Guardiolas Ballbesitztaktik für gescheitert erklären?

vom 30.04.2014, 13:26 Uhr

Ich muss sagen, dass es mich gestern schon ein wenig gefreut hat, dass Bayern mal wieder eine richtige auf die Nuss bekommen hat. Zum einen war diese ganze Lobhudelei von der besten Mannschaft der Welt ja kaum noch zu ertragen und zum anderen war Guardiolas System vom Ballbesitz sehr ermüdend anzusehen und schon eine Zumutung auch für die Zuschauer.

Man muss da schon hinterfragen, was bringt es wenn man sich zu 70% des Spiels den Ball hin und her und womöglich wieder zum Torwart zurück spielt, wenn man ganz locker mit ein paar Kontern Schachmatt gesetzt wird. Was haltet ihr denn von Guardiolas Ballbesitztaktik? Findet ihr dieses System gut, nur aktuell bei Bayern ungenügend umgesetzt? Gehört dieser Taktik die Zukunft oder kann man diese jetzt schon für untauglich und gescheitert erklären?

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» schraxy » Beiträge: 1085 » Talkpoints: 52,15 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



schraxy hat geschrieben:Zum einen war diese ganze Lobhudelei von der besten Mannschaft der Welt ja kaum noch zu ertragen

Vielleicht sollte hier aber angemerkt werden, dass die "Lobhudelei" darin begründet war, dass die Bayern im Vorjahr alle Wettbewerbe gewonnen hatten und auch in dieser Saison sich praktisch von Rekord zu Rekord gespielt hatten. Nicht nur der frühe Titelgewinn, sondern auch die Tatsache, auf dem Weg dahin nicht verloren zu haben. Ebenso wurden Tore geschossen.

Diese realen Erfolge sind eine Tatsache und man kann sich selbst als "Nicht-Bayern-Fan" nicht kleinreden! Alle Vereine in Europa haben bzw. hatten einen gewissen Respekt vor Bayern München und auch Real ist ganz klar als Außenseiter in das Halbfinale gestartet.

schraxy hat geschrieben:und zum anderen war Guardiolas System vom Ballbesitz sehr ermüdend anzusehen und schon eine Zumutung auch für die Zuschauer.

Evtl. muss ich das hier betonen: ich bin kein Bayern-Fan! Aber was du da schreibst kann ich nicht nachvollziehen und ermüdend oder verärgernd sind Spielsysteme von ca. 12-14 Bundesligavereinen, bei denen Fußball in erster Linie aus einer Reihe von zufälligen Glücksmomenten besteht. Ich wüsste jedenfalls kaum ein Team aus der Bundesliga, welches in der Lage ist, einen Angriff über 5 Minuten vorzuführen, ohne den Ball zu verlieren. Klar ist Ballbesitz nicht alles - aber bei den Bayern wirken die Pässe gewollt und der Gegner kommt ja tatsächlich nicht an den Ball.

Wenn ich mir hingegen meine Lieblingsmannschat anschaue, dann wirkt es so, als seien die Spieler so begabt wie gewöhnliche Litfaßsäulen. Jeder Pass auf den Mitspieler endet immer in einem Zweikampf - die Fehlpassquote ist in der Regel enorm und so was wie Spielfluss kommt nicht auf! Ob man die Bayern mag oder nicht - technisch ist das was sie vortragen definitiv das, was für die CL spricht. Ermüdend wäre ein Ballgeschiebe in der eigenen Hälfte - und genau das kann man den Bayern ja nicht vorwerfen.

Die Idee, ein Spiel über Ballbesitz zu steuern, ist genial. Nur weil dazu auch entsprechend fähige Spieler gebraucht werden, kann nicht jede Mannschaft dies nachmachen! Problematisch bei der Sache ist letztlich nur die Tatsache, dass man natürlich auch Tore machen muss. Und dazu bedarf es eben auch Spieler, die vorne auch Löcher reißen und genauso viel laufen, wie die Verteidiger. Ein Robben der von außen nach innen zieht und dann schießt, recht hier eben mal nicht mehr.

Würden alle Teams sich nur noch als "Konterteams" verstehen, dann hätten wir eher "ermüdende" Spiele.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


... und auch Real ist ganz klar als Außenseiter in das Halbfinale gestartet.

Wo hast du denn diese Weisheit her? Real war schon vor der Auslosung der Wunschpartner der Bayern, weil sie angeblich der schwächste und berechenbarste Gegner seien. Zum Außenseiter in den letzten Vier wurden sie somit von den Bayern selbst gekürt.

Würden alle Teams sich nur noch als "Konterteams" verstehen, dann hätten wir eher "ermüdende" Spiele.

Nö, würde ich nicht so sehen. Gut vorgetragene Konter sind für mich genau solche Zuschauerspektakel wie das Penaltyschießen beim Eishockey.

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» schraxy » Beiträge: 1085 » Talkpoints: 52,15 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Ich wüsste jedenfalls kaum ein Team aus der Bundesliga, welches in der Lage ist, einen Angriff über 5 Minuten vorzuführen, ohne den Ball zu verlieren. Klar ist Ballbesitz nicht alles - aber bei den Bayern wirken die Pässe gewollt und der Gegner kommt ja tatsächlich nicht an den Ball.

Aber so wirklich schön ist es ja nun auch nicht, wenn der Angriff so aussieht, dass man sich da 5 Minuten lang den Ball entlang des Strafraumes zu schiebt ohne einen wirklichen Drang zum Tor zu entwickeln. Dann ist das ganze brotlose Kunst.

Beim Fußball entscheidet nun mal schon seit eh und je eben nicht der Ballbesitz oder die Passgenauigkeit über Sieg und Niederlage, sondern letztendlich nur die Tore. Ein gutes Spielsystem führt also letztendlich dazu, dass man mehr Tore schießt als der Gegner.

Es ist ja nun auch nicht so, dass Bayern jetzt über schlechte Spieler verfügt, man sieht ja, dass sie die Spielphilosophie von Guardiola perfekt umsetzen können. Aber man sieht eben auch, dass diese Philosophie ihre Grenzen hat. Wie schon gesagt bringt es ja auch schlussendlich überhaupt nichts, wenn man sich den Ball im Mittelfeld 60-70 Minuten lang zuschiebt. Das mag tolle Statistiken ergeben, ist aber für das Ergebnis des Spiels völlig belanglos. Wichtig sind eben Aktionen die in Tornähe ausgeführt werden und wenn ich dann eben einen Gegner habe wie Madrid die den Großteil des Spiels nichts machen, mich aber 4 oder 5 mal auskontern und dabei 4 Tore schießen, dann bringen eben auch 70 oder 80 Prozent Ballbesitz nichts, wenn ich daraus keine Torchancen kreieren kann.

Für mich ergibt sich daraus eben vor allem, dass es eben keine Taktik oder Spielphilosophie gibt, die das Nonplusultra ist. Man muss eben schauen, was die eigenen Spieler können und vor allem muss man variabel auf das Spiel des Gegners eingehen können und das scheint den Bayern derzeit völlig zu fehlen. Gerade beim Rückspiel hatte ich das Gefühl, dass die sich den Ball nochmal 90 Minuten hätten zuschieben können und trotzdem kein Tor gefallen wäre. Es gab ja kaum wirklich zwingende Torchancen, eben auch weil sich keiner getraut hat mal was alleine zu wagen oder einfach mal aus 20 oder 30 Metern auf das Tor zu schießen, sondern eben immer nach Schema F gespielt wurde und man versuchte sich bis vor das Tor zu passen. Aber das funktioniert eben nicht immer.

Zumal ich jetzt auch nicht finde, dass es sonderlich attraktiv ausschaut für die Zuschauer, wenn sich erfolgreich der Ball zugespielt wird. Beim Fußball will ich Torchancen sehen. Selbst wenn diese durch Kick an Rush entstehen bringt das eine gewisse Dramatik und vor allem Dynamik mit sich, die wesentlich attraktiver anzuschauen ist als eine Mannschaft die sich mit trägem Passspiel immer nur meterweise nach vorn passt und dann jedes mal 5 Minuten braucht um überhaupt in Tornähe zu kommen. Das ist recht schnell ermüdend.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Klehmchen hat geschrieben:Beim Fußball entscheidet nun mal schon seit eh und je eben nicht der Ballbesitz oder die Passgenauigkeit über Sieg und Niederlage, sondern letztendlich nur die Tore. Ein gutes Spielsystem führt also letztendlich dazu, dass man mehr Tore schießt als der Gegner.

Letztlich kann ja jeder Fußballexperte sein und niemand wird nichts zu diesem Thema sagen könne. Jetzt aber - auch wenn man wie ich kein Bayern Anhänger ist - dem Spiel von Bayern echt zu unterstellen, es wäre nicht der Weg, der zu den meisten Toren führt, geht an der Realität doch etwas vorbei. Bayern hat genau so fast 3 Tore im Schnitt pro Spiel geschossen. In der Bundesliga einzigartig und kein Team mit keiner Vorgehensweise hat auch nur annähernd so viele Torschüsse und Abschlüsse, wie eben Bayern. Und das ist letztlich auch mit das Ziel dieser "Ballbesitztaktik".

Ich habe schon viele Spiele gesehen (eben in erster Linie Spiele von anderen Teams) und muss sagen, dass es ärgerlich und/oder ermüdend wirkt, wenn über weite Strecken des Spiels eben keine Chancen herausgesielt werden, weil KEIN Pass ankommt. Und wenn es zu einer Torgefahr kommt, dann weil der Gegner einen Fehlpass schon aus der Abwehr heraus gespielt hat. Da ist mir das Spiel der Bayern insofern lieber, als dass das eben alles gewollt wirkt und die Fehlpassquote gering ist!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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