Kutná Hora Knochenkirche - Makabere Form eines Gotteshauses?
Eine Freundin verkündete die Tage über ein Soziales Netzwerk, dass sie sehr gerne mal die Kutná Hora sehen würde. Das ist eine Knochenkirche in der Nähe von Prag. Dort wurden aus menschlichen Knochen diverse Gegenstände gemacht. So zum Beispiel Kronleuchter und ähnliches.
Die Knochenkirche ist ein katholisches Gotteshaus, in dem auch reguläre Gottesdienste statt finden. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich finde den Gedanken ein wenig makaber. Wie würdet ihr es empfinden, in einem Gotteshaus einen Gottesdienst zu besuchen, dessen Ausstattung zum Großteil aus menschlichen Knochen besteht?
Ich hab mich gerade mal bisschen informiert. Ich hatte nämlich noch nie von dieser Kirche gehört. Hat hier vor kurzem nicht einer geschrieben, dass Kirchen zu besichtigen langweilig wäre, weil alle gleich aussehen? Na, das ist ja mal ein fulminanter Gegenbeweis. Hier mal ein Bild.
Ich hätte ja erwartet, dass irgendeine Begründung dahinter steckt, warum man Kronleuchter aus Menschenknochen macht. Irgendein Aberglaube, um Geister abzuwehren. Aber es war wohl einfach so, dass der Friedhof aufgrund der Pest und der Husittenkriege total überlagert war. Als dann noch die Kirche gebaut wurde, wurden viele Leichname exhumiert, um Platz zu schaffen. Diese wurden dann im Keller gelagert. Und als die Fürstenfamilie Schwarzenberg die Kirche kaufte, hat sie veranlasst, dass fast sämtliches Interieur aus diesen eingelagerten Knochen gebaut wurde.
Also irgendwie nur aus Dekozwecken oder wie soll ich das verstehen? Ach gerade lese ich, dass es die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens symbolisieren soll. Naja. Was mich am meisten stört, ist die Leichtfertigkeit, mit der Leichname exhumiert werden. Als Atheistin wäre es mir total egal, was aus meinen Knochen wird. Aber ich dachte immer, im Christentum gäbe es eine Totenruhe, die auf keinen Fall gestört werden darf. Irgendwie scheint die ja irgendwann mal abzulaufen. Meistens, wenn es halt auf irgendeine Art praktisch ist.
Um ehrlich zu sein, würde ich es mir auch auf jeden Fall ansehen, wenn ich mal in der Gegend sein sollte. Da wäre mir dann auch egal, dass ich als Atheistin in einem Gotteshaus nichts verloren habe. Aber das finde ich einfach zu interessant und einzigartig. Aber ganz unproblematisch sehe ich es auch nicht. Es ist schon makaber. Die Menschen haben dem ja nicht zugestimmt und ich denke, die meisten hatten vor, im Grab ihre letzte Ruhestätte zu finden. Es ist also vor allem respektlos. Aber das war auch schon ganz besonders das Exhumieren.
Vergleichbare Stätten gibt es in Italien auch. Leider habe ich vergessen, wie der Ort hieß, wo der ganze Raum mit Mustern aus Knochen verziert ist. Sicher ist das ein anderer Umgang mit dem Tod. Und gläubige Menschen haben tendenziell sowieso einen anderen Umgang mit dem Tod als Atheisten. Einfach, weil man Ängste ganz anders kanalisieren kann im Rahmen eines Glaubens. Zumindest ist das meine persönliche Erfahrung.
Außerdem finde ich es nicht gut, den Tod zu sehr zu verdrängen und zu tabuisieren. Wenn ich mal nach Prag komme, was ich schon lange vor habe, dann werde ich diese Kirche sicherlich besichtigen.
Die Knochenkirche in Kutná Hora habe ich auch seit einer Weile auf meiner Liste der zu besuchenden Orte. Wenn ich mal in die Gegend reise, werde ich mir die Knochenkirche in jedem Fall anschauen. Auf den Bildern, die man davon sehen kann, gefällt sie mir ausgesprochen gut. Ich finde es sogar regelrecht kreativ und wahnsinnig beeindruckend, was dort alles aus den Knochen gemacht wurde. Insgesamt sollen dort Knochen von 40.000 Menschen verarbeitet worden sein. Das allein ist eine unglaubliche Zahl.
Morbide finde ich diese Kirche nicht, allerdings reizen mich solche Dinge grundsätzlich schon und ich empfinde vieles, was allgemein als morbide angesehen wird, ganz anders. Ich empfinde es nicht als morbide oder gar makaber, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen und Gefallen daran zu finden. Es ist einfach ein sehr spannendes Thema. Einen Gottesdienst in der Kirche würde ich nun nicht besuchen wollen, weil ich nicht gläubig bin und mich Gottesdienste nicht reizen. Aber die Kirche als Bauwerk mit außergewöhnlicher Ausstattung interessiert mich eben doch.
Auch im Christentum hat der Umgang mit dem Thema Tod sich ja über die Jahrhunderte arg gewandelt. Und regional ist es sowieso noch einmal ganz unterschiedlich. "Beinhäuser", also kleine Kapellen, in denen Knochen gestapelt worden sind, und zwar massenhaft, gibt es in allen möglichen Ländern. Lediglich, dass man in Kutna Hora noch Dekogegenstände daraus hergestellt hat, ist eher ungewöhnlich. Selbst, wenn ich bedenke, dass es mal eine richtige "Modewelle" für Vanitas- und Memento-Mori-Motive gab, ist die Knochenkirche schon ein Extremfall. Ein Fall, den ich übrigens gleichzeitig interessant und sehenswert, aber gleichzeitig auch makaber finde.
Andererseits muss ich dann aber doch betonen, dass es etliche Beispiele für Orte oder Gewohnheiten gibt, die eigentlich nicht sehr pietätvoll wirken. Ich denke ja beispielsweise an die Katakomben in Paris, wo auch massenhaft Schädel und andere Knochen in Wandnischen gestapelt werden. Ich war übrigens schon selber dort unten, und fand den Spaziergang doch sehr interessant.
Und dann gibt es beispielsweise noch einige andere Katakomben in Italien, außerdem fallen mir noch einige Gruften mit mumifizierten Leichnamen ein. Die Kapuzinergruft in Palermo ist ein bekanntes Beispiel. Dort kann jeder Tourist theoretisch nach Zahlung eines Eintrittsgeldes durch die Gruft laufen und zahllosen Mumien ins verfallene Gesicht blicken. Wer möchte, kann ja auf Wikipedia mehr dazu lesen. Aber Achtung, der Artikel geizt nicht mit Fotos der Mumien.
Außerdem darf man sich natürlich auch noch fragen, inwiefern denn eigentlich die heutigen christlichen Friedhöfe unbedingt viel mit Pietät zu tun haben. Die Friedhöfe haben heute ja Grablaufzeiten. Teilweise sind das 30, teilweise 40, an manchen Orten aber auch nur 20 Jahre. Danach wird das Grab ausgehoben, die alte Erde inklusive der Knochen der dort Beerdigten kommen dann auf einen Abfallberg, der alte Grabstein kann entweder vom Steinmetz abgeschliffen und für einen neuen Toten wiederverwertet werden, oder kommt auch auf die Schutthalde. Danach wird das Grab an eine neue Person vermietet. Eine richtige "ewige Totenruhe" ist das ja nun auch nicht. Trotzdem ist das heute, bis auf sehr wenige Ausnahmen, absolut üblich.
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