Promis im Wahlkampf
Die Wahlen in den USA sind vorbei, der neue Präsident steht fest. Der vergangene Wahlkampf war lang und anstrengend und extrem extravagant, was nicht zu letzt an zahlreichen Stars und Sternchen lag, die die Kandidaten unterstützten.
Gerad Hollywoodstars haben in den letzten Monaten die Politik zu einer ihrer Prioritäten erklärt. Der Schauspieler Clint Eastwood ist ein wahrer Republikaner und zeigte das auf dem Parteitag seiner roten Partei in diesem Sommer. Damals hielt er eine Rede zusammen mit einem Stuhl, die eher befremdlich als begeisternd war. Obama dagegen wurde von George Cloney unterstützt. Dieser organisierte eine Spenden Gala und war selbst ebenfalls äußerst großzügig. Gespendet hat auch Morgan Freeman. Er findet, der Präsident habe einen super Job gemacht. Die Regisseure Steven Spielberg und George Lucas sind derselben Meinung und haben den demokratischen Kandidaten unterstützt. Die Legende Chuck Norris dagegen ist großer Romney Fan, genauso wie Kid Rock. Auf dem Parteitag der Demokraten hat übrigens Eva Longoria eine Rede gehalten, im Gegensatz zu Eastwood hat sie dazu keinen Stuhl benötigt.
Hier in Deutschland halten sich die meisten Promis aus der Politik raus. Nur Ausnahmen wie Günther Grass lassen sich mit einer Partei in Verbindung bringen. Reden von Berühmtheiten oder Auftritte in Werbefilmen gibt es kaum, allerdings stellt sich dabei die Frage, ob das in Deutschland die Wähler überhaut beeinflussen würde. Bei der Wahl zum Bundespräsidenten dagegen nominieren die Parteien gerne Würdenträger, Schriftsteller und bekannte Persönlichkeiten als Wähler. Sollten die Promis sich auch hier mehr in die Politik einmischen? Oder wirken solche Auftritte meist nicht einfach nur lächerlich, genau wie Eastwood und sein merkwürdiger Auftritt mit dem leeren Stuhl?
Ich finde zwar, dass man sich als Prominenter durchaus eine politische Meinung erlauben und diese auch öffentlich äußern darf, aber dass Prominente auf Wahlkampfveranstaltungen Reden halten, finde ich persönlich eher übertrieben und nicht wirklich angebracht. Die Wähler sollen ihre Entscheidung schließlich frei treffen, deshalb sollten nur der jeweilige Kandidat und andere wichtige Parteimitglieder für sich sprechen. Werbung durch Prominente könnte man schon fast als Beeinflussung ansehen.
In Deutschland würden solche Auftritte wahrscheinlich tatsächlich kaum jemanden interessieren. Wir haben meiner Meinung nach kaum Prominente, die einen ausreichenden Einfluss auf die Gesamtbevölkerung haben könnten und denen man dazu noch zutraut, Ahnung von Politik zu haben. Wenn ich mir vorstelle, dass zum Beispiel Dieter Bohlen eine Wahlkampfrede halten würde, dann ist das eher lächerlich.
Es wäre wohl mal einen Versuch wert, wie sich die Wahlen in Deutschland mit der wirklich ausufernden Hilfe von Prominenten so gestalten lassen würde. Zuerst aber sollte jedem, der darüber nachdenkt, klar sein, dass es sich - gerade auch in Sachen der Wahlen - bei Deutschland und den USA hier um zwei vollkommen verschiedenen Welten handelt. Selbst wir Deutschen, die wir doch sehr viel von den US-amerikanischen Wahlen über unsere Medien erfahren, können uns praktisch nicht vorstellen, wie die Wahlen dort wirklich ablaufen und welch ein immenser Medienaufwand es dort ist. Hier werden wir ja weitgehend davon verschont und die richtige heiße Phase, wenn es beispielsweise um die nächste Bundestagswahl geht, dauert auch nur einen Bruchteil solange, wie die Präsidentschaftswahlkämpfe in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dementsprechend uninteressiert sind die US-Amerikaner auch die meiste Zeit über, weswegen man eben gerade zu solchen Stars greifen muss, um ein paar gewisse Zielgruppen ansprechen zu können, die man ansonsten schlicht und ergreifend nicht erreichen würde.
Hinzu kommt, dass die tatsächlichen Stars - wir reden hier nicht von irgendwelchen Scheinsternchen - in den USA tatsächlich richtige Vorbilder sind, an denen sich die "normalen" Menschen in vielen Belangen und Dingen auch orientieren (möchten). Insofern hat es für den dortigen Wahlkampf durchaus einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert, wenn der Präsident oder der Gegenkandidat auf die Unterstützung ihrer prominenten Anhänger zählen dürfen, es ihnen gelingt, diese für ihre Zwecke einzusetzen und so viele Menschen, die ansonsten kaum Interesse gehabt hätten, zu mobilisieren.
Natürlich kann es dabei auch zu peinlichen Auftritten kommen, wie jüngst Clint Eastwood bewiesen hat. Schade war das schon, weil ich - und viele andere Menschen - ihn als Schauspieler und Kunstschaffenden ja sehr schätzen. Das ist wiederum die Kehrseite dieser Medienhascherei, die da mit den Prominenten betrieben wird: Wenn einer von denen mal keinen besonders guten Tag hat, ist das Medienecho bei eventuellen Fehlschläge selbstverständlich noch um ein Vielfaches größer, als hätte ein einfacher Parteifreund gesprochen, der Vorstand irgendeines unwichtigen Wahlbezirkes ist. Dieses Risiko gehen sie in den USA aber sehr gerne ein und können meistens auch einen positiven Nutzen daraus ziehen.
Mir würden hier in Deutschland schon einige Prominente einfallen, deren Auftritte oder Aussagen durchaus Vorteile für den einen oder Nachteile für den anderen Kandidaten bringen könnten. Man denke da nur mal an Günther Jauch, den die Mehrheit der Deutschen am liebsten selbst als Bundeskanzler oder Bundespräsident hätte. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es die Wählerschaft beeinflussen würde, wenn er sich direkt und öffentlich zu einem Kanzlerkandidaten bekennen und für diesen die Werbetrommel anschlagen würde.
Möglicherweise wäre es einmal eine ganz willkommene Abwechslung, wenn der deutsche Wahlkampf mit dergleichen Methoden aufgebauscht werden würde. Lügen von Politikern und ihre fadenscheinigen und nichts bringenden Wahlversprechen haben die meisten - verständlicherweise - langsam bis über beide Ohren satt. Da kann es nicht schaden, wenn ein wenig Abwechslung ins Spiel kommt, zumal so vielleicht auch Wählerschichten mobilisiert werden könnten, die sich ansonsten eher wenig oder auch gar nicht mit dem Thema Politik und den Wahlen auseinandersetzen würden. Auf einen Versuch würde ich es durchaus ankommen lassen.
In den USA genießen Schauspieler auch ein wesentlich höheres Ansehen als in Deutschland und sind oft auch weltweit bekannt. Die Mehrzahl der Schauspieler in Deutschland kann denen eben nicht das Wasser reichen und ein Schauspieler wie Ronald Reagan, der tatsächlich Präsident wurde, wäre hier in Deutschland undenkbar.
Außerdem lebt die amerikanische Politik von Seiteneinsteigern, während hier in Deutschland fast ausschließlich Berufspolitiker zum Zuge kommen. Ein Seiteneinsteiger hat wohl nur in den USA eine Chance wie Arnold Schwarzenegger gezeigt hat, wobei dieser auch von der Unglaubwürdigkeit seines Gegners und seiner Frau aus dem Hause Kennedy profitiert hat.
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