Verlernen wir eigentlich das Kochen?
Ich denke nicht, dass man Kochen verlernen kann. Aber viele Leute haben einfach keine Lust oder keine Zeit zu kochen. Oder sie sind nicht kreativ genug und probieren nichts aus. Ich kenne z.B. Leute, die finden meine Gemüsepuffer total lecker, kriegen es aber nicht hin, die nachzukochen, weil sie bei denen auseinanderfallen, weil denen einfach die richtige Technik und Geduld fehlt.
trixietripp hat geschrieben:In einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Magazins "Zeit Wissen" habe ich diese Informationen auch bestätigt bekommen: Fast jeder zweite Bundesbürger weiß nicht, wie man gesund isst.
Das hat mit "Kochen verlernen" aber nicht unbedingt etwas zu tun. Die Generation meiner Großeltern musste zwangsläufig kochen können, weil es keine Fertiggerichte, keine Fixtütchen und so weiter gab. Aber war das Essen deshalb zwangsläufig gesund? Klar, es war frei von Chemie, aber fette Schweinebraten, dicke Saucen, jede Menge Kartoffeln, Klöße, Süßspeisen und was man sonst so vor allem im Süden von Deutschland gegessen hat sind auch nicht gerade zu empfehlen, wenn man auf eine gesunde Ernährung achten möchte.
Ich kenne tatsächlich viele Leute, die sehr gerne und gut kochen und backen. Das ist auch eines meiner Hobbys, deshalb unterhalte ich mich wahrscheinlich mehr darüber und mir fällt das dann eben vermehrt auf bei anderen. In meinem Umfeld sehe ich auch eine Abkehr von Fertigprodukten. Die Generation meiner Eltern fand es noch praktisch, wenn man eine Sauce einfach mit einem Pülverchen anrühren konnte, heute ist man stolz auf seine selber gemachte Sauce. Gut kochen zu können und bei den Lebensmitteln Wert auf Qualität zu legen ist fast eine Art Statussymbol geworden. Man zeigt damit, dass man gebildet ist, das Leben genießt und sich eventuelle Mehrausgaben leisten kann.
Also meiner Meinung nach klafft einfach das Wissen und das Interesse für richtige Ernährung (und somit auch dem Interesse am Kochen) sehr weit auseinander heutzutage. Die von dir erwähnte Seite der Fastfood- und Ungesund-Esser ist natürlich heute sehr stark vertreten, schon allein auf Grund der gegebenen Möglichkeiten (Fastfood-Restaurant und Würstchenstände an jeder Ecke) und da es heute ja auch jeder ständig eilig hat, greift man nun mal schnell zum leckeren Fertiggericht, manch einer mit einem schlechteren Gewissen, manch einer ganz ohne sich Gedanken darüber zu machen.
Allerdings finde ich gerade in letzter Zeit finden immer mehr Menschen Gefallen an einer neuen, gesünderen Ernährung, grade bei jungen Menschen wird es wieder Mode auf Gesundheit und Ernährung zu achten, alternative Ernährungsweisen (am bekanntesten natürlich vegetarisch/vegan, aber auch ausgefallenere Ernährungsweisen) kommen immer mehr zum Zuge und zwar nicht, wie vielleicht oft vermutet wird, nur auf Grund von Schlankheitswahn.
Gerade in eher alternativen Kreisen beginnen immer mehr Leute auf gesundes Essen zu achten und auch generelle Probleme in der Nahrungsmittelindustrie und -herstellung zu sehen und darauf aufmerksam zu machen (Stichwort containern). Die Nachfrage nach Bioprodukten und gesünderen Ersatzprodukten für jedes x-beliebige Standartprodukt sind höher als jemals zuvor und ständig höre ich in meinem Freundeskreis Dinge wie: "Diese Zahnpasta wird in Tibet hergestellt und besteht nur aus natürlichen Zutaten wie Kräutern" oder "Nein nimm lieber die Äpfel die kommen aus Deutschland und wurden nicht von sonst woher transportiert".
Die gleiche Tendenz sehe ich auch momentan in der Modewelt, dass viele junge Menschen mehr darauf achten wo und unter welchen Bedingungen ihre Kleidung hergestellt wurde. Auch wenn es natürlich noch die andere Seite gibt, finde ich, dass das Bewusstsein für solche Dinge momentan viel größer wird und das ist eine schöne Tendenz!
Ich sehe das genau so, obwohl ich noch nicht so alt bin. Meine Oma kann ganz andere Dinge kochen, die meine Mutter schon nicht mehr kennt. Angefangen bei Königsberger Klöpsen, Senf Eiern oder bestimmte Eintöpfe. Als wir jünger waren, hat meine Mutter noch jeden Tag gekocht. Es waren keine umständlichen Gerichte, aber immerhin frisch. Besonders oft haben wir Kartoffeln mit Gemüse und Fisch oder Fleisch gegessen. Auch Rouladen oder Gulasch gab es öfter mal und am Wochenende auch mal einen Braten mit Semmelknödel und Rotkohl.
Nachdem ich und meine Schwestern aber groß genug waren und meine Mutter sich einen Job gesucht hat, wurde das immer weniger. Man hat natürlich keine große Lust mehr nach einem Arbeitstag auch noch für 5 Personen ein Menü zu zaubern. Das ging soweit, dass wir eine Zeit lang sehr oft Fertigpizza, Spaghetti mit Tüten Soße, Pommes und so weiter gegessen haben. Wie man sich vorstellen kann, sind wir in der Zeit alle ein bisschen aufgegangen.
Mittlerweile achten meine Eltern wieder sehr auf relativ frische Lebensmittel, da mein Vater im letzten Jahr plötzlich schwer erkrankt ist und seine Ernährung umstellen musste. Jetzt gibt es bei ihnen kaum noch Fertiggerichte, aber eine große Köchin ist meine Mutter trotzdem nicht geworden. Aufwendige Gerichte gibt es immer noch nicht, mein Vater ist da auch sehr krüsch, es gibt keine Experimente. Meine Mutter benutzt trotzdem noch sehr oft Maggi Tüten für bestimmte Gerichte, worüber mein Vater wiederum ständig meckert.
Für sich allein hat man natürlich nicht so viel Lust zu kochen, doch wenn ich mal richtig koche, dann kaufe ich alles frisch und es gibt nur sehr selten Fertigprodukte. Ich würde mich auch nicht als Meisterköchin bezeichnen, aber ich versuche immer alle Gerichte komplett selbst zu kochen und das gelingt auch eigentlich immer recht gut. Ich kann aber auch verstehen, dass viele Menschen in der heutigen Zeit einfach keine Lust mehr haben sich eine Stunde lang an den Herd zu stellen, weil die Arbeit und das Leben einen so einnimmt. Damals, zu Omas Zeiten, war die Frau noch überwiegend zu Hause und hat sich um Heim und Herd gekümmert. Da gehörte es natürlich dazu, dass man auch die Familie bekocht. Heute muss alles schnell gehen und es wird nicht mehr so viel Wert darauf gelegt, dass es frisch ist. Es soll nur schmecken und satt machen. Das ist schon sehr schade.
Unsere schnelllebige Zeit macht es tatsächlich möglich, dass wir das Kochen verlernen können. Es gibt ja schon so gut wie alles als Fertiggericht zu kaufen und die Pizza und Dönerbuden wachsen wie Schimmelpilze aus der Erde, von den Grillständen ganz abgesehen. Es ist ein Leichtes, vor allem für Singles, die nicht immer Lust haben, für sich alleine zu kochen, etwas zu essen, ohne kochen zu müssen.
An mir selber merke ich es auch schon, dass ich oft die einfachsten Dinge nicht mehr weiß, weil es wirklich alles fertig zu kaufen gibt. Warum ich aber dann doch viele Dinge wieder selber zubereite, also zurück zum Ursprung gehe, sind die Zusatzmittel, die mich bei den Fertigprodukten oft abschrecken. Außerdem ist überall eine Menge Zucker enthalten.
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