Geschlechtertrennung bei Klassenfahrten wirklich nötig?

vom 07.04.2014, 23:47 Uhr

Die Geschlechtertrennung gibt es doch nun nicht erst seit ein paar Jahren. Sie wird seit Jahrhunderten praktiziert und früher sogar so extrem, dass Jungen und Mädchen soweit räumlich getrennt waren, dass sie selbst am Tag keine Chance auf Kontakt zum anderen Geschlecht hatten. Und ich sehe die Geschlechtertrennung in den Schlafräumen einfach als Einhaltung der Intimsphäre an, die auch Grundschülern schon zusteht. Oder wolltest du dich auch immer in der Gegenwart von Jungs zum Sport umziehen und dergleichen?

Was die sexuelle Selbstbestimmung angeht, so stimmt deine Aussage auch nicht komplett. Denn wenn sich ein 14-jähriges Mädchen mit einem erwachsenen Mann einlässt, wird das oftmals sehr viele Probleme nach sich ziehen. Bis hin zu Anzeigen gegen den Mann. Wobei es am Ende auch kaum beweisbar sein wird, ob eine Schülerin direkt während der Klassenfahrt geschwängert wurde oder kurz davor beziehungsweise danach.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ramones hat geschrieben:Sicherlich ist es im ersten Gedanken der rein sexuelle Gedanke

Das kann oder mag ein Gedanke dabei sein, wobei es nicht wirklich wahrscheinlich ist, dass es zu solchen "Zwischenfällen" kommen würde, wenn jetzt ein oder zwei Mädchen in einem 6-Bett-Zimmer mit vier anderen Jungs schlafen würden (oder umgekehrt). Vor den Klassenkameraden wird man kaum den Beischlaf praktizieren wollen.

Vielmehr glaube ich schützt die vorgegebene Trennung die Schüler und Schülerinnen, die eben tatsächlich sich nicht die Blöße vor "dem anderen Geschlecht" geben wollen - sich aber nicht trauen, das auszusprechen. Denn mit etwas Pech steht die Person dann als diejenige da, welche jeden Spaß kaputt machen würde. Es ist ja schon für Erwachsene in solchen Zwangsgruppen (seine Klasse sucht sich niemand aus - ebenso nicht die Arbeitskollegen usw.) nicht leicht, immer zu seinen Befindlichkeiten zu stehen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


@derpunkt: Was meinst wie egal das vielen Jugendlichen ist, ob da noch andere Leute im Zimmer sind. Zumindest bin ich oft genug während meiner Ausbildung aus dem Zimmer raus, weil das quietschen vom Bett auf Dauer nervig war. Und das nicht nur nachts und still und leise, sondern eben auch am Nachmittag, wo ständig jemand ins Zimmer kommen konnte.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Ein Verweis darauf, dass es andere Punkte gibt, die auch schlecht oder schlechter sein können, ist doch kein Argument, dass eine Maßnahme nicht durchzuführen ist. Wir werden alle sterben - warum also ist ein Mord sanktioniert?

Lies bitte richtig, was ich geschrieben habe. Du scheinst die Aussage nämlich in diesem Fall nicht wirklich begriffen zu haben. Es ging nicht darum, dass ein Problem ja nicht weiter schlimm sei, weil es auch andere Probleme gäbe. Sondern darum, dass es sinnvoll wäre, Kindern und Jugendlichen allgemein beizubringen, für ihre Meinung einzustehen, weil man eben leider nicht alles im Leben für sie reglementieren kann. Da ist es sinnvoll, ihnen so früh wie möglich beizubringen, zu sagen, was sie wollen oder nicht wollen. Und daher eben auch meine Frage: Wieso sollte man Kindern oder sogar Jugendlichen nicht zutrauen, dass sie selber entscheiden können, mit wem sie während einer Klassenfahrt ihr Zimmer teilen wollen? Und zwar ganz egal, um welches Geschlecht es jeweils geht.

Und noch einmal zu dem Umkleidekabinen-Beispiel: Ja, die Kabinen waren, egal, ob beim normalen Sportunterricht oder beim Schwimmen, nach Geschlechtern getrennt. Aber selbst das Umziehen mit Leuten, die zufällig dasselbe Geschlechtsteil haben, wie man selbst, muss einem nicht automatisch Spaß machen, oder? Zumal ich die Erfahrung gemacht habe, dass insbesondere Mädchen untereinander oftmals zu heftigen Mobbing-Attacken neigen.

Punktedieb hat geschrieben:Oder wolltest du dich auch immer in der Gegenwart von Jungs zum Sport umziehen und dergleichen?

Obwohl es bei diesem Thema wohl keinerlei Rolle spielt, was ich persönlich schöner gefunden hätte: Ja, sicher doch. Ich wäre lieber bei meinem Kumpels mit in der Umkleide gewesen, von denen ich wusste, dass sie mit mir "durch dick und dünn gehen", als mit der keifenden, kreischenden und mobbenden Putenhorde, die damals meine Mitschülerinnen darstellten. Bei den Jungen wäre es definitiv angenehmer gewesen.

Punktedieb hat geschrieben:Und ich sehe die Geschlechtertrennung in den Schlafräumen einfach als Einhaltung der Intimsphäre an, die auch Grundschülern schon zusteht.

Inwiefern geht es gegen die Intimsphäre, wenn jemand selber und aus freiem Willen heraus entscheidet, dass er bei Leuten des anderen Geschlechts wohnen möchte? Entscheidet nicht jeder Mensch selber, was für ihn eine Verletzung der Intimsphäre ist?

Ich kann nur noch einmal betonen, es geht mir hier definitiv nicht darum, krampfhaft alle Jungen und Mädchen zusammen unterzubringen, gegen ihren Willen, aus Prinzip, und bis alle heulen. Nein, absolut nicht! Es geht darum, dass einzelne Leute sich ja wohl selber entscheiden können müssten, wo und wie sie untergebracht werden wollen. Insbesondere Jugendlichen würde ich das definitiv zutrauen, zu wissen, was wie diesbezüglich wollen. Und wenn vier Freunde, zwei männlich und zwei weiblich, sagen, dass sie zusammen ein Zimmer haben wollen: Wo ist da das echte Problem? Wieso sollten 16-Jährige, um mal ein Alter als Beispiel zu wählen, sowas nicht selbst entscheiden können?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



@Wawa666: Du hast ja genau das geschrieben, was ich gemeint habe. Nämlich das Kinder "zu heftigen Mobbing-Attacken neigen". Wenngleich ich das in der Heftigkeit nicht behauptet hätte. Aber jetzt erwartest du in diesem Umfeld tatsächlich, dass sich gerade schüchterne oder Kinder die an der Schwelle zum "Opfer" (nicht beliebt oder nicht viele Klassenkameraden, dick, Brillenträgerin, Zahnspangenträger, Streber, unsportlich ... es Bedarf in einer Gruppe keinen erklärbaren Grund, zum "Feind" gemacht zu werden) möglichst früh positionieren? Entschuldige, aber das ist eine naive (ich schreibe bewusst nicht "dumme") Vorstellung.

Lehrerinnen und Lehrer müssen (!) hier für einen Ausgleich sorge tragen und die Klasse auch so weit führen, dass es nach Möglichkeit gar nicht erst zu solchen Konflikten kommt! Überlassen wir alles den Kindern (weil die angeblich so zur Selbständigkeit erzogen werden), ist es so, wie wenn man allen das Schwimmen beibringt, indem man sie ins 2-Meter-Becken wirft. Ertrinken ist da keine rein theoretische Option!

Dann - auch wenn das immer wieder vergessen wird - sollte auch die Klassengemeinschaft gestärkt werden, und keine kleinen Zirkel unterstützt werden. In deinem Beispiel ist doch anzunehmen, dass die vier 16jährigen privat auch mehr miteinander machen. Genau dann sollte wenigstens innerhalb der Klassengemeinschaft dieser Zirkel gesprengt werden. Im besten Fall verwischen sich Grenzen - im schlechtesten Fall wird die Grüppchenbildung nicht unterstützt.

Nebenbei: auch wenn du das so nicht sehen willst, wäre es so, dass - egal wie tief die Freundschaft auch zw. dir und den Jungs auch gewesen sein wird - immer Unfrieden gestiftet worden. Denn natürlich kann es wahre Freundschaft zwischen Junge und Mädchen geben. Aber es kommt doch zur Eifersucht (egal ob begründet oder nicht), wenn dann einer mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte (oder einer sich dies auch nur einbildet).

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich fand es als Jugendliche selber doof, dass wir auf den Klassenfahrten getrennt wurden, muss aber sagen, dass ich es heute sehr gut verstehen kann. Rückblickend kann ich sagen, dass der erste "Unfall" in unserer Hauptschulklasse garantiert auf einer Klassenfahrt entstanden wäre, wenn wir nicht eine strenge Geschlechtertrennung gemacht hätten.

Auch bei meinem Kind würde ich eine abendliche Geschlechterdurchmischung auf Klassenfahrt alles andere als befürworten. Die Jugendlichen sind eben immer noch früher dran als es wir selber damals schon waren und der Gedanke des Sexuellen ist alles andere als abwegig.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


derpunkt hat geschrieben:Aber jetzt erwartest du in diesem Umfeld tatsächlich, dass sich gerade schüchterne oder Kinder die an der Schwelle zum "Opfer" (nicht beliebt oder nicht viele Klassenkameraden, dick, Brillenträgerin, Zahnspangenträger, Streber, unsportlich ... es Bedarf in einer Gruppe keinen erklärbaren Grund, zum "Feind" gemacht zu werden) möglichst früh positionieren? Entschuldige, aber das ist eine naive (ich schreibe bewusst nicht "dumme") Vorstellung.

Ob ich naiv bin, oder nicht, darüber scheiden sich die Geister. ;) Ich selber glaube allerdings, dass ich vermutlich dazu neige, zu sehr von mir selber auf die Fähigkeiten anderer Personen zu schließen. Faktum ist nämlich, dass ich als Kind, während der Grundschulzeit, oft genug gemobbt worden bin. Jahrelang, um genau zu sein. Als einziges "Ausländerkind" war es in der Gegend nicht leicht, abgesehen davon war ich auch noch klassenbeste Schülerin, was dann erst recht nicht so gut ankam. Und dann eben noch die Tendenz, mich "wie ein Junge" zu benehmen und auch nur männliche Freunde zu haben. Die Mädchen haben mich gehasst, wie die Pest.

Wirklich geholfen hat übrigens nicht viel von dem, was die Lehrer in der Situation eingreifend tun wollten. Deswegen musste ich lernen, selber für das aufzustehen, was mir wichtig ist, und mich zu wehren. Geschadet hat es jedenfalls nicht, gerade im Hinblick auch auf mein weiteres Leben. Seitdem denke ich auch, dass man Kinder und Jugendliche eher bestärken sollte, selber Dinge zu tun und zu entscheiden, als alles für sie zu regulieren. Aber das hatten wir ja schon einmal.

Aber wer weiß, vielleicht habe ich auch bloß eine heftige Abneigung gegenüber Bevormundungen, selbst, wenn sie von dem, der die Regeln aufstellt, als "Schutz" betrachtet werden. Mein übertrieben authoritärer Vater meinte auch, mir alles mögliche zum "Schutz" verbieten zu müssen. Als Kind nimmt man das vielleicht noch gerne hin, aber irgendwann ist es einfach nur lästig. Insbesondere, wenn man über Dinge, die man intellektuell selber bewältigen kann, auch gerne selber entscheiden möchte, und nicht unter dem Diktat einer anderen Person leben möchte, die glaubt, sie wisse besser als man selbst, was gut für einen ist.

Bei Kindern stimmt das natürlich noch, Kinder können die Tragweite ihres Tuns nicht wirklich gut einschätzen. Da müssen Erwachsene dann Regeln aufstellen. Aber ab einem bestimmten Alter haben Jugendliche diese Fähigkeit einfach und sollten auch bestärkt darin werden, sie zu nutzen. In dem Sinne: Wenn vier Jugendliche beiderlei Geschlechts sagen, sie sind beste Freunde, und sie wollen zusammen für paar Tage ein Zimmer teilen, dann sollte man ihnen die nötige Intelligenz und Reife, das selber zu entscheiden, ab einem bestimmten Alter einfach zutrauen.

Aber ich glaube nicht, dass wir in dieser Sache noch zu irgendeinem Konsenz kommen. Wir haben eben auch nicht unbedingt vereinbare Menschenbilder, scheint mir.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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