Mann Gottes und Mann der Kirche

Ich habe letztens den neuen "Die drei Musketiere" Film gesehen. Dort sagt Aramis einen Satz, den ich sehr gut fand. Er meinte, dass ein Mann der Kirche und ein Mann Gottes nicht immer das gleiche ist. Ich denke mal, dass dieser Satz heute ebenso zutrifft, wie zu der Zeit der Musketiere, wenn nicht sogar noch mehr.

Es ist ja oft so, dass man vielleicht irgendwann seinen Glauben verliert. Ich habe schon einige Pfarrer kennen gelernt, bei denen das passiert ist und sie trotzdem noch ein Pfarrer, also ein Mann der Kirche, geblieben sind. Ebenfalls denke ich, dass viele Pfarrer werden, um Geld zu verdienen. Ich habe im Internet diese Tabelle gefunden, auf der der ungefähre Verdienst eines Pfarrers der evangelischen Kirche gezeigt wird.

Was haltet ihr denn von diesem Thema? Denkt ihr, dass ein Priester oder Pfarrer, also ein Mann der Kirche, immer auch gläubig ist und somit ein Mann Gottes? Oder denkt ihr ebenfalls, dass es sich dabei oft um Menschen handelt, die überhaupt nicht an Gott glauben oder vielleicht einfach nur ihren Glauben verloren haben. Falls man seinen Glauben verliert und dann mit vielleicht 50 Jahren nicht mehr anfängt etwas neues zu lernen, kann ich das vollkommen verstehen. Allerdings gibt es bestimmt auch viele die erst ein Mann der Kirche werden und überhaupt nicht an Gott glauben und das vielleicht alles nur wegen dem Geld machen oder was meint ihr?

Wie du schon richtig angemerkt hast, es gibt solche und solche. Ich glaube allerdings nicht, dass viele Menschen nur deswegen Pfarrer oder Prediger werden wegen der Bezahlung. In vielen Freikirchen beispielsweise arbeiten die Prediger ehrenamtlich und werden somit nicht bezahlt. Ich habe dennoch einige Prediger aus diesen Freikirchen in meinem Leben getroffen und hatte bei einigen Ausnahmen auch eher das Gefühl, dass die gar nicht wirklich mit dem Glauben dahinter stehen, sondern dass es ihnen um etwas anderes geht. Bei denen hatte ich oft das Gefühl, dass es ihnen in erster Linie nicht um Frömmigkeit ging, sondern um Macht und Machtdemonstration. Gerade die Gläubigen folgen ja im Normalfall auch der Bibelauslegung durch den Prediger, besonders die Konservativen. Es wird in der Regel auch nicht das Wort des Predigers hinterfragt.

Bei den Baptisten beispielsweise ist mir das besonders extrem aufgefallen. Wenn der Prediger sagt, dass Hosen für Frauen Sünde sind, dann tragen alle Frauen Röcke oder Kleider, weil sie Angst haben, in die Hölle zu kommen, wenn sie nicht dem Prediger gegenüber Gehorsam sind. Das gibt den Predigern in dem Sinne ja schon ein gewisses Maß an Macht. Einmal habe ich sogar mitbekommen, wie ein Prediger bestimmtes Schuhwerk oder bestimmte Frisuren als "illegal" erklärt hat und kurze Zeit später haben sich 99% aller dortigen Frauen daran gehalten.

Mein ehemaliger Religionslehrer war auch ein Pfarrer einer evangelischen Gemeinde. Er war Teilzeit Pfarrer in einer Kirche und hatte eben eine zweite Teilzeit-Stelle in meiner Schule, um dort Religion zu unterrichten. Bei dem hatte ich auch oft das Gefühl, dass er nicht wirklich gläubig ist, was mich gerade bei einem Pfarrer schon ziemlich gewundert hat. Natürlich kann es sein, dass sich sein Glaube mit der Zeit nunmal so entwickelt hat. Wenn ich an seiner Stelle von Anfang an so kritisch in Bezug auf den Glauben gewesen wäre, dann hätte ich bestimmt nicht eine berufliche Laufbahn als Pfarrer eingeschlagen.

Es gibt eine Organisation - The Clergy Project - die sich an Atheisten richtet, die in der Kirche tätig waren oder immer noch sind. Als nicht Betroffene weiß ich über die Hintergründe und die gesamte Organisation natürlich nicht viel, denn aus verständlichen Gründen sind diese Leute sehr auf ihre Privatsphäre bedacht. Ich weiß nur aus diversen säkularen Medien, dass es dieses Projekt gibt. Und die Tatsache, dass es existiert und zwar schon seit längerer Zeit, beweist ja, dass der Bedarf da ist und, dass es eine ganze Reihe Menschen gibt, die nach einem Weg suchen wie sie aus der Kirche aussteigen können.

Warum ein Atheist jetzt allerdings Gläubigkeit heucheln sollte verstehe ich nicht. Das könnte man vielleicht einigen wenigen Predigern in den USA vorwerfen, die mit ihren Kirchen und TV Auftritten sehr viel Geld machen, aber der Großteil verdient in dem Job doch nicht so viel Geld, dass es sich dafür lohnen würde sein ganzes Leben lang zu lügen. Die Zahlen in deiner Tabelle sind jetzt auch nicht übermäßig hoch, wenn man sich sein Studium nur nach den Verdienstmöglichkeiten aussucht wird man eine ganze Reihe Fächer finden, die wesentlich besser abschneiden als Theologie.

Dass Geistliche mit der Zeit ihren Glauben verlieren, kann ich mir gut vorstellen. Dass Leute, die von Anfang an nicht glauben, einen kirchlichen Beruf wählen, das denke ich aber weniger. Sicher mögen die Verdienstmöglichkeiten super sein, aber ich denke, vielen Menschen wäre es nicht angenehm, einen Glauben zu predigen, der ihnen selber nichts bedeutet. Mal abgesehen davon wissen die meistens Leute wahrscheinlich gar nicht, dass Pfarrer so ein gut bezahlter Beruf ist.

Und besonders "in" ist der Beruf unter den meisten jüngeren Leuten nun auch nicht. Hat schon einmal jemand hier gehört, dass Jugendliche meinten, sie wollten Pfarrer werden, und dass dieser Beruf ja so cool sei? Das glaube ich weniger.

Also überhaupt auf die Idee, Pfarrer zu werden, dürfte man nur kommen, wenn einem die Religion wirklich etwas bedeutet. Oder allerhöchstens noch, wenn es in der Familie eine Tradition gibt, Pfarrer zu werden. In so einem Fall kann ich mir schon noch vorstellen, dass ein Kind vielleicht gedrängt wird, in die Fußstapfen vom Vater oder Großvater zu treten. Aber das dürfte wohl auch nicht so oft vorkommen.