Ist es nötig zu provozieren, um bekannt zu werden?

vom 07.05.2014, 17:32 Uhr

Die niederländische Künstlerin (?) Katinka Simonse nennt sich „Tinkebell“, wohl in Anlehnung an die Fee. Sie machte erstmals von sich reden, als sie sich eine Handtasche aus ihrem getötetem, kranken Kater machte. Nach Angaben hatte der Kater Angst vor dem Tierarzt, der ihm eine Spritze geben sollte, deshalb drehte sie ihm eigenhändig den Hals um. Das war 2004. Es folgten viele Mails, in denen die Absender ihren Hass ausdrückten. Diese Mails verarbeitete sie zu einem Buch. Damit hatte sie erreicht, was sie wollte: Aufmerksamkeit! Die meisten Absender einer Hass-Mail konnte sie ausfindig machen lassen und nannte sie namentlich in ihrem Buch.

Was sie macht basiert auf Provokation. Sie will die doppelte Moral entlarven. Da haben die Menschen ein Kuscheltier, dass sie lieben und auf der anderen Seite ignorieren sie die Qualen der industriell verwerteten Tiere. Aber rechtfertigt das eine Tat wie: einer Katze den Hals umdrehen und damit töten und anschließend eine Handtasche aus ihr zu machen? Hier eine andere Handtasche. Findet ihr das pervers? Man unterstellt ihr eine gute Absicht, aber rohe Methoden.

Eine Aktion von ihr war: 100 männliche Küken aus einer Legefabrik wollte sie persönlich schreddern. Die Besucher der Show konnten Küken erwerben für 15 Euro und vorm Schreddern retten. Es wurden nur wenige verkauft. Als sie den Rest schreddern wollte, kam Tumult auf. Die restlichen Tiere wurden vom Veranstalter gekauft und zur Legefabrik zurückgegeben. Sicher schlug da ihre letzte Stunde. So provoziert sie laufend. Von ihr soll ein Buch kommen: „Die Deutschen sind behindert.“ Hat jemand mal diese Frau auf einer Vernissage kennengelernt?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Künstler sind ja immer ein wenig komisch und jeder hat so sein Art. Wenn man solche Geschichten von der eigenen Katze erzählt, muss das ja auch nicht stimmen und kann durchaus eine Metapher sein. So einen Katzenpelz kann man sich ja im Prinzip auch schnell besorgen. Die Aktion mit den Legehennen finde ich eigentlich nicht so schlecht. Immerhin ist dies wirklich ein Widerspruch unserer Gesellschaft.

So eine Art der Kunst ist sicherlich speziell und ob man es nun Kunst oder Aktivismus nennt bin ich mir nicht mal so sicher. Kennengelernt habe ich sie noch nie und ich bin auch ehrlich gesagt nicht so böse darum, solche extremen Menschen können ganz nett sein, aber es geht eben immer auch ein Stück zu weit.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Etwas ähnliches, wenn auch nicht ganz so krass, habe ich gestern erst bei der Diskussion auf Facebook erfahren, wo eine Autorenkollegin meint, dass sie mit kostenlosen Texten den Durchbruch schaffen wird. Da hatte sie auch einen Autoren genannt, der wohl in sehr vielen Autorengruppen einfach nur rumgepöbelt und damit dem Effekt bekommen, dass sein Buch sehr gut verkauft wurde. Die Strategie scheint also bei manchen Menschen aufzugehen.

Ob sie nun wirklich der Katze einfach nur den Hals umgedreht hat, weiß ja nun keiner wirklich. Erzählen kann man da viel, wenn man einen bestimmen Werbeeffekt dabei haben will. Und dass manche Menschen aus ihren Haustieren dann die skurrilsten Erinnerungsstücke machen lassen, ist nun auch nicht neu und wurde schon häufiger in den Medien gebracht. Aber ich kenne die Frau nicht und habe auch keinen Bedarf mich näher mit ihr zu befassen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Provokation ist ein sehr einfacher Weg, um bekannt zu werden. Die Medien stürzen sich drauf. Sehr viel schneller, als wenn man Obdachlosen Suppe ausschenkt. Es ist aber auf jeden Fall ein zweischneidiges Schwert. Langfristig ist es sicher klüger, auf unbedachte Provokation zu verzichten und lieber auf sein wahres Talent als Autor, Schauspieler oder was auch immer zu setzen.

Hier würde ich den Fall allerdings etwas anders sehen. Die Künstlerin provoziert doch nicht, um bekannt zu werden und die Aufmerksamkeit dann auf ihre wahre Tätigkeit zu lenken. Die Provokation selbst ist ihre Kunst. Sie ist halt einfach keine Künstlerin, die Landschaften malt oder Skulpturen schweißt. Jetzt, wo sie die Aufmerksamkeit hat, wird sie nicht plötzlich etwas anderes machen.

Ihr Anliegen kann ich voll und ganz nachvollziehen. Unser Verhältnis zu Nutztieren steht im krassen Gegensatz zu unserem Verhältnis zu verhätschelten Haustieren. Ledertaschen tragen wirklich sehr viele Damen ohne sich etwas dabei zu denken, während sie gleichzeitig ihrem kleinen Fifi kein Haar krümmen könnten. Ich finde es gut und wichtig, auf dieses Paradoxon aufmerksam zu machen.

Auch die Aktion mit den Küken finde ich gut. Viele meinen, Eier von freilaufenden Hühnern zu essen, wäre keine Tierquälerei. Die Eier sind ja nicht befruchtet und schon gar nicht ausgebrütet. Wenn die Mütter ihren Freiraum haben, leidet also niemand. Dass immer wieder neue Hennen gebraucht werden und ihre Brüder nicht, bedenken viele nicht. Und die kleinen Hähne zu schreddern, ist echt fies.

Die Art und Weise dieser Künstlerin auf diese Missstände aufmerksam zu machen, sind sicherlich provokant. Aber ich glaube auch nicht, dass sie ihrem Kater den Hals umgedreht hat. Und somit hat sie keinem Tier geschadet. Sie hat es nur öffentlich gemacht.

Dass sich allerdings so viele Menschen auf solche Hasstiraden herablassen, finde ich unglaublich. Wie kann man einem anderen Menschen den Tod wünschen und all die schrecklichen Dinge, die sie in den Mails geschrieben haben. Ich kann ja verstehen, wenn man angewidert und verärgert ist. Aber man kann selber kein sonderlich guter Mensch sein, wenn man solche Worte findet und sie einem anderen Menschen schreibt.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Laut dem Tierarzt, der den Kater namens Pinkeltje behandelt hatte, war er todkrank und lag im Sterben. Nachdem sie ihrem Kater den Hals umgedreht hatte, stellte sie die Anleitung ins Internet, wie man eine Tasche aus seinem Haustier nähen kann. Das finde ich schon richtig makaber. Sie hatte keine Ahnung, dass die Tötung ihres Katers eine so gewaltige Empörung hervorrief. Ihr Mailpostfach wurde überschwemmt mit 100.000 Hassmails, Beschimpfungen und Drohungen, die sie in vier Jahren bekam. In der vermeintlichen Anonymität nehmen sich viele mehr heraus und glauben, nicht belangt werden zu können. Hier ist ihr toter Kater verlinkt.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Cid hat geschrieben:Nachdem sie ihrem Kater den Hals umgedreht hatte,...

Ich stelle mir das sehr schwierig vor. Also nicht nur emotional. Ich hätte aufgrund meiner Emotionen und mangelnden Erfahrung Hemmungen genügend Kraft anzuwenden und hätte Angst, es nicht schnell und effektiv durchführen zu können. Aber wenn sie es hinbekommen hat, war er sicherlich schnell tot. Dabei war er in vertrauter Umgebung und in der Nähe seines geliebten Menschen. Das wäre nicht die schlechteste Art zu sterben.

Cid hat geschrieben:,...stellte sie die Anleitung ins Internet, wie man eine Tasche aus seinem Haustier nähen kann. Das finde ich schon richtig makaber.

Genau das war doch ihre Absicht. Dass es andere makaber finden. Aber was ist weniger makaber daran, eine Kuh aufzuziehen, zu schlachten und dann zu einer Handtasche zu verarbeiten? Dass sie nicht nur das Leder ihres Katers verwendet hat, sondern die Katze als solche erkennbar ließ, ist Teil der Provokation und soll das Ganze verdeutlichen. Aber es besteht wirklich kein großer Unterschied. Außer dass der Kater bei ihr auf der Couch lag und mit ihr geschmust hat und die Kuh in einem dunklen Stall vor sich hin vegetierte.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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