Stolz sein, wenn ein Landsmann etwas erfunden hat?

vom 20.04.2013, 21:15 Uhr

Ich muss zugeben, dass ich immer ein bisschen stolz bin, wenn ich lese, dass ein Deutscher irgendwann einmal etwas als Erster erfunden hat. Kürzlich habe ich mich intensiv mit Hautpflegeprodukten beschäftigt und dabei erfahren, dass die deutsche Hautärztin Dr. med. Christine Schrammek Ende der sechziger Jahre die erste BBCream erfunden hat. Sie war in Asien sehr erfolgreich, weil die Asiatinnen damit eine ebenmäßige, helle Haut bekamen.

Beim Lesen erfüllte mich das unwillkürlich mit Stolz. Es kam aus einem inneren Urtrieb heraus, denn von der Vernunft her weiß ich ja, dass ich nicht persönlich diese Creme erfunden habe und mit der Frau auch gar nicht verwandt bin. Wahrscheinlich habe ich genetisch weniger mit ihr zu tun als mit Franzosen, weil meine Vorfahren aus Frankreich stammen.

Kennt ihr auch das Gefühl des Stolzes, wenn ihr hört oder lest, dass ein Deutscher früher einmal etwas Besonderes geleistet hat oder heute etwas Großartiges leistet? Woher kommt das wohl?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Das erinnert mich an Fußballanhänger. Die sind auch immer stolz auf die Mannschaft ihres Lieblingsvereines, der gerade wieder einmal gewonnen hat. Sie sitzen dann in den Zügen und Bussen oder gehen in Gruppen durch die Stadt und rufen: "Wir haben gewonnen!" Damit schließen sie sich automatisch mit ein.

Natürlich kannst du stolz sein, wenn eine Landsmännin von dir eine Creme im Umweg über Japan erfunden hat. Aber mehr angebracht dürfte es doch eigentlich bei berühmten Männern der Dichtkunst und Musik sein, sowie Technik-Erfindern, die Landsleute von dir waren.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Nein, das Gefühl kenne ich nicht. Warum sollte ich auch stolz sein, wenn ein anderer irgendwas erfunden hat? Stolz kann ich persönlich nur entwickeln, wenn ich selbst etwas geleistet habe. Nur weil ein anderer, der zufällig die gleiche Nationalität wie ich hat, etwas erfunden hat, kann ich nicht stolz sein. Denn ich weiß nicht, was ich damit zu tun haben sollte.

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» eselchen » Beiträge: 973 » Talkpoints: 2,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich würde auch zustimmen, dass es wohl bewundernswertere Dinge gibt, als Make-up. Wobei sich viele Asiatinnen meines Wissens sowieso eher heller pudern, als dazu Creme-Make-up zu verwenden, aber das ist hier Nebensache. Ja, ich denke an bedeutsame technische Erfindungen, wie das Telefon, das Flugzeug, das Automobil, oder eben auch wissenschaftliche Entdeckungen, gerade in Physik und Chemie. Wobei ich auch in solchen Fällen nicht stolz bin, wenn ein anderer Mensch, der mit mir zufällig dieselbe Nationalität teilt, sie erfunden hat. Eher empfinde ich dann eine Art "Ehrfurcht" gegenüber diese Person. Ich bewundere sie quasi auf eine gewisse Weise. Mit mir selbst bringe ich diese Erfndung hingegen absolut gar nicht in Verbindung. Streng genommen gibt es ja auch keine Verbindung zwischen dieser Erfindung und mir.

Dass es viele Leute gibt, die auf Erfindungen ihrer Landsleute stolz sind, stimmt aber. Im Grunde ist es mit Nationalstolz ja eine ähnliche Sache. Wenn man jemanden, der sagt, er sei stolz auf sein Land und fühle sich damit verbunden, nach dem Wieso fragt, dann kommt oft als Antwort, man sei stolz darauf, was die Einwohner dieses Landes (egal, ob nun Deutsche, Schweizer, Franzosen oder wer auch immer) so alles im Laufe der Jahrhunderte geleistet hätten. Wenn ich dann weiterfrage, was das aber mit einem selbst zutun hat, dann herrscht gewöhnlich Schweigen. Die Frage hätte ich tatsächlich gerne einmal beantwortet, aus Interesse. Ich persönlich verstehe nämlich nicht, wieso irgendein Fremder vor hunderten von Jahren mit mir in Verbindung gebracht werden und ich seinetwegen stolz sein sollte, bloß weil wir zufällig auf demselben Fleckchen Land gewohnt haben.

Aber was gibt es nun für Grunde für dieses überall vorzufindende Phänomen? Möglicherweise identifiziert man sich sehr mit seiner Herkunft, mit seinem Land. Man hat quasi ein "Wir-Gefühl" und sieht sich und die alten Erfinder als Art Kollektiv. Daher fühlt man sich eben stolz für das, worauf diese Leute stolz sein könnten. Das wäre jedenfalls meine Spekulation zu diesem Thema.

Andererseits wird es vielleicht auch Menschen geben, die einfach das Gefühl mögen, Stolz auf irgendetwas zu empfinden. Einige, wohlgemerkt nur einige, werden vielleicht auch gerne Stolz für Errungenschaften von Landsleuten empfinden, weil sie selbst noch wenig Bedeutsames geleistet haben, auf das sie stolz sein können. Es gibt ja, um das Gegenteil zu illustrieren, auch viele Leute, die sagen: "Ich brauche wegen irgendwelcher Jahrhunderte alten Landsleute nicht stolz zu sein, ich habe selbst genug vollbracht, worauf ich stolz sein kann." In einigen Fällen ist da sicher etwas dran.

Und dann sind mir, das nur zuletzt, weil es ein seltener Einzelfall sein dürfte, auch noch krude Vererbungstheoretiker begegnet, die tatsächlich der Meinung waren, sie seien doch mit den Leuten von damals garantiert irgendwie verwandt und die Genialität habe demnach durch Vererbung garantiert auch auf die abgefärbt. Bei einigen geht es wohl sogar so weit, dass sie glauben, die Leute, die zufällig eine Nationalität teilen, seien ja irgendwie alle verwandt. Ich glaube, zu solchen Ausgangsansichten erübrigt sich jede weitere Diskussion.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich muss sagen, dass ich selbst überhaupt keinen Stolz verspüre, wenn ein Deutscher ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Gegenstand erfunden hat. Immerhin müssten dann ja Millionen von Menschen in Deutschland ebenfalls stolz auf diese eine Person sein, was ich jedoch ein wenig übertrieben finde. Man kennt diese Person ja überhaupt nicht persönlich und man ist auch nicht verwandt mit ihr. Zudem ist die einzige Gemeinsamkeit, dass man aus dem gleichen Land stammt. Das trifft jedoch auf enorm viele Menschen zu und von daher erfüllt mich das nicht mit Stolz.

Stolz wäre ich dann, wenn ich selbst etwas Tolles erfunden hätte oder wenn jemand aus meinem Freundeskreis oder meine Familie etwas Besonderes geleistet hätte. Immerhin würde es sich dann ja um meine eigene Person oder eben um andere Menschen handeln, die ich wirklich gut kennen würde und mit denen ich viel zu tun hätte. In so einem Fall wäre Stolz dann auch angebracht und deshalb würde diese Person durchaus auch Bewunderung von mir bekommen.

Natürlich bewundere ich Menschen, die etwas Besonderes geleistet oder erfunden haben, auch wenn ich sie nicht persönlich kenne. Dabei verspüre ich jedoch keinen Stolz und es macht für mich keinen Unterschied, ob nun ein Deutscher oder ein Italiener ein bestimmtes Produkt oder einen Gegenstand erfunden hat. Für mich selbst kommt es ja auf das Gleiche raus und deshalb ist es mir ehrlich gesagt auch ziemlich egal.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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