Berichterstattung bezüglich der Ukraine einseitig?
Es ist jetzt schon richtig auffällig, wie wenig über die Motive der neuen Opposition in der Ukraine bekannt wird. Wenn vorher immer wieder davon gesprochen wurde, dass die Opposition vor deren Machtergreifung ja nur das Ziel hatte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in der Ukraine zum Durchbruch zu verhelfen und die alten Oligarchen zu entmachten (heute machen sie direkt und unumwunden die Gesetze!), sind die jetzigen Gegner automatisch von Moskau gesteuerte Separatisten. Aber welche Gründe sie haben könnten, sich von Kiew los sagen zu wollen, wird nicht weiter beschrieben.
Leider ist hier das alte Schema wieder zum Tragen gekommen, wonach der Russe immer die Schuld bekommt. Dabei war die sog. "antikommunistische" Grundhaltung in den Zeiten des kalten Kriegs nur eine Maske - man war wohl damals schon schlicht gegen die Russen.
Alles, was irgendwie unpassend sein könnte, wird höchstens erwähnt. Nicht weiter ernsthaft untersucht. So werden keine Konsequenzen aus Inhalten überwachter Telefongespräche gezogen. Vielmehr mokiert man sich darüber, dass der russische Auslandsgeheimdienst Gespräche von EU Vertretern abhört. Dieses messen mit zweierlei Maß - ist das nicht schon so augenfällig, dass es einer Verschleierung nicht mehr bedarf?
Es gibt durchaus sehr gute Berichte über die Opposition in der Ukraine. Nur liest heutzutage kaum noch jemand mehr als die Schlagzeilen und ich empfinde das Vorgehen Russlands als sehr einseitig und nicht die Berichterstattung der Medien darüber. Immerhin wurde der Ukraine Anfang der 90 er Jahre versprochen: Wenn ihr alle Atomwaffen abgebt, habt ihr sichere Grenzen. Dieses Versprechen ist von Russland einseitig gebrochen worden.
Dies hat nun mit Sicherheit auch Auswirkungen auf andere Konfliktherde insbesondere in Afrika, wo die Grenzziehung extrem willkürlich war. Das Abhören von Telefongesprächen sehr ich auch sehr kritisch und zeigt uns doch allen, dass nicht nur die NSA mithört. Das Problem mit den Oligarchen sehe ich ebenso. Dies dürfte allerdings im Osten nirgendwo anders aussehen und wenn ich mir ansehe, dass das Durchschnittseinkommen in Russland 4mal so hoch sein soll wie in der Ukraine, wundert mich das Verlangen nach Beitritt nicht.
Juri1877 hat geschrieben:Es gibt durchaus sehr gute Berichte über die Opposition in der Ukraine. Nur liest heutzutage kaum noch jemand mehr als die Schlagzeilen
Das sehe ich eben anders und gerade zu Beginn der "Proteste" war die Meinungsbildung "im Westen" quer durch alle Medien klar: hier kämpfen die Unterdrückten gegen ein Unrechtsregime. Ebenso war ja die unreflektierte Unterstützung von Julija Timoschenko im Vorfeld (und schon zu Zeiten der "Orangenen Revolution") nie hinterfragt worden. Keiner traut sich heute Rundwegs zu behaupten, dass alle Anklagepunkte gegen sie falsch waren und ihre abgehörten Telefonate zeigen sie auch nicht wirklich als "lupenreine Demokratin". Erst langsam wird auch begriffen, dass die gewaltbereite Rechte (die jetzt auch die Staatsanwaltschaft stellt und die Vorgänge während des Umsturzes "untersuchen" soll) selbst Grenzziehungen in Frage stellt (insbesondere zu Polen). Da kommt aber Russland als böse Macht gerade recht - um eben von allem abzulenken, das hier massiv falsch gelaufen ist!
Juri1877 hat geschrieben:und ich empfinde das Vorgehen Russlands als sehr einseitig und nicht die Berichterstattung der Medien darüber.
Welches konkrete Vorgehen ist hier einseitig zu nennen? Russland hat sich dem Votum der Krim-Bevölkerung angeschlossen. Und damit hat Russland (aber auch die "Krim-Regierung") nur das getan, was z.B. die BRD im Bezug auf die Sezession im früheren Jugoslawien getan hat. Oder auch bzgl. der "Kosovo"-Anerkennung. Wobei hier Russland nicht vorher Kiew bombardiert hat - anders die Nato, welche erst noch Belgrad bombardieren lassen hat. Einseitig ist doch die Herangehensweise des Westens, welche die Ukraine so haben wollen, wie es sich die "westlichen" Mächte vorstellen.
Juri1877 hat geschrieben:Immerhin wurde der Ukraine Anfang der 90 er Jahre versprochen: Wenn ihr alle Atomwaffen abgebt, habt ihr sichere Grenzen. Dieses Versprechen ist von Russland einseitig gebrochen worden.
Immerhin wurde Russland versprochen, dass die Nato nicht bis an die Grenzen von Russland vordringen würde. Die Nato hat dieses "versprechen" gebrochen (und bricht es immer noch). Russland hat hingegen keine einseitigen Schritte unternommen, um Grenzen neu zu ziehen. Man darf auch nicht vergessen, dass die Krim (wenn man sich mal auf diese bezieht) eigentlich bis vor ca. 40 Jahren sowieso zu Russland gehört hat und der Zuschlag zur Ukraine bloß eine organisatorische Maßnahme war (unter den Bedingungen, dass das Ganze innerhalb der Grenzen der Sowjetunion passiert).
Juri1877 hat geschrieben:Dies hat nun mit Sicherheit auch Auswirkungen auf andere Konfliktherde insbesondere in Afrika, wo die Grenzziehung extrem willkürlich war.
Diese Büchse der Pandora war ja spätestens seit der Anerkennung des sog. "Kosovo" durch die meisten EU-Staaten geöffnet.
Juri1877 hat geschrieben:Das Abhören von Telefongesprächen sehr ich auch sehr kritisch und zeigt uns doch allen, dass nicht nur die NSA mithört.
Das mag sein. Aber hier wird jetzt wieder die Abhöraktion selbst zum Thema gemacht, statt darüber nachzudenken, was hier inhaltlich geschehen ist. Natürlich ist die Spionage auch selbst ein Themenkomplex, über den es zu diskutieren gilt. Aber hier sollte jetzt auch der Fokus auf den Inhalt der veröffentlichen Gespräche gelegt werden und dieser Inhalt sollte auch die politische Beurteilung beeinflussen. Immerhin sind die extremen Kräfte der jetzigen Regierung diejenigen, die von der Gewalteskalation profitiert haben. Wie unwahrscheinlich ist es denn, dass sie diesen provoziert haben? (Übrigens gilt das auch für Syrien: Assad hätte keine Vorteile durch den Einsatz von Chemiewaffen. Seine Feinde hingegen schon!)
Juri1877 hat geschrieben:Das Problem mit den Oligarchen sehe ich ebenso. Dies dürfte allerdings im Osten nirgendwo anders aussehen
Man kann aber den Kampf gegen das "Oligarchensystem" nicht glaubhaft vertreten, wenn Vertreter dieser Oligarchenkaste jetzt Gesetze vorgeben.
Juri1877 hat geschrieben:und wenn ich mir ansehe, dass das Durchschnittseinkommen in Russland 4mal so hoch sein soll wie in der Ukraine, wundert mich das Verlangen nach Beitritt nicht.
Das genau ist auch der Grund der "anderen Seite", sich der EU anzunähern.
Schön, wie sich hier jemand so pedantisch für russische "Innenpolitik" interessiert. Es ist mit Sicherheit nicht alles einfach so in Gut und Böse einzuteilen, aber mit der Annektierung der Krim wurden Grenzen in Europa einseitig verändert und wenn noch mehr auf diese Idee kommen, dann könnte es etwas recht böse enden.
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