China in Sachen Bildung auf der Überholspur?

vom 27.04.2014, 18:34 Uhr

In Deutschland werden die Schulen reformiert, was letztendlich bedeutet, dass die Anforderungen angepasst werden. Im Falle von deutschen Schulen bedeutet dies allerdings ein Herabsetzen der Anforderungen, sodass die Lehrpläne gekürzt werden. Demnach lernen deutsche Schüler immer weniger. Aber wie sieht es in den Nachbarländern aus? China als sogenanntes Entwicklungsland hingegen strebt einer immer besseren schulischen Bildung entgegen, wohingegen wir Deutschen abbauen.

In China werden die Schüler dazu angehalten immer mehr zu lernen um mit den westlichen Ländern mitzuhalten. Ich finde das gut, da eine gute schulische Bildung wichtig ist. Doch wie kann es sein, dass in einem Entwicklungsland mehr Wert auf Bildung gelegt wird als in einem europäischen Land? Zwar ist es in China so, dass nicht jedes Kind die gleichen Chancen hat, eine gute Schule zu besuchen, da es aufgrund der Einwohnerzahl und der politischen Situation unmöglich ist. Aber dennoch breitet sich das Bildungssystem immer weiter aus.

Wie kann es eurer Meinung nach sein, dass in Ländern wie China viel mehr Wert auf gute schulische Bildung gelegt wird und in Deutschland hingegen dagegen gerudert wird, indem Lehrpläne gekürzt werden um Schüler zu entlasten?

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» Chiquitalina » Beiträge: 2311 » Talkpoints: -3,62 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



China wird offiziell als Entwicklungsland geführt. Auf manche Teile des Landes trifft es sicherlich auch noch zu, aber im Großen und Ganzen ist China ein wirtschaftlich florierendes, reiches Land. Durch die Größe und die Diversität lässt es sich gar nicht in die Einteilung von Entwicklungsland - Schwellenland - Industrieland pressen. Die wollen ihren Status als Entwicklungsland aber nicht aufgeben, weil sie sich dadurch beispielsweise nicht an internationale Umweltstandards halten müssen und sie erhalten Entwicklungshilfe.

Aber demnach ist es total falsch, China einfach als Entwicklungsland abzutun und deren Bildungsstandards auf dem Niveau anderer Entwicklungsländern zu erwarten. Es ist die zweitmächstigste Volkswirtschaft mit der schnellsten Wachstumsrate. Das schafft man nicht als reiner Bauernstaat.

So weit ich weiß, ist das Schulsystem in China sehr leistungsorientiert. Die Schüler müssen sich dort beispielsweise ein Jahr lang ganz alleine daheim auf das Abitur vorbereiten und lernen dafür sehr extrem. Einmal habe ich von einem Mädchen gelesen, dass nach dem Lernen vor Müdigkeit in einen Heizstrahler gefallen ist und fast gestorben wäre. Der Druck soll wirklich enorm sein. Auch habe ich aber gehört, dass diese Orientierung an reiner Leistung und guten Prüfungsnoten langsam wieder nachlässt in China. Heute wird auch Wert auf Persönlichkeitsbildung und Pädagogik gelegt.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Mehr Stoff lernen ist keinesfalls ein Gütekriterium für die Bildung eines Landes. Gerade China ist ein gutes Beispiel. Dort wird zwar viel Stoff gepaukt, aber eben auf eine Art, die sehr ineffektiv ist. Auf der einen Seite ist das Bildungssystem wie schon erwähnt sehr leistungsorientiert, auf der anderen Seite werden die jungen Chinesen noch viel zu sehr auf Authorität gedrillt. Freies Denken ist oftmals noch unerwünscht und wird sogar teilweise bestraft. Doch genau das freie Denken ist etwas, was in vielen Berufen unbedingt nötig ist. Deshalb hat China auch noch massive Schwächen im Bereich der technischen Fächer, denn dort wird ein hohes Maß an "Querdenken" und Kreativität benötigt. Wenn man stures Pauken von Stoff gewöhnt ist, kommt man dort einfach nicht klar.

Viel wichtiger als das Lernen und Wiedergeben einer großen Stoffmenge ist, dass man lernt, wie man methodisch und strukturiert beim Wissenserwerb vorgeht. Der Begriff "Transferleistung" spielt eine enorm große Rolle. Das bedeutet, dass man das Gelernte auf ein neues Themengebiet angewendet werden kann. Nur durch Transfer ist wissenschaftlicher und technischer Fortschritt überhaupt erst möglich.

Und das kann man auch wieder in China gerade sehr gut beobachten. Die Chinesen sind sehr gut, wenn es darum geht etwas nachzubauen. Da dort viel allerdings einfach nicht gelernt haben, Hintergründe zu hinterfragen, funktioniert eine Weiterentwicklung nur sehr schwer. Natürlich hat China auch sehr intelligente Leute, die zu Transfer fähig sind und deshalb ist das Land auch in der Lage, einige "Vorzeigeprojekte" sehr gut abzuschließen, aber in der Masse sind sie größtenteils auf die Hilfe von Außen angewiesen, weil die große Masse eben nicht auf Transferleistungen geschult wurde. Und das bedeutet in vielen Fällen Hilfe aus Deutschland.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Sich China quasi als Vorbild in Sachen Bildung zu sehen finde ich falsch. Dort ist der Leistungsdruck unwahrscheinlich hoch und es herrscht ein großer Leistungsdruck, der öfter auch zu Selbstmorden junger Menschen führt. So etwas sollte man sich nicht zum Vorbild nehmen. Schule sollte Kinder mehr darauf vorbereiten, was sie im Leben erwarten wird und das finde ich in unseren Schulen nicht schlecht, da man zwar auch viel auswendig lernen muss, aber auch an das Leben herangeführt wird.

Ich finde es bescheuert, wenn man von jungen Menschen immer mehr Leistung erwartet. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie kaum noch Freizeit haben, keine Phantasie mehr haben können und so weiter. Kinder sind keine Leistungsmaschinen, sondern kleine Menschen, die noch keine Erwachsenen sind und deswegen auch nicht die Leistung eines Erwachsenen erbringen sollten.

China ist ein Land, was meiner Meinung nach jede Menge Defizite hat. Wenn man nun die zukünftigen Erwachsenen gut bildet kann das nicht schaden, aber wenn man im eigenen Land keine Zukunftsperspektiven hat wird das alleine auch nichts bringen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Weasel_ hat geschrieben:..... Freies Denken ist oftmals noch unerwünscht und wird sogar teilweise bestraft.

Die Philosophie des chinesischen Bildungssystems ist: die Schüler müssen mit der Lehre herkömmlichen Denkers vertraut sein und die Lehre westlichen Denkers verstehen. Mit der Lehre von dem Großen Mao aka. Karl Max müssen sie sich erst in das erste Unijahr antun. Da die chinesische Historie eben ziemlich lang ist, und die westlichen Fächer wie Englisch/Physik etc. eher "Fremdfächer" waren, haben die Schüler enorm vieles zu lernen.

Aber wenn man das zentrale Landesabitur Chinas anschaut, wird man sicherlich ein anderes Bild bekommen. Dass die Chinesen nur Reproduktionen verlangen, ist mehr oder weniger ein veraltetes Klischee. Die neuste Aufsatzaufgabe 2013 aus dem Provinz Jiangsu im Fach Chinesisch sollen die Schüler selbst definieren, mit dem Hintergrundgeschichte: Eine Truppe Abenteurer haben eine Höhle entdeckt. Die Leute sind hineingegangen und haben darin eine Kerze angezündet. Mit Kerzenlicht haben sie paar Schmetterlinge gesehen, die dann wegen dem Licht aus der Höhle flüchten. Man soll dann mit diesem Naturgeschehnis einen Aufsatz schreiben. Ohne Phantasie kommt man hier aber gar nicht weiter. Also freies Denken ist ein Schlüssel für Bestehen des Landesabiturs.

Aber andererseits hast du Recht. Über die Freiheit zu denken, ist laut meiner Information vernachlässigt worden. Dieses Thema werde bewusst aus dem Lernplan gestrichen. Ich würde nicht mal den Kommunismus dafür beschuldigen. Schließlich hat China ja aus historischen Gründen die Zeit der Aufklärung verpasst.

Man darf hier die zwei Sachen: "freies Denken" und "denken über die Freiheit" also nicht gleichsetzen. Zurück zum eigentlichen Thema, das Bildungssystem Chinas ist in keinster Weise zu vergleichen mit dem Deutschen. Wegen der Norm- und Wertvorstellung kann ein Mensch nur Erfolg haben, wenn er studiert hat. Wegen der Bevölkerungsdichte dürfen aber gerade mal ca 10% aller Schulabgänge(12. Klasse) studieren.

Das heißt, die Schwierigkeitsstufe der Landesabitur wird mit wachsender Teilnehmeranzahl steigen. Dieser Druck leitet weiter sich nach unten. Somit bekommt heutzutage schon ein Grundschüler(eigentlich schon in der Kindergarten) Leistungsdruck und Klausurstress. Dieses Phänomen hat man in Deutschland nicht, denn hier ist der Wohlstand auch ohne ein Studium zu erringen.

» techierys » Beiträge: 2 » Talkpoints: 0,51 »


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