Angeblicher Lesbenfriedhof in Berlin sorgt für Aufschrei

vom 15.04.2014, 19:18 Uhr

Eigentlich ist die Geschichte ja ganz simpel. Die Berliner Friedhöfe dünnen immer weiter aus, viele müssen sogar komplett schließen. Auf den verbleibenden Friedhöfen ist man froh, wenn man bestimmte Areale auch an Gruppen vergeben kann. Aber ganz allgemein kann sich sowieso jeder Mensch ein Grab oder eine Reihe von Gräbers bereits zu Lebzeiten reservieren lassen. Das können nicht nur Einzelpersonen oder Familien, sondern auch Vereine. Und es ist auch ganz egal, um welchen Verein es geht, solange die Gebühren für das Reservieren getragen werden.

Und so kam es nun also, dass ein Verein lesbischer Frauen auf einem alten, mittlerweile unterbelegten Friedhof in Berlin einige Gräber nebeneinander reserviert hat. Beziehungsweise ist es sogar eine schöne kleine Anlage geworden. Wieso auch nicht, wenn das Geld da ist und der Verein offenbar viele Mitglieder hat, die eng befreundet sind, und die später zusammen beerdigt werden wollen?

Allerdings ist es offenbar ein Skandal, wenn lesbische Frauen so etwas tun. In den Medien ist sogar auf einigen seriösen Nachrichtenportalen ein Geschrei losgegangen, das mich nur verwundert. Von "Ausgrenzung sogar noch nach dem Tod" ist die Rede, von einem "Lesbenfriedhof, auf dem Männer unerwünscht sind". Leute echauffieren sich darüber, dass es nun auch Geschlechtertrennung auf dem Friedhof gäbe und dass man doch einigen Menschen nicht verbieten könne, einen bestimmten Teil des Friedhofes zu betreten, nur, weil sie Männer sind. Was übrigens gar nicht stimmt, denn betreten darf den Bereich noch immer jeder, der das möchte. Lediglich sind die Gräber dort für den Verein, der sie reserviert hat, vorgesehen. Und das sind in dem Fall halt lesbische Frauen.

Ich kann gut verstehen, dass Leute, die sich nahestehen, die viele Jahre und Jahrzehnte zusammen verbracht haben, wie das wohl bei vielen Frauen in diesem Verein der Fall ist, auch zusammen beerdigt werden wollen. Und, so blöd das vielleicht auf den ersten Blick klingen mag, gerade bei älteren Homosexuellen ist es ja leider auch nicht so einfach möglich gewesen, bei Kinderwunsch ein Kind zu adoptieren. viele der älteren lesbischen Frauen in dem Verein haben also vermutlich keine Kinder oder Enkel. Wieso also sich nicht zusammen mit der Partnerin und mit Freundinnen beerdigen lassen? Ich denke, dieser Gräberbereich wird dann auch von Angehörigen des Vereins gepflegt, ist also auf lange Sicht auch gut versorgt.

Also, wieso sich da einige Leute so enorm drüber aufregen, kann ich nicht verstehen. Ihr? Und ob das Geschrei wohl auch so groß wäre, wenn das kein Verein lesbischer Frauen gewesen wäre, der die Gräber reserviert hat, sondern ein Taubenzüchter-Verein oder ein Verein von und für Biker? Wo liegt überhaupt das Problem bei dieser gesamten Angelegenheit? Gibt es hier vielleicht jemanden, der diesen "Lesbenfriedhof" kritisch sieht oder irgendwelche Argumente dagegen hat, und der plausibel erklären kann, wo überhaupt eine Schwierigkeit hier besteht? Und, der Vollständigkeit halber: Gibt es vielleicht auch schon anderswo Gräberanlagen, die nur für Frauen oder nur für Männer reserviert wurden? Und gab es da auch Proteste?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich verstehe ehrlich gesagt das Problem nicht, das manche Menschen damit zu haben scheinen. Wenn ich tot bin, dann bin ich tot. Dann ist mir das egal, ob auf demselben Friedhof auf dem ich liege eine Lesbe liegt oder ein Ausländer. Ich werde ja eh nichts davon mitkriegen, also lass die Leute doch machen was die wollen. Wenn die Menschen sich derartige Reservierungen leisten können und es ihnen so wichtig ist, dann lass sie doch.

Selbst wenn ich einen nahen Verwandten hätte, der auf so einem Friedhof liegen würde, würde mich das gar nicht stören, wenn gewisse Teile des Friedhofs für Lesben oder andere Vereine reserviert werden. Manchmal glaube ich wirklich, dass manchen Leuten einfach langweilig ist, dass sie sich über solche Kleinigkeiten aufregen müssen.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Dass der Bereich nur für Frauen reserviert ist, ist ja auch schon falsch. Er ist für die Vereinsmitglieder reserviert. Eine heterosexuelle Frau, die kein Mitglied in dem Verein ist, wäre da genauso "unerwünscht" wie ein Mann. Selbst eine lesbische Frau, die nie Mitglied war. Also meiner Meinung nach kann man weder von Geschlechtertrennung sprechen, noch geht es im Grunde um die sexuelle Orientierung. Diese hat die Frauen vielleicht ursprünglich und auch nur indirekt in den Verein gebracht, aber es ist ja nicht so, dass der Bereich des Friedhofs für alle Lesben Deutschlands offen wäre, nur weil sie lesbisch sind. Und ich nehme mal an, dass wenn eine der Frauen ein Kind hat, dieses dort auch mal beerdigt werden könnte. Auch wenn es hetero ist.

Ich sehe also auch keinen Unterschied zwischen den Vereinsgräber eines Taubenzüchtervereins und diesen hier. Ein gewisser Umstand im Leben hat die Mitglieder zusammengebracht und in Folge dessen sind sie zu Freunden geworden.

Vielen, besonders heterosexuellen Menschen gefällt es immer nicht, wenn die Sexualität für homosexuelle Menschen so identitätsstiftend wird, dass sich vieles im Leben nur darum dreht. Es gäbe ja auch keine Vereine für Heterosexuelle, könnte man in dem Zusammenhang ja als Argument anbringen. Das ist natürlich Quatsch, beziehungsweise sehr kurz und einseitig gedacht. Auch ein heterosexueller Mensch identifiziert sich sehr über seine Sexualität. Nur fällt es nicht so auf, weil er damit in der Masse mitschwimmen kann.

Ich finde es also ebenso legitim in einen Verein für lesbische Frauen einzutreten wie in Clubs zu gehen, wo Frauen kostenlosen Eintritt genießen. Wenn man aufgrund seiner Sexualität viele von der Masse abweichende Erfahrungen wie Diskriminierung, erschwerte Partnersuche, familiäre Abstoßung machen muss, ist es doch ganz verständlich, dass man sich mit Leidensgenossen zusammentut, die einen sehr viel besser verstehen als andere. Nichts anderes machen Krebs- oder Alkoholiker-Selbsthilfegruppen.

Nur irgendwie scheint es für viele Heteros ein Problem zu sein, wenn es sich bei dem zusammenführenden Faktor um Sexualität handelt. Aber meiner Meinung nach ist es vollkommen legitim. Und wenn man dann in so einem Verein verwurzelt ist, seine Aufgabe darin findet, anderen zu helfen, die bei dem Verein Hilfe suchen, dann wird der Verein so wichtig, dass man gemeinsam Gräber reserviert. Für mich ist das vollkommen in Ordnung und logisch. Wer das nicht so sieht, ist für mich engstirnig und intolerant.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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