Christentum: Wieso verbreitete es sich so rasch?

vom 08.04.2014, 04:44 Uhr

Im vorchristlichen Europa, beziehungsweise zu der Zeit, zu der in dem Gebiet, welches man heute als Europa bezeichnen würde, das Christentum noch nicht üblich war, herrschten ja verschiedenste polytheistische Religionen vor. So gut wie jedes kleine Völkchen hatte teilweise seine eigenen Glaubensvorstellungen. Animistische und aus heutiger Sicht spiritistische Systeme gab es zahlreiche. Außerdem gab es einige heute noch sehr bekannte polytheistische Religionssysteme, die eine größere Anhängerschaft hatten, heute bekannt als beispielsweise alt-römische, alt-griechische, keltische oder alt-nordische Götterwelten. Slawen, Balten und Finnen hatten auch noch einmal ihre eigenen Religionen.

Wenn wir jetzt mal von einer größeren nicht-christlichen Religion, die früher ziemlich weit verbreitet war, ausgehen wollen, könnte man zum Beispiel die alt-römische Religion betrachten. Wenn man bedenkt, wie groß das Römische Reich war, kann man sich ja etwa ausmalen, wie weit verbreitet dann auch dieser Götterglaube war. Wenn natürlich auch nicht jeder im Römischen Reich daran geglaubt hat, aber eine weite Verbreitung hatte dieser Glaube dennoch innerhalb des Reiches.

Wie konnte nun das Christentum so schnell alle diese polytheistischen vorherigen Religionen verdrängen? Beim Römischen Reich weiß ich, dass es zuerst verschiedene Toleranz-Edikte gab, die bedingten, dass das Christentum in verschiedenen Provinzen nicht mehr verboten war. Später wurde das Christentum dann immer anerkannter und letztendlich zur Staatsreligion, während die alten Glaubenssysteme verboten worden waren.

Aber wie genau konnte das passieren? Und wie konnte das Christentum beispielsweise in Skandinavien Fuß fassen? Sicher gab es auch eine gewaltvolle Verbreitung. Aber etliche Leute scheinen es ja auch so angenommen zu haben, freiwillig. Was war ausschlaggebend, was machte das Christentum für die Menschen attraktiv, sodass es sich so schnell verbreiten konnte?

Eigentlich müssten die alten polytheistischen Religionen ja volksnaher gewesen sein. Und abgesehen davon neigen Menschen ja dazu, an alten Traditionen festzuhalten und sie bewahren zu wollen. Da sollte man seine Jahrhunderte alte Religion ja normalerweise auch nicht so einfach aufgeben wollen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich denke, einer der Gründe für die rasche und weitläufige Verbreitung des Christentums wird die Lehre an sich sein. Das Christentum lehrt ja, dass man nicht durch seine Werke in den Himmel kommt, sondern allein durch den Glauben. Viele andere Religionen predigen allerdings, dass man nichts umsonst bekommt und dass man sich entsprechendes verdienen muss. Für viele Menschen wird das sicherlich bequemer sein. Wozu zigtausend gute Werke tun und das Paradies möglicherweise doch nicht verdient zu haben, wenn es doch so einfach ist nur zu glauben?

Ein weiterer möglicher Erklärungsansatz kann mit den Geschichten zu tun haben, die die Apostel über die Wunder Jesu verbreitet haben. Wobei ich es nicht für ausgeschlossen halte, dass irgendwelche Wunder und gute Taten auch den römischen oder griechischen Göttern nachgesagt wurden.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich denke, dass Gewalt da sicherlich eine große Rolle gespielt hat. Diese Art von Verbreitung des Christentums war sicherlich die vorrangige und hat die Menschen geprägt. Wahrscheinlich war es so, dass man sich dann gezwungen sah, sich als Christ auszugeben, um derartigen Konflikten aus dem Weg zu gehen und die nachfolgende Generation hat von der Übernahme nicht mehr viel mitbekommen und sieht sich vielleicht schon eher als christlich und so weiter, bis die Familie letzten Endes eben christlich ist. Das Christentum hat Angst und Schrecken verbreitet und dann hatte man wohl auch nicht die Wahl, an alten Religionen festzuhalten.

Hinzu kommt dann eben sicherlich auch noch die Tatsache, dass der Mensch ein Herdentier ist und wenn man an eine Religion glaubt, die nicht so weit verbreitet ist, fühlt man sich vielleicht auch als ''Außenseiter'', weswegen viele Menschen zum Christentum überlaufen wollten, da dieses einfach eine große Anzahl an Anhängern hatte. Diese alten Religionen müssten gepflegt und verbreitet werden, damit sie noch Bestand hätten, aber da die Anhängerschaft nicht allzu zahlreich war und man schnell übergelaufen ist, hatten diese Religionen wohl keine Chance.

Möglicherweise aber lag es auch an der Botschaft des Christentums, wobei ich das aber nicht glaube. Früher hatte man ja nicht so ''schöne'' Ansichten wie heute, da wurde das mit den Sünden ja doch noch etwas härter gesehen, als dies heute der Fall ist, wo man meint, jede Sünde würde einem vergeben, wenn man sie bereue. In gewisser Weise sehen darin vielleicht auch viele einen Freischein und meinen, sie müssten sich für ihre Erlösung nicht anstrengen, so wie das beispielsweise im Islam oder Buddhismus der Fall ist. Von Christen wird generell nur eine gute Lebensform erwartet und Sünden werden vergeben. Das sehen andere Religionen nicht so großzügig, eventuell ist das auch ein Anreiz. So genau kann man das aber nicht sagen, ich weiß nicht, wie sehr sich die Menschen damals mit dem Thema auseinander gesetzt haben.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Im Prinzip musste man ja gar kein ganzes Volk überzeugen, dass der neue Gott besser ist als der alte Gott, es hat gereicht, wenn man den König dazu gebracht hat zu konvertieren und seine neue Religion als Staatsreligion zu verordnen. Und um einen König zu überzeugen braucht man unter Umständen nicht mal Gewalt, es reicht die Tatsache, dass er die Frau, die für seinen Machterhalt wichtig ist, nur heiraten kann, wenn er ihre Religion annimmt.

Und was die alten Traditionen angeht, die sind doch zum Teil erhalten geblieben und werden sogar heute noch fortgeführt. Die meisten christlichen Feste haben ihre Wurzeln in vorchristlicher Zeit, Traditionen wie Weihnachtsbäume oder Ostereier gehen auf heidnische Symbole zurück. Vielleicht liegt der Erfolg darin begründet? Dass den Leuten eben nicht gesagt wurde, dass sie die Wintersonnenwende nicht mehr feiern dürfen, sondern, dass man ganz geschickt den Geburtstag seines Gottessohnes auf diesen Zeitraum gelegt hat? Was genau gefeiert wird dürfte den meisten einfachen Leuten relativ egal gewesen sein, so lange gefeiert wurde.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Wer sagt denn dass sich das Christentum schnell verbreitet hat? Zugegeben war die Expansion des Christentums sehr erfolgreich und umfangreich. Der Islam war aber z.B. viel schneller. Das Christentum brauchte gut 800-1000 Jahre, bis es gesamt Europa erobert hatte. der Islam hat 100-200 Jahren die gesamte arabische Welt erobern können und hätte auch ganz Europa umfasst, wenn Karl Martell den Krieg gegen die Mauren verloren hätte. So war in an den Pyrenäen erst einmal Schluss.

Die Gründe für die christliche Expansion sind vielschichtig und wer sich ein umfangreiches Bild davon machen möchte, sollte am besten ein kirchengeschichtliches Buch lesen. Aber verkürzt, würde ich sagen, dass vor allem politische Gründe dahinterstecken. Zu Beginn waren es ja vor allem Juden, die zum Christentum konvertierten. Da spielte die persönliche Überzeugung von der Lehre gewiss eine große Rolle. Aber die Bibel ist ein höchst politisches Buch. Mit dem Neuen Testament wird offensiv für die neue Religion geworben, gerade in der griechisch-römischen Welt, siehe die ganzen Paulus Briefe.

Für die Leute in der Antike und dem Frühmittlealter war die Abkehr von ihrer Vielgötterei hin zum Christentum auch gar nicht so schwierig. Sie haben immer an viele Götter geglaubt und wenn dann nun ein neuer Gott dazukommt dem man huldigt, war das kein großes Problem. Waren sie erst in der christlichen Gemeinde drin, hat sich der Monotheismus dann über die Generationen gefestigt.

Das wichtigste Ereignis in dieser Zeit, ist wohl die konstantinische Wende. Kaiser Konstantin hat das Christentum aus politischen Gründen, zur Staatsreligion im römischen Reich gemacht. Von da an war es auf einem Kometenhaften aufstieg.

In die übrigen Regionen Europas wurde es aber sehr blutig mit dem Schwert gebracht. Die Missionierung Germaniens, vor allem die Christianisierung der Sachsen, war von vielen Kriegen gezeichnet. Oftmals blieb dem besiegten nichts anderes übrig, als zum Christentum zu konvertieren. Und einhergehend mit dem Christentum folgte eine völlig neue politische Struktur. Weg von Stämmen und Clans, hin zu Reichen mit christlichen Königen und Fürsten, die auf eine starke Kirche bauten. Die Kirche hat das Wissen der Antike für Staatsführung und Wissenschaft zu einem gewissen Teil ins Mittelalter hinübergeführt und bewahrt und das machten sich die neu aufsteigenden Herrscher zu Nütze.

» Jack R » Beiträge: 1229 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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