Behinderte als etwas Besonderes behandeln?
Von den meisten Behinderten wir ja immer betont, dass sie keine Sonderbehandlung wünschen. Ob man ihnen die Tür im Geschäft aufhält oder ihnen an der Bushaltestelle anbietet zuerst einzusteigen. Meist bekommt man hier nur einen bösen Blick. Natürlich verstehe ich das sie unabhängig sein wollen und nicht ständig auf ihre Behinderung erinnert werden möchten.
Als wir damals kurz nach der Entlassung mit unserem Kleinen auf den Weg ins Krankenhaus für einen Check-up waren, wartete an einer Haltestelle eine Frau im Rollstuhl. Da bei unserem Einstieg schon ein Kinderwagen im Bus war standen wir also auf dem Rollstuhlplatz und machten uns bereit den Bus zu verlassen. Der Busfahrer jedoch wies sie ab, mit der Begründung er würde kein neugeborenes Baby aus dem Bus schmeißen. Das war für uns natürlich klasse die Dame jedoch war fuchsteufelswild.
Wir erkundigten uns beim Fahrer, warum er dies gemacht hat, da der 2. Platz für Rollstuhlfahrer vorgesehen ist und man den Bus eigentlich verlassen muss. Daraufhin sagte er, dass die meisten Busfahrer prinzipiell keine neugeborenen Babys des Busses verweisen. Ganz besonders dann nicht, wenn es kalt und regnerisch ist. Diese Regelung kannten wir zuvor nicht. Die Dame jedenfalls regte sich sehr auf. Sie drohte dem Fahrer sogar ihn bei der Busverwaltung zu melden. Es sei eine Frechheit, dass ihr der für sie vorgesehene Platz verweigert wurde.
Ich kann natürlich verstehen, dass es nicht sonderlich angenehm ist, länger zu warten, wenn man es gewohnt ist, das immer Platz für einen gemacht wird. Dennoch fragte ich mich auch, wo hier die Gleichberechtigung bleibt? Der Bus war ohnehin gerammelt voll. Selbst ohne den Rollstuhl hätte sie wahrscheinlich keinen Platz mehr bekommen und 10 Minuten warten zu müssen wird einen sicher nicht umbringen. Wie kann man den immer fordern nicht gesondert behandelt zu werden, wenn man dies sofort über Bord wirft, wenn es eine Gelegenheit für einen Vorteil bringt?
Habt ihr schon mal einen ähnlichen Fall erlebt? Was denkt ihr über Sonderbehandlung für Behinderte? Denkt ihr auch das sie gelegentlich ein wenig willkürlich und widersprüchlich handeln? Oder könnt ihr die Dame sogar verstehen und denkt der Busfahrer hat hier falsch entschieden?
Ich kann auch ein wenig verstehen, das behinderte Menschen keine Sonderbehandlung wollen. Immer hin unterscheiden sie sich von den anderen Menschen schon allein durch die Behinderung und, dass der Wunsch dann groß wird, bei einem behinderten Menschen auch normal behandelt werden zu wollen und keine Sonderbehandlung zu bekommen, kann ich schon verstehen.
Natürlich war das Handeln des Busfahrers ziemlich nett. Er hätte auch anders reagieren können, da ihr ja schon bereit gewesen seid, den Bus für die Rollstuhlfahrerin zu verlassen. Auch, wenn der von euch besetzte Platz für einen Rollstuhlfahrer vorgesehen war, würde ich es auch so handhaben, wie der Busfahrer. Ich würde auch kein Neugeborenes vor die Tür setzen, wenn das Wetter draußen eh miserabel ist. Sicherlich hätte man anders handeln können, wenn das Wetter sonniger gewesen wäre. Aber die Dame im Rollstuhl hätte auch gerne noch zehn Minuten auf den anderen Bus warten können, wenn selbst ohne Rollstuhl keinen Platz mehr zu bekommen war.
Ich kann auch verstehen, dass die Dame im Rollstuhl fuchsteufelswild war, da sie es eigentlich gewohnt ist, dass man sie sonderbar behandelt. Aber ich kann dann nicht verstehen, wenn man sowieso verlangt keine Sonderbehandlung zu bekommen und man dann einmal keine sonderbare Behandlung bekommt, so sauer zu sein. Ich denke aber, dass jede Person Vorteile aus seiner Situation scheffeln würde, wenn man die Möglichkeit hat. Jede Person würde die Gelegenheit nutzen, wenn sie einem zum Vorteil dient, die aus seiner Situation zu ziehen. Ich kenne da eigentlich niemanden, der auf seine Vorteile verzichtet und anderen den Vortritt lässt, da muss man ja auch ganz ehrlich sein. Und vor allem, die Leute bestehen auf ihr Recht und ziehen Vorteile aus einigen Situationen, die keine Behinderung haben. So muss man das Ganze auch mal sehen.
Ich habe einen ähnlichen Fall nun noch nicht so miterlebt. Ich wüsste nun auch nicht, wie ich in so einem Fall reagieren oder handeln würde. Das wäre jetzt echt schlecht zu sagen. Aber im Großen und Ganzen denke ich nicht, dass der Busfahrer falsch gehandelt hat. Ich denke schon, dass die Handlung des Busfahrers richtig war.
Ich denke, dass das Beispiel für die Frage nicht unbedingt passend ist. Die Rollstuhlfahrerin wollte ja nicht "Besonders" behandelt werden, sondern nur ihr Recht auf ihren Platz im Bus, der ihr zustand. Sie hatte dieses Recht und wollte es einfach auch bekommen. Anders wäre es gewesen, wenn dieser Platz bereits durch einen anderen Rollstuhlfahrer besetzt gewesen wäre und sie gefordert hätte, dass man ihr nun einen zweiten Platz gibt, weil sie behindert ist.
Mein Freund sitzt ebenfalls im Rollstuhl und insofern kenne ich die Problematik ein wenig. Es ist insgesamt ein Zwiespalt. Zum einen wollen sie als ganz normale Menschen behandelt werden, denn das sind sie ja auch. Andererseits sind bzw. werden sie aber bei vielen Situationen behindert und um einigermaßen normal am Leben teilnehmen zu können, müssen sie in einigen Situationen eben besonders behandelt werden.
Und gerade beim Busfahren hat mein Freund unheimliche Probleme. Sehr oft sind die Busse kaputt oder immer noch nicht auf Rollstühle eingerichtet, sodass es schon einem Lottogewinn gleich kommt, wenn er an einen Bus gerät, der ihn mitnehmen kann. Außerdem kommt dazu, dass er bei Regen sehr viel gefährdeter ist als wir Nichtbehinderten, denn durch die Querschnittslähmung ist die Durchblutung in den Beinen gestört und wenn diese dann auch noch nass werden, kann es bei ihm zu Krampfanfällen kommen, was aber nicht bei jedem Rollstuhlfahrer so ist.
Ich denke, man muss aber immer die konkrete Situation sehen. So ganz verallgemeinern kann man es eben nicht. Und ich denke, in der Situation wäre ich auch trotz des schlechten Wetters, des Babys und des Busfahrers ausgestiegen. Es war das Recht der Rollstuhlfahrerin und sie wird oft genug benachteiligt - da bricht man sich keinen Zacken aus der Krone, wenn man selbst aussteigt und dann eben die zehn Minuten auf den anderen Bus wartet.
Erst einmal wissen wir alle nicht, ob diese Dame zu den Behinderten gehört, die eine Sonderbehandlung immer ausschließen. Denn es gibt nicht "den Behinderten" oder "alle Behinderten". Vielleicht möchte diese Dame jede Sonderbehandlung genießen, die ihren Mitmenschen einfällt und würde niemals jemanden böse ansehen, wenn er ihr die Tür aufhält.
Außerdem würde ich den extra Stellplatz für einen Rollstuhl in einem Bus nicht mit dem Türaufhalten vergleichen. Ein Rollstuhlfahrer ist mit etwas Übung voll und ganz in der Lage, eine Tür zu öffnen und benötigt diese Hilfe daher nicht. Sie ihm zuteil werden zu lassen, macht ihn klein und beweist, dass man es ihm nicht zutraut. Es ist nett gemeint, aber es hat etwas von Mitleid, was eben viele Behinderte nicht wollen.
Wenn man Rollstuhlfahrern allerdings den Stellplatz verweigert, können sie sich nicht anders behelfen. Sie können sich ja schlecht auf einen normalen Platz setzen und sich den Rollstuhl über den Kopf halten oder den Rollstuhl an der Haltestelle stehen lassen. Diese "Sonderbehandlung" ist also absolut notwendig. Daher ist das eine rechtlich verankert und das andere nicht. Die beiden stehen also in keinster Weise auf einer Stufe.
Daher würde ich auch nicht sagen, dass der Busfahrer richtig gehandelt hat. Zum einen kommt es sehr auf seinen Ton an. So wie du es beschreibst, hat er sie ziemlich harsch abgewiesen, anstatt sie zu bitten, dieses eine Mal zugunsten des Neugeborenen darauf zu verzichten. Und zum anderen ist die Rollstuhlfahrerin hier einfach im Recht.
Man könnte die Sache auch von der anderen Seite aufziehen. Wenn mein Neugeborenes draußen gefährdet ist, dann fahre ich nicht mit ihm Bus. Man kann sich doch nicht darauf verlassen, dass anderen Leuten ihre gesetzlich verankerten Rechte verwährt werden. Es kann doch jederzeit sein, dass der Bus zu spät kommt oder dass da schon zwei Kinderwagen mit Neugeborenen drin stehen. Von daher sollte man sein Kind einfach warm genug einpacken und eine Regenplane für den Kinderwagen mitnehmen oder zuhause bleiben.
Ich finde es ganz normal, wenn man nicht anders behandelt werden will. Immerhin ist man ja auch nur ein Mensch und man kann ja auch nichts dafür, dass man im Rollstuhl sitzen muss oder andere Behinderungen hat. Ich denke, dass die Frau in dem Fall einfach gedacht hat, dass das Baby auch woanders hin kann und sie auf ihren Platz kann, weil sie ja nicht beweglich ist mit dem Rollstuhl. Dass man einen Kinderwagen aber auch nicht einfach so auf Seite stellen kann, hat sie sicherlich nicht bedacht.
In so einem Fall ist eine Entscheidung schwierig, da ich nun auch nicht unbedingt einen Rollstuhlfahrer auf der Straße stehen lassen würde, bei schlechtem Wetter. Wäre der Bus aber wirklich so klein, dass nur einer von beiden hineinpasst, würde ich das Neugeborene auch im Bus lassen. Die ganze Abwehr einen Babys, ist ja auch noch nicht so stark.
Zu den ganzen Kommentaren, dass man bei schlechtem Wetter einfach zuhause bleiben sollte. Wir mussten ins Krankenhaus mit ihm fahren und konnten uns den Tag natürlich nicht aussuchen. Des Weiteren wollten wir den Bus auch verlassen, aber nachdem diese Frau sich so aufregte und uns halb beleidigte, haben wir das Angebot des Busfahrers dankend angenommen. Wir sind selbst nicht so das wir Kinderwagenplätze einfordern. Es sitzen ständig Leute auf dem Kinderwagensitz und bewegen sich auch dann nicht, wenn man mit einem Kinderwagen dazusteigt und das sogar, wenn der Bus völlig leer ist. Wir beschweren uns darüber nicht und stellen uns auf den Rollstuhlplatz, obwohl wir hier nicht sitzen können.
Wir haben sogar bereits einen zusammenklappbaren Kinderwagen für den Bus besorgt, damit wir jederzeit für andere Eltern Platz machen können. Die meisten Eltern kaufen diese erst, wenn das Kind schon laufen oder zumindest ohne Hilfe sitzen, kann. Man muss einfach immer die Situation einschätzen. Wir leben hier in einem Dorf. Die meisten Busfahrer kennen uns, den Kleinen und das er einen schweren Start hatte. Ich bin mir sicher er erwähnte gegenüber der Dame sogar das er ein krankes Baby nicht vor die Tür setzt und sie beruhigte sich dennoch nicht.
Ich arbeite mit Menschen, die eine Behinderung habe und sehe es ganz genauso wie der Busfahrer. Behinderte wollen gleich behandelt werden wie alle anderen und deswegen sollten sie auch so behandelt werden. Und wenn in dem Bus schon drei Kinderwagen stehen, dann kann da nun einmal kein Rollstuhlfahrer mehr mit hinein.
Ich war einmal mit einer Kollegin und zwei Menschen im Rollstuhl auf dem Weihnachtsmarkt und auf dem Rückweg mussten wir auch zwei Busse warten, bis wir endlich einsteigen konnten. Denn in dem einen Bus war bereits ein Kinderwagen und ein Rollstuhlfahrer, in dem anderen zwei Kinderwagen. Eine der beiden Behinderten hat sich aufgeregt, aber wir haben ihr dann erklärt, das die Plätze in den Bussen für Rollstuhlfahrer und Kinderwägen sind und man dann halt warten muss, bis genug Platz dort ist. Schließlich kann man nicht einfach einen Fahrgast aus dem Bus werfen, nur weil ein Rollstuhlfahrer einsteigen möchte.
Wenn es einem möglich ist, dann sollte man natürlich Platz machen, aber wenn es einem nicht möglich ist, dann kann man das eben nicht machen. Und in deinem Fall war es ja berechtigt, das ihr drinnengeblieben seid. Auch bei gutem Wetter, wäre es euer gutes Recht gewesen, drinnen zu bleiben.
Ein nicht behinderter Mensch ist ja schließlich auch sauer, wenn er nicht mit der Bahn fahren kann, sondern erst mit der nächsten, nur weil es zu voll ist. Ich habe das zwar erst einmal erlebt, aber ich war trotzdem sauer. Obwohl ich natürlich verstanden habe, dass das nicht ging und ich niemanden rauswerfen durfte, aber sauer war ich trotzdem. Ich denke, im Nachhinein wird die Frau im Rollstuhl auch nicht mehr sauer gewesen sein, schließlich könnt werde ihr, noch sie etwas dafür, wenn die Gänge im Bus so eng sind, dass man dort weder mit dem Kinderwagen noch mit dem Rollstuhl hin ausweichen könnte.
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