Kann man einen unbekannten User unsympathisch finden?

Viele hier haben sicher schon die eine oder andere Erfahrung mit dem Schreiben und Lesen von Texten in diversen Foren gesammelt. In der Regel bleiben die User ja auch anonym. Man kennt sie nicht persönlich, man hat zu den meisten anderen Usern ja nicht einmal persönlichen schriftlichen Kontakt durch pn oder dergleichen. Dennoch hat man oft das Gefühl, einen User alleine aufgrund dieser Texte in einem Forum „zu kennen“.

Kann man so eine eigentlich fremde Person auch unsympathisch finden? Also rein aufgrund der Texte die in einem Forum gepostet werden? Kann die Person in Wirklichkeit nicht ganz anders sein? Könntet ihr euch vorstellen, dass ihr eine Person, die ihr in einem Forum „unsympathisch“ empfindet in Wirklichkeit sogar sehr nett findet? Kann man überhaupt jemanden, den man gar nicht kennt, unsympathisch finden? Verwechselt man da nicht eher, dass es sich dann eben um Meinungsverschiedenheiten handelt?

Je nachdem wie viel ein User hier von sich preisgibt, halte ich das schon für möglich. Mit den meisten habe ich hier nur Meinungsverschiedenheiten und könnte mir dennoch vorstellen, dass sie ganz nett sind. Aber bei ein oder zwei sind die Unterschiede so gravierend, dass ich es mir nicht mehr vorstellen kann. Wenn diese Personen in wirklich allen Punkten die Dinge anders sehen als ich. Wenn sie dabei Charaktereigenschaften und Meinungen zeigen, die ich einfach nicht akzeptieren kann, dann ist da keine Basis für Sympathie.

Das soll nicht heißen, dass ich diese Personen jetzt wirklich verabscheue. Dass es nicht möglich wäre, nett und höflich miteinander umzugehen, falls man sich tatsächlich mal persönlich treffen sollte. Aber an einer näheren Bekanntschaft habe ich kein Interesse. Das geht diesen Personen aber mit mir bestimmt ganz genauso und das ist auch in Ordnung so.

Seit ich in diversen Foren aktiv bin, habe ich immer User entdeckt, die mir sympathisch waren und andere, deren Beiträge ich nach einer gewissen Zeit angefangen habe zu überspringen.

Eine Person aus einem Hobbyforum hatte beispielsweise an den Projekten anderer Mitglieder immer etwas auszusetzen. Natürlich ist konstruktive Kritik nichts Verkehrtes, aber nach ein paar Monaten wusste ich immer schon im Voraus, dass der Dame (vielleicht auch dem Herrn) mal wieder die Farbgebung, das Motiv oder die ganze Umsetzung generell nicht zusagt und dass sie es für ihre Pflicht hält, dem Hobbykünstler das auch detailliert zu unterbreiten.

Ein anderes Mitglied dagegen war mit allen möglichen Promis angeblich auf Du und Du und hat ständig geheimnisvolle Andeutungen gepostet, wen sie am Wochenende schon wieder getroffen hat und warum ein halbwegs bekannter Schauspieler seinen Vertrag vorzeitig beendet.

Diese und andere Zeitgenossen haben mich im Laufe der Jahre immer leicht geärgert. Natürlich sollte man zwischen der Online-Persönlichkeit und dem Menschen dahinter immer einen Unterschied machen. Ich kann mir zudem durchaus vorstellen, dass diese Leute im wirklichen Leben sogar ganz nett und unterhaltsam sein können, aber zumindest ihre Online-Seite war mir doch eher unsympathisch. Das halte ich jedoch für ganz natürlich und mache mir die meiste Zeit auch keine großen Gedanken darüber, ob mich im Internet jemand mag oder nicht.

Ich kann es mir schon vorstellen, dass man einen User unsympathisch findet, auch wenn man nur von dem ausgehen kann, was dieser geschrieben hat. Natürlich muss das nicht heißen, dass man im realen Leben diesen Menschen auch unsympathisch finden würde und ich kann mir schon vorstellen, dass man die Person vielleicht doch ganz nett findet. Aber je mehr man eben von sich erzählt, umso mehr lernen die anderen User die Person eben auch kennen. Und auch wenn man natürlich nicht weiß, ob alles so stimmt, stellt man sich den User vielleicht irgendwann als sympathischen oder unsympathischen Menschen vor.

Ich denke, dass es darauf ankommt, um was für eine Art von Meinungsverschiedenheiten es sich handelt. Generell sind mir Menschen eher sympathisch, wenn sie ihre Meinung vertreten, während ich mit Mitläufern und denen, die einfach nur nachplappern, weniger anfangen kann. Dabei ist es erst mal auch egal, ob ich diese Meinung teile oder nicht. Ich habe mehr Respekt wenn jemand seine Meinung verteidigt als wenn er ohne guten Grund einfach meine übernimmt.

Aber es gibt natürlich Ausnahmen. Ich könnte mir zum Beispiel nicht vorstellen einen überzeugten Rassisten auch nur ansatzweise sympathisch zu finden. Der könnte sich zu anderen Themen wahrscheinlich noch so vernünftig äußern und Bilder von seinen süßen Hundewelpen zeigen und ich fände ihn trotzdem unsympathisch.

Davon kann man sich nicht freimachen, dass man User nach ihrem Schreiben beurteilt. Natürlich kommt es dann vor, dass mal jemand darunter ist, bei dem man das Gefühl hat, dass man mit diesem User nicht warm werden würde und er einem unsympathisch ist. Vielleicht ist es so, dass er seine Emotionen in seinen Beiträgen verarbeitet. Würde man den User privat kennen, wäre es vielleicht wirklich ein netter Mensch. Aber in der Anonymität nimmt man sich Sachen heraus, die es sonst nicht geben würde.

Man kann Menschen ja nur nachdem beurteilen, was man von ihnen kennt, also in dem Fall einen Text, der sicherlich ein bisschen, aber nicht alles über die Person aussagt. Man könnte sich ja auch im Internet völlig anders darstellen, eine andere Persönlichkeit annehmen und diese ausleben, man muss nicht man selbst sein. Natürlich gibt es Menschen, die man aufgrund bestimmter Einstellungen nicht mag und die unsympathisch wirken, von den Texten her. Ehrlich gesagt gehört viel dazu damit ich jemanden unsympathisch finde und wenn dies durch Texte entsteht, dann werde ich sicherlich im realen Leben mit der Person auch wenig anfangen können, wenn sie im Internet ehrlich war.