Gerne allein sein - schlechter Charakterzug?

Nach seinem zweiten Examen möchte mein Freund gerne mit mir zusammen und redet auch sehr gerne darüber. Bis dahin sind es eigentlich auch nur noch einige wenige Monate und er freut sich, wie verrückt, obwohl wir uns eigentlich auch erst seit 4-5 Monaten kennen. Teilweise hat er sogar schon nach Wohnungen geschaut, um zu sehen, mit welchen Preisen man so rechnen muss und was wir uns leisten können. Ich finde die Vorstellung mit meinem Freund zusammen zu wohnen ehrlich gesagt auch schön, allerdings muss ich zugeben, dass ich eigentlich eher der Mensch bin, der auch sehr gerne Zeit für sich hat und wenn ich die ganze Zeit nur Zeit mit meinen Mitmenschen verbringe, dann deprimiert mich das einfach ein bisschen und ich bekomme schlechte Laune, weil ich keine Zeit für mich habe.

Zeit mit meiner Familie kann ich eigentlich sehr gut verbringen, allerdings arbeiten meine Eltern und mein Bruder, so dass ich sie wenigstens dann morgens und mittags nicht sehe, wenn ich sie besuchen komme. Bei meinen Freunden habe ich einfach den Vorteil, dass ich absagen kann, wenn ich keine Lust habe auf ein Treffen und meistens reicht mir ein Treffen pro Monat, da ich die meisten auch jeden Tag an der Universität sehe und so weiter. Wenn man aber zusammen wohnt, dann wird das schwierig mit der Zeit für mich alleine, weil ich abends dann von der Universität heim komme und mein Freund ist dann da und da ist eben nicht viel Zeit für mich.

Als wir uns kennen gelernt haben, habe ich meinen Freund vorgewarnt und ihn darauf hingewiesen, dass ich ab und zu einfach Zeit für mich brauche. Das hat ihn von den Ideen für unseren Zusammenzug aber nicht abgehalten. Ab und an ist es so, dass er mal nachfragt, ob es mir zu viel wird, wenn wir uns mehrere Tage hintereinander sehen und ich sage ihm dann meistens, dass es mir nichts ausmacht, auch wenn es mir manchmal eigentlich doch was ausmacht. Manchmal wirkt mein Freund dann auch ein wenig traurig, wenn ich ein Treffen absage. An sich habe ich eigentlich nicht das Gefühl, dass er es versteht, insgeheim hofft er einfach, dass er die Person ist, die ich immer ''aushalten'' kann und bei der ich keine Freiheit für mich selbst brauche, aber ich denke, dass ich immer ein wenig Freiheit brauchen werde.

Deswegen habe ich teilweise den Anschein, als ob dieser Charakterzug generell eher als negativ angesehen wird. Denkt ihr selbst auch eher schlecht über solche Menschen oder könnt ihr es nachvollziehen? Es gibt ja auch wirklich sehr viele Menschen, die sich einen Partner wünschen, weil sie nicht gerne allein sind und bei mir ist das eigentlich anders, ich bin gerne allein. Natürlich freue ich mich auch sehr über die Beziehung, die ich jetzt habe, aber teilweise bedrückt mich der Gedanke dann doch, dass ich in Zukunft vielleicht nicht mehr viel Zeit für mich haben werde, weil mein Freund immer da ist. Kennt ihr dieses Gefühl? Wie empfindet ihr das?

Nun 4-5 Monate sind wirklich noch nicht sonderlich lang. Wenn du bedenken hast solltest du dies seinem Freund mitteilen. Eine gemeinsame Wohnung ist schon ein recht großer Schritt in einer jungen Beziehung. Wieso schlägst du ihm nicht vor einfach mal für eine Woche probeweise zusammenzuleben? Mein Freund und ich hatten das erste Jahr unsere Beziehung eine Fernbeziehung geführt und haben in diesem Jahr regelmäßig für 1 oder 2 Wochen in der Wohnung des anderen zusammengelebt.

Es war anfangs sehr ungewohnt aber nach einen Jahr haben wir entschieden das ich einfach zu ihm ziehe. Einfach weil wir im Haus seiner Mutter viel mehr Platz zur Verfügung haben als in meiner kleinen Wohnung. Wir leben jetzt seit eineinhalb Jahren zusammen und würden dies auch nicht mehr ändern. Klar geht man sich gelegentlich mal auf den Geist, aber es spricht ja nichts dagegen sich in einen anderen Raum oder nach draußen zu bewegen und sich allein zu beschäftigen.

Du solltest auf jeden Fall mit deinem Freund darüber reden. Nach all deinen Posts scheinst du dich immer deinen Freund unterzuordnen. Sei es nun sein Kinderwunsch, welchen du nicht teilst oder nun das gemeinsame Leben. Sprich mit deinem Freund. Wenn er dich liebt wird er deine bedenken verstehen und dir Zeit geben.

Ich kann deine Bedenken durchaus nachvollziehen. Mir geht es in der Hinsicht ähnlich. Ich kann es nicht leiden, wenn mir permanent jemand an der Pelle klebt und mir kaum Zeit für mich selbst lässt. Das habe ich meinem Freund auch von Anfang an gesagt, aber diese Bedenken haben sich hinterher als vollkommen übertrieben und überflüssig herausgestellt.

Bevor ich meinen Job hatte, bin ich nämlich in den Semesterferien einmal für 2 Wochen bei ihm gewesen und da das so gut funktioniert hat, bin ich ein andermal für 3 Monate am Stück zu ihm gezogen und wir haben einfach getestet wie wir damit klarkommen. Wir haben uns sehr schnell aneinander gewöhnt und aufeinander eingestellt. Es gab in der Hinsicht keinerlei Probleme. Es hat auch jeder seine eigenen Freiräume bekommen, sodass keiner sich irgendwie eingeengt gefühlt hat.

Ich kann dir nur raten, das Zusammenwohnen mal eine Zeit lang auszutesten und deine eigenen Erfahrungen zu machen. Lass die Dinge einfach auf dich zukommen und mach dich nicht schon vorher komplett verrückt!

Grundsätzlich ist es absolut kein schlechter Charakterzug, wenn man gerne allein ist. Immerhin kann das durchaus positiv sein, da das heißt, dass man sich eben auch mit sich selbst beschäftigen kann, ohne dass einem gleich langweilig ist. Zudem zeigt das natürlich auch, dass man nicht die ganze Zeit auf andere angewiesen ist und dass man auch Hobbys hat, die man ohne den Partner ausüben möchte. Auf diese Weise wird man auch innerhalb einer Beziehung noch als selbstständige Person angesehen und ich denke, dass das alles andere als schlecht ist. Immerhin gibt man sich selbst nicht komplett für eine Beziehung auf, sondern man nimmt sich durchaus das Recht, auch neben der Beziehung noch ein eigenes Leben mit eigenen Interessen führen zu können.

Wichtig ist, dass man einfach einen Partner hat, der in dieser Hinsicht ähnlich denkt, wie man selbst und der eben auch ab und zu Zeit für sich selbst braucht. Immerhin kann eine Beziehung einfach nicht richtig funktionieren, wenn der eine viel mehr Nähe haben möchte, als der andere. Auf diese Weise wird es dann immer so sein, dass sich einer von beiden vernachlässigt fühlt, während der andere sich eingeengt fühlt. Dabei bringt es auch nicht viel, Kompromisse zu schließen. Wenn man Zeit für sich selbst braucht, dann macht es einen auch nicht glücklich, wenn man diese Zeit nicht ausreichend bekommt. Und der andere kann es dann auch nicht abschalten, dass er einen vermisst. Von daher wird so eine Beziehung beide auf Dauer nicht glücklich machen und ich finde es sehr wichtig, wenn man sich in dieser Hinsicht doch sehr ähnlich ist.

Wenn man einen Partner hat, der ebenfalls ab und zu seine Ruhe braucht, dann kann das jedoch sehr gut funktionieren. So ist es bei mir auch so, dass ich meinen Freund liebend gerne sehe, wobei ich trotzdem noch genügend Zeit für mich selbst brauche, um zu lesen, im Internet zu surfen oder auch einfach einmal nichts zu tun. Dabei ist das bei meinem Freund glücklicherweise ganz genauso und ihm ist es auch wichtig, dass er seine Freunde und seine Familie durch unsere Beziehung nicht vernachlässigt, weshalb er eben auch selbst Zeit für sich braucht. Das ist dabei ideal und wir ergänzen uns da eigentlich auch immer, so dass wir beide uns so oft sehen, wie wir wollen, aber dennoch noch genügend Zeit für uns selbst übrig lassen.

Generell finde ich es nicht schlimm, dass es Menschen gibt, die mehr ihre Ruhe brauchen und gerne für sich sind. Wir sind nun mal nicht alle gleich. Selber bin ich nicht so, ich brauche meine Freunde und vor allem meinen Verlobten um mich herum, mich stört das in keinster Weise und wenn es nicht so ist, fehlt mir etwas.

Ich finde deine Beziehung schon ein bisschen komisch, ihr seid bei so vielen Themen anderer Meinung und vor allem bei wichtigen Themen. Meiner Meinung nach hältst du da an etwas fest, was keine lange Zukunft haben kann, wenn ihr so unterschiedlicher Meinung seid. An deiner Stelle würde ich das Problem aber konkret mal ansprechen. Gerade wenn du einfach deine Rue brauchst, musst du es doch sagen. Vielleicht kommt er dann auch ein bisschen von seinen Plänen ab. Immerhin werdet ihr euch zwangsläufig dann jeden Abend sehen und da kann man sich auch nicht so gut aus dem Weg gehen.

Es ist völlig ok wenn man lieber auch mal für sich ist. Ich bin genauso ein Mensch, ich brauche ab und an einfach meinen Freiraum. Bekomme ich die Chance nicht werde ich auch leicht launisch, und fühle mich eingeengt. Das deprimiert mich dann, und ich versuche mich dann noch mehr zurückzuziehen.

Das mit den zusammen wohnen auf Probe ist eine sehr gute Idee, die auch in meiner Beziehung sehr geholfen hat. Ich bin von der Gefühlswelt fast wie du, mit hat das zusammenziehen mit meinem Partner auch Angst gemacht. Da ich einfach unsicher war, und er auch nicht der einfachste Mensch ist. Nach dem zwei Wochen Probewohnen zusammen war ich schon beruhigter, wir haben dann aber trotzdem noch einen Monat gewartet bis er zu mir gezogen ist. Und ich kann dir sagen das ist eine gute Entscheidung gewesen, klar zofft man sich ab und an. Das muss aber auch mal sein, wenn es zu harmonisch ist kann das auf Dauer auch nicht gut gehen.

Wir sind nach circa zwei Jahren zusammengezogen, bei euch ist die Beziehung ja noch recht frisch. Falls das noch ein bisschen viel alles auf einmal ist, erkläre das deinem Freund einfach er wird es verstehen. Und mach dir keinen Kopf auch wenn er mal traurig dreinschaut, Zeit für sich zu haben oder das zu fordern ist kein Verbrechen.

Ich finde es völlig legitim, dass man auch in einer Partnerschaft, wenn man zusammen wohnt, auch mal alleine sein und Zeit für sich haben möchte. Ich lebe seit Jahren mit meinem Partner zusammen und bin sehr viel alleine. Manchmal genieße ich das schon, aber oftmals nervt es mich auch einfach, so viel alleine zu sein. Aber ich kann auch verstehen, dass mein Partner mal seine Ruhe haben möchte und eben alleine sein will.

Wir haben ein Büro, dass eigentlich nur für meinen Partner ist. Da kann er sich dann auch mal zurückziehen, wenn er alleine sein möchte und ich eben trotzdem zu Hause bin. Er macht dort dann meist Computerspiele oder er fährt schon mal angeln, wenn er Ruhe möchte. Ich finde nicht, dass der Wunsch nach alleine sein, eine schlechte Charaktereigenschaft ist. Es sollte auch verständlich sein, dass man einfach mal Zeit alleine braucht und ich finde, dass der Partner da auch Verständnis zeigen sollte. Wenn ihr zusammenzieht, könnt ihr ja vielleicht auch schauen, dass jeder einen Raum für sich bekommt, in der er sich einfach mal zurückziehen kann, wenn er eben alleine sein möchte.