen des 18. Lebensjahres austreten, weil sie sich nicht mehr manipulieren lassen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich würde sagen, wir sind ausnahmslos alle manipuliert. Und man könnte das gar nicht umgehen. Jedenfalls nicht realistisch. Wie könnte man schon ohne Informationen von außen und Meinungen anderer Personen überleben und geistig gesund bleiben? Das geht wohl kaum.

Der Nazi-Vergleich mag zwar richtig sein, aber muss man immer gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen? Ich finde, dass so etwas die damalige Zeit zu sehr verharmlost. Ich nehme mal einen moderneren Vergleich: Die Werbung. Wenn Menschen ab 18 nicht mehr manipulierbar wären, dann gäbe es schlagartig nur noch Werbung für Konsumenten unter 18 Jahren. Welche halbwegs vernünftig rechnende Firma gibt schon Stangen an Geld aus, wenn man damit doch keine Käufer gewinnen könnte? Und mal ehrlich: Wie viel eigentlich unnötigen Kram habt ihr schon gekauft, nur weil die Werbung überzeugend war und habt dann fest gestellt, dass ihr mal besser nicht der Werbung geglaubt hättet? Das waren bestimmt schon mehr als ein Kauf in eurem Leben.

Auch die ganze Medienbranche fußt darauf. Zeitungen wie Bild leben davon, Menschen Meinungen und Einstellungen zu verkaufen, ohne dass sie das zu kritisch hinterfragen. Und wenn es nur die Meinung ist, dass man genau diese Zeitung super gerne liest, weil es Spaß macht und man sie immer wieder konsumiert.

Zur Zeit ist mal wieder Wahlkampf und die Parteien geben auch reichlich Geld dafür aus, Straßenzüge mit Plakaten zu säumen und Flyer in Briefkästen zu verteilen. Wenn erwachsene Menschen nicht manipulierbar wären, wäre Wahlkampf sinnlos und damit nicht existent. Und wenn wir alle nicht manipulierbar wäre, dann müssten alle erwachsenen Wähler die wahren Absichten aller kandidierenden Parteien durchschauen. Kennt ihr wirklich jemanden, der das kann? Es dürften nur sehr wenige sein.

Und: Man darf durchaus nicht von sich auf andere schließen. Selbst wenn Menschen über 18 mit einem Mindest IQ von einem bestimmten Wert X dazu in der Lage wären, nicht manipulierbar zu sein, dann gäbe es immer auch eine gewisse Menge Leute, die unter diesem IQ liegen. Und der reine IQ ist ganz sicher auch nicht der einzige Faktor, der hier entscheidend ist.

Ich würde höchstens folgende Behauptung wagen: Eine Person wird im Laufe des Lebens mit zunehmender Erfahrung immer weniger manipulierbar. Bis zu einem gewissen Punkt. Man nennt das auch Altersweisheit. In so einem Zustand durchschaut man vieles besser, als in jungen Jahren. Aber auch das gilt nur für ältere Leute, die eben nicht unter Krankheiten leiden, die das Gehirn zerstören oder beeinträchtigen. Aber je nach Charakter, Bildung, Intelligenz und Erfahrung kann ein einzelner jüngerer Mensch durchaus auch schwieriger zu manipulieren sein, als ein einzelner älterer.

Dann kommen noch solche Faktoren wie Egoismus und Machtgier dazu. Solche Leute kann man sicherlich auch leichter manipulieren, wenn man da nur an empfänglichen Stellen drückt und diese Schwächen gezielt bedient. Und sicherlich ist es auch ein Unterschied, wer manipuliert. Es gibt sie, die Menschen, die dazu absolut talentiert sind, anderen Flöhe ins Ohr zu setzen, ohne dass die bemerken, dass sie manipuliert werden. Andere stellen sich da schon plumper an. Und wenn man merkt, dass man manipuliert wird, wehrt man sich geistig vielleicht eher, als wenn es einem gar nicht auffällt, weil es super geschickt eingefädelt wurde.

Noch ein Beispiel: Wer ist nicht schon mal auf einen falschen Lebenspartner herein gefallen? Weil der oder die sich so sehr toll dargestellt haben, dass man glaubte, den Traumprinz oder die Traumprinzessin gefunden zu haben. Bis dann eines Tages der Lack ab war und man enttäuscht wurde. Ist das nicht auch eine gewisse, ziemlich alltägliche Manipulierbarkeit?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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