Als Einzelgänger zu viel mit anderen arbeiten müssen
Ich habe zwei Fächer studiert, das eine ist eine Sprache und das andere ist ein Fach, mit dem man relativ viel machen kann. Die Sprache hab ich so nebenbei studiert, weil ich dachte, das macht sich ganz gut im Lebenslauf. War auch so, ich wurde oft positiv darauf angesprochen. Allerdings kann man in dieser Sprache nicht wirklich arbeiten, höchstens als Übersetzer und ich übersetzte tatsächlich manchmal Dinge, aber da verdient man nicht so viel. Und das andere Fach bietet einem viele Möglichkeiten, die ich aber auch nutze, weil ich mehrere Teilzeitstellen miteinander kombiniere und nebenbei noch selbstständig bin und all diese unterschiedlichen Tätigkeiten haben auch verschiedene Inhalte, die zu den einzelnen Unterdisziplinen meines Studienfaches passen.
Mein Problem ist nur, dass ich in meinem Hauptjob, dem ich die meiste Zeit der Woche nachgehe, ziemlich viel mit anderen Leuten zu tun habe. Ich bin eigentlich eher ein Einzelgänger und mich stresst das, mich immer mit anderen absprechen und abstimmen zu müssen. Ich würde lieber den ganzen Tag für mich alleine vorm PC arbeiten. Ich habe das erst heute wieder gemerkt, weil ich meinen Urlaubsantrag abgegeben hab. Und ich muss für all meine Urlaubstage im Betrieb eine Vertretung finden und das war super anstrengend für mich, immer jemanden suchen zu müssen, der mich dann vertritt und das alles abstimmen zu müssen. Das ist gar nicht mein Ding. Es gibt zudem zig Besprechungen in dem Unternehmen, wo ich dabei sein muss und da habe ich mitunter wirklich den Eindruck, dass mich das alles, was die da erzählen, nicht so interessiert.
Wenn diese ganzen Abstimmungserfordernisse nicht wären, dann wäre es mir sicherlich lieber. Zudem muss ich manchmal Seminare halten und das ist auch nicht so mein Ding. Ich hab kein Problem damit, vor anderen zu sprechen, aber ich hab dann von manchen Teilnehmern die Rückmeldung bekommen, dass sie die Seminare nicht so toll finden und das hat mich total demotiviert. Da hatte ich dann nachher keine Lust mehr, die Seminare überhaupt noch zu machen, weil ich diese negativen Rückmeldungen als Undankbarkeit empfunden habe. Es gibt sicher auch Menschen, die das motivieren würde, an sich zu arbeiten und alles zu verbessern, aber so jemand bin ich halt einfach nicht. Ich hab mir ein bisschen ein neues Konzept für die Seminare ausgedacht, aber als ich das heute ausprobiert habe, wirkten einige vom Gesichtsausdruck her schon wieder nicht ganz zufrieden und das hat mich dann schon wieder ein wenig angekotzt. Anfangs habe ich das gerne gemacht, aber die negativen Rückmeldungen haben mir jeglichen Spaß genommen.
Bei den anderen Jobs, die ich habe, arbeite ich mehr für mich alleine; ich muss mich da mit niemandem abstimmen und habe auch weitgehend meine Ruhe, mir quatscht keiner in meine Organisation hinein und ich kann mir sogar die Zeiten, wann ich was mache, zu einem großen Teil selber aussuchen. Das gefällt mir viel besser. Aber von den anderen Jobs alleine kann ich nicht leben. Na gut, ich könnte schon, aber es ist mir halt zu wenig. Der einzige Grund, warum ich den Hauptjob – also den, mit dem ich eigentlich unzufrieden bin – weiter mache, ist das Geld. Die bezahlen mich ziemlich gut und auch mehr als das für die Branche marktüblich wäre, sodass ich da sicher keine Alternative finde, die die gleichen Konditionen hat. So kann ich viel sparen und bin schätzungsweise in ein paar Jahren bei einer Summe angekommen, bei der ich auch zumindest teilweise von den Zinsen leben könnte – nicht komplett, aber Zinsen + Halbtagsjob würde dann reichen. Das ist halt mein Ziel, dann nur noch das machen zu müssen, worauf ich Lust habe. Und ich mag einige Kollegen bei dem Hauptjob sehr gerne. Leider sind das gerade die, mit denen ich eher weniger zu tun habe, sondern wohl man sich dann eher mal in der Pause zum Quatschen trifft.
Geht Ihr auch einem Job nach, der Euch eigentlich nicht so gefällt? Sollte man, wenn man Einzelgänger ist, sich bewusst nur Stellen suchen, wo man weitgehend alleine arbeitet oder sollte man bewusst auch Dinge mache, die mit anderen Leuten zu tun haben, um nicht den Anschluss zu verlieren?
Jeder kennt den Spruch "bleib so wie du bist". Ich sehe es anders und würde eher sagen "werde dein bestes du". Man sollte nicht jemand werden, der man nicht sein möchte. Ich lese bei dir aber zwischen den Zeilen, dass dieses Gefühl nach den Seminaren dich schon gestört hat. Ab einem gewissen Alter ist es schwierig sein Wesen grundlegend zu ändern. Ich denke du solltest den Anschluss nicht verlieren, sowohl privat als auch bei der Arbeit - Teamarbeit wird heute immer wichtiger.
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