Kennt ihr Verstorbenen-Ansager?
In manchen Gegenden Deutschlands sind noch die so genannten "Ansager" tätig. Diese Menschen nehmen sich nach dem Tod eines Menschen die Zeit, an jeder Haustür der Nachbarschaft zu klingeln und die Mitmenschen persönlich von dem Tod einer Person in Kenntnis zu setzen. Hin und wieder bittet er auch den ein oder anderen Nachbarn, kleinere Aufgaben bei der Vorbereitung der Bestattung zu übernehmen. Diese Ansager soll es überwiegend in eher ländlichen Strukturen geben, was irgendwie auch verständlich ist. Auf dem Land leben weniger Menschen und dort kennt fast jeder jeden. In der Stadt ist alles viel anonymer und eine derartige Mühe wäre total überflüssig.
Kennt ihr den Brauch des so genannten Ansagers? Lebt ihr vielleicht sogar in einer Gegend, in der Ansager eine Art Tradition sind? Haltet ihr die Aufgabe eines Ansagers für sinnvoll oder im Zeitalter moderner Medien vielleicht sogar überflüssig? Das Dorf, in dem meine Eltern leben kennt einen derartigen Brauch nicht. Dort hat man über Todesanzeigen erfahren, wenn ein Nachbar gestorben war.
Genau den Artikel habe ich auch vor ein paar Minuten gelesen. Ich kannte diesen Beruf aber auch nicht. Was in dem Artikel gesagt wurde, stimmt aber. Wenn so ein Ansager die Nachricht des Todes eines Nachbarn überbringt, ist das sehr viel persönlicher und man weiß dann direkt, dass es einen auch etwas angeht. Wenn man nur die Todesanzeige in der Zeitung liest, weiß man oft gar nicht, was nun von einem erwartet wird. Soll man seine Hilfe anbieten oder ist man dann aufdringlich? Brauchen sie überhaupt noch jemanden?
Außerdem dauert so eine Anzeige auch ihre Zeit. Gerade in ländlichen Strukturen ist Hilfe aber oft sofort nötig, weil womöglich Tiere und Felder zu versorgen sind. Also von der Grundidee her, finde ich das eine sehr gute Sache. Ich stelle es mir schön vor, in einem Dorf zu leben, in dem das Sinn macht. Wo dann wirklich alle Nachbarn anpacken. Das gibt es heute ja so nicht mehr. Was aber auch wiederum seine Berechtigung hat. Ich lebe in einem kleinen Dorf und mit vielen Nachbarn will ich gar nichts zu tun haben. Wenn ich bedenke, dass ich die aber alle einbinden müsste, weil es im Dorf nun mal so ist.
Also meiner Meinung nach hat sich der Beruf ziemlich erübrigt. Früher hat derjenige ja dann auch die Leichenwäsche und die Organisation der Beerdigung übernommen. Das findet aber heute auf jeden Fall über ein Bestattungsunternehmen statt. Somit kann diese "kleine" Aufgabe des Ansagens einfach ein Nachbar übernehmen.
Mein Vater ist schon etwas älter und hat mir erst vor kurzem von einem vergleichbaren Brauch erzählt, den es zumindest im sehr ländlichen Bayern bis in die Nachkriegszeit hinein gegeben hat. In diesem Fall war es die Aufgabe eines oft ärmeren Dorfbewohners, der sich dadurch ein Zubrot verdient hat, dass er von Haus zu Haus, manchmal sogar über mehrere Dörfer hinweg, marschiert ist und erzählt hat, wer gestorben ist und wann die Beerdigung stattfindet. Dafür gab es dann von den anderen Einwohnern jeweils ein paar Pfennige oder auch eine Lebensmittelspende.
Damals waren religiöse Bräuche wie Beerdigungen eben noch wichtig und Telefon hatte auch noch längst nicht jeder. So wie ich es verstanden habe, ging es in diesem Fall aber weniger darum, traurige Nachrichten persönlich zu vermitteln. Es gab nur kaum eine Alternative zur mündlichen Überlieferung und so hatte zusätzlich noch ein armer, älterer oder kränklicher Tagelöhner oder Knecht noch einen kleinen "Nebenjob". Aber selbst hier im hintersten Winkel der Zivilisation haben sich die Zeiten geändert. Weder in meinem Heimatdorf noch in der näheren Umgebung wird dieser Brauch noch gepflegt.
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