Ankauf von "Steuer-CDs" in Ordnung?

vom 16.07.2012, 09:26 Uhr

In den letzten Tagen hat die Steuerfahndung - offensichtlich in Absprache mit dem NRW-Finanzministerium in Düsseldorf - erneut eine Steuer-CD mit den Daten von ca. 4000 deutschen Kunden einer Bank in der Schweiz gekauft. Nun ist auch von weiteren CDs die Rede.

Pikant an der Sache ist, dass ein deutsches Gesetz in Arbeit ist, das eine Vereinbarung mit der Schweiz trifft, die praktisch einer billigen Teil-Steueramnestie für bisherige Steuerhinterzieher gleichkommt und für die Zukunft den Zugriff deutscher Steuerbehörden auf Deutsche, die ihr Schwarzgeld in der Schweiz investieren, fast vollständig verunmöglicht. Man würde zwar Informationen austauschen, das aber auch nur in konkreten Verdachtsfällen und mit sehr eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeiten, ob das Geld denn nun auch vorher versteuert wurde. Der Knaller: In zwei Jahren wären maximal 1.300 Anfragen zulässig. Ganz praktisch heißt das, jedes Finanzamt in Deutschland dürfte so ungefähr eine Anfrage stellen. Aber auch so stehen dem deutschen Steuerflüchtling weiter Tür und Tor offen, weil es genügend pfiffige Ausweichmöglichkeiten vor dieser billigen Vereinbarung gibt, sei es, dass man einfach eine Körperschaft oder eine Stiftung gründet, dass man sein Geld, Gold oder was auch immer, in ein Schließfach legt oder das Geld zu einer Tochter der Schweizer Bank im Ausland transferieren lässt, was wohl die beliebteste und schnellste Methode sein dürfte.

Im Bundestag wird die Gesetzesvorlage durchgehen, hier haben CDU und FDP die Mehrheit, im Bundesrat wollen SPD und Grüne, die sonst nicht viel hin bekommen, nicht mitspielen. Deswegen wohl auch der demonstrative Kauf der neuen CDs. Genau das soll nämlich in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Dem deutschen Steuerzahler macht Schäuble diesen extrem miesen Deal mit der Aussicht auf ca. 10 Mrd. Euro Nachzahlung schmackhaft. Aber um welchen Preis für die Zukunft? Und das im Angesicht leerer öffentlicher Kassen. Auch unter Eichel hatte es vor ca. 8 Jahren ja schon mal so eine Amnestie gegeben. Damals hieß es für den deutschen Steuerzahler: Freut euch doch über 5 Mrd. Euro! Da war doch damals so einer, der hat ganz groß gedroht, die Kavallerie zu schicken. Und was hat die Sache ergeben? 1,39 Mrd. Euro. Ein feuchter Furz von Herrn Steinbrück (SPD) in das Gesicht des kleinen Mannes.

Da haben die Amerikaner einen ganz anderen Deal gemacht - knallhart. Die haben einfach mal Schweizer Banker wegen Beihilfe verhaftet, drohten mit der Verhaftung des kompletten UBS-Vorstandes, drohten, diese Leute notfalls mit internationalem Haftbefehl suchen zu lassen. Ab 2013 wird es dort ein Gesetz geben, dass allen Geldinstituten, die in den USA Geschäfte machen - also auch den großen Schweizer Banken - vorschreibt, alle Bankkonten und -daten von US-Steuerpflichtigen automatisch an die US-Steuerbehörde weiterzuleiten. Das beinhaltet auch Konten im Ausland, z. B. auch solche in den typischen Steueroasen. Macht eine Bank das nicht, wird sie in Zukunft mit einer Quellensteuer von 30% auf all ihre Geschäfte in den USA belegt. Faktisch wären damit Geschäfte für diese Bank in den USA unmöglich. Und, und und.

Wenn man das mit dem deutschen Abkommen vergleicht, dann kann man nur noch den Eindruck bekommen, die deutsche Politik - und hier momentan vor allem CDU und FDP haben kein Interesse, einen Teil ihrer Klientel weiter zu belästigen. Es ist unfassbar, was in dieser Bananenrepublik abgeht. Man muss ja schon fast staunen, dass SPD und Grüne in NRW sich wehren - mit dem feinen Herrn Steinbrück hat das nichts zu tun.

Inzwischen wird ja in Sachen Schulden ... Unsinn: Finanzkrise von deutschen Politikern auch mit dem nackten Finger darauf hingewiesen, dass die betroffenen Länder doch erst mal eigene Quellen anzapfen sollen, d. h. z. B. Vermögen besteuern sollen. Gilt das für uns etwa nicht? Es gibt ernsthafte Schätzungen, dass in der Schweiz 380 Mrd. Franken deutschen Geldes lagern sollen, davon die Hälfte Schwarzgeld.

Wie seht ihr das? Findet ihr einen Deal, mit einem Spatz in der Hand - also mit einer einmaligen Zahlung von max. 10 Mrd. Euro - besser als gar nichts, seid aber bereit, dafür für die Zukunft kaum noch Handhabe gegen Steuerhinterzieher zu haben? Findet ihr den Kauf der Steuer CDs in Ordnung? Sollte da noch viel mehr offengelegt werden?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde es erschreckend, dass Unsummen von Geld einfach ins Ausland geschafft werden, um hier einer Versteuerung zu entgehen. Das schadet letztendlich ja ganz Deutschland, wenn einfach Milliarden heraus geschafft werden. Ich bin deswegen auf jeden Fall dafür, den Kauf solcher Steuer-CDs zu genehmigen, da ich nicht finde, dass daran etwas moralisch falsch sein kann. Schließlich haben doch die Menschen, die auf diesen CDs zu finden sind, Steuerhinterziehung betrieben, was de facto eine Straftat ist.

Besser fände ich es jedoch noch, wie das jetzt ja bei der Kooperation zwischen der Schweiz und den USA ist, dass die Schweiz verpflichtet ist, die Daten von Ausländern, die Konten in der Schweiz eröffnen, herauszugeben, damit es den Leuten, die der Steuer entgehen möchten, zumindest schwieriger gemacht wird. Außerdem würde man damit dem Kauf von Steuer-CDs aus irgendwelchen zwielichtigen Quellen und die ganze Sache wäre deutlich transparenter, was aus meiner Sicht auf jeden Fall zu begrüßen wäre.

Dass sich zum Beispiel die FDP nicht wehrt, hat ganz einfach damit zu tun, dass ihr Wählerkreis nun mal größtenteils aus Schichten mit Geld stammt, die sich keiner Partei anvertrauen, die höhere Spitzensteuersätze und ähnliches fordern. Klar möchte die FDP solche Wähler auch nicht verprellen, weil es dann wohl endgültig mit ihr bergab gehen würde. Der Standpunkt der CDU ist da relativ ähnlich, nur entgehen dem deutschen Staat dadurch eben auch Milliarden an Steuergewinnen und da ist es finde ich fraglich, ob das, was CDU und FDP da planen, wirklich gerechtfertigt ist, weil sie letztendlich kriminelle Menschen in Schutz nehmen, weil sie zu ihren potenziellen Wählern gehören.

» Seroy » Beiträge: 178 » Talkpoints: 24,22 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin da mit mir selber nicht so ganz einig, ob ein Kauf von Steuer – CD’s in Ordnung ist oder nicht. Zuerst führe ich mal an, dass es nicht in Ordnung ist, wenn gerade sehr vermögende Personen ihr Geld durch ihre Beziehungen und Möglichkeiten an der Steuer vorbei ins Ausland schaffen. Immerhin hat man hier in Deutschland sein Geld verdient und hier sollte es auch versteuert werden. Diese Leute müssen verfolgt werden.

Aber ich finde es auch nicht richtig, wenn man sich auf illegale Weise sich CD’s beschafft, die zu Steuersündern führen. Es handelt sich bekanntermaßen hier ja um gestohlene Daten und nicht um Daten, welche die jeweilige Bank freiwillig verkauft um Profit daraus zu machen. Uns Otto – Normalbürgern ist es auch nicht erlaubt, Diebesgut zu kaufen. Wird dies bekannt, wird die Hehlerware sofort beschlagnahmt und man kann sogar mit einer Strafe durch unsere Behörden rechnen. Kauft man sogar bewusst bei einem Hehler Diebesgut ein, dann kann man sich warm anziehen. Außerdem gibt es ein Abkommen mit der Schweiz, dass solche Daten durch jeweilige Finanzbehörden nicht mehr gekauft werden dürfen.

Zum Schluss frage ich mich auch immer, was denn dann passiert mit den Steuersündern, die im großen Stil Steuern hinterziehen oder hinterzogen haben? Eigentlich nicht viel, wie man an dem Beispiel Zumwinkel gesehen hat. Dazu stelle ich mir die Frage, woher ist denn gesichert, dass der Kaufbetrag durch die fehlenden Steuern wieder hereingeholt werden kann? Wenn ich geklaute Daten zum Kauf anbiete, würde ich doch nicht schon vorher erzählen, was zu erwarten ist. Ich würde schon auf einen hohen Verkaufspreis pochen, damit man schnell untertauchen kann. Der Rest könnte mir ja egal sein. Und so wird es der Verkäufer auch sehen.

» michaelsl1 » Beiträge: 82 » Talkpoints: 46,88 »



Inzwischen hat der Fall Hoeneß uns doch gezeigt, wie schnell sich auf einmal die Millionen vermehren. 33 statt 3 Millionen Euro Nachzahlung waren schon ein Knaller. Und dies wäre ohne die CD mit den Steuerdaten wohl nie herausgekommen. Auch mit dem von Schäuble geplanten Abkommen hätten wir nie genau erfahren, wer wie viel Geld in der Schweiz gebunkert hat. Es wären auch in Zukunft nur auf konkrete Anfrage mitgeteilt worden und ansonsten hätte es nur eine anonyme Überweisung gegeben. Ich frage mich übrigens immer noch, woher das Geld von Herrn Hoeneß stammt, denn eigentlich wollte er doch Verlust in Millionenhöhe gemacht haben und da soll ihm jemand Millionenbeträge geliehen haben, der inzwischen verstorben ist? Da habe ich doch echte Zweifel. Für mich gibt es inzwischen keinen Zweifel mehr an der Richtigkeit dieses Ankaufs und daran, dass mit der Schweiz wohl mal so richtig verhandelt werden muss. Schließlich geht es hier doch eigentlich um Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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