Zeitlosigkeit von Reiseführern
Mein Großonkel hat noch eine große Sammlung verschiedener Reiseführer. Zum Teil noch welche aus den 70er Jahren. Teilweise auch Reiseführer, die damals richtig teuer waren. Nun würde wir Verwandten gerne einen Teil der Reiseführer entsorgen, denn eigentlich braucht die doch kein Mensch mehr. Es gibt Internet. Die Angaben sind zum Teil überholt. DM-Preise in den 70er Jahren interessieren auch keinen mehr und so weiter.
Unser Großonkel ist natürlich nicht sehr amüsiert. Seine Argumente sind, die haben ja mal viel Geld gekostet, vielleicht kann die noch mal jemand gebrauchen und so weiter. Wir verweisen dann eben gerne darauf, dass es heute Internet gibt und gerade junge Leute auch ein Smartphone haben, mit denen sie die Informationen auch direkt vor Ort abrufen können.
Die heftigste Diskussion hatten wir an dem Punkt Aktualität der enthaltenen Daten eines Reiseführers. Wir meinte zu unserem Onkel, für 1,50 DM kommt heute keiner mehr in den Frankfurter Zoo. Mein Großonkel meinte, so Touristenattraktionen würden eh ständig die Preise ändern und da ist man eh im Vorfeld drauf eingestellt, dass die Preise im Reiseführer nicht stimmen. Das würde aber nichts daran ändern, dass das Kolosseum immer noch da steht, wie vor 50 Jahren auch. Genau dasselbe mit der Freiheitsstatur und so weiter.
Mein Großonkel meint, auch wenn die Preise nicht mehr stimmen, es verschiedene Hotels sicherlich nicht mehr gibt, aber an den Standorten der Sehenswürdigkeiten ändert sich ja nichts und er empfindet deshalb Reiseführer als zeitlos. Ich gebe zu, ich fand seine Argumentation schlüssig. Wie seht ihr das? Also mal abgesehen davon, dass man mit zwei Mausklicks jederzeit alle Sehenswürdigkeiten der Welt am Computer ansehen kann, sind Reiseführer, zumindest was die Sehenswürdigkeiten angeht, zeitlos.
Jahrhundertealte Burgruinen, Denkmäler und Brücken wurden seit Erscheinen der Reiseführer sicherlich nicht eingerissen. Aber da die Beschreibungen dieser Sehenswürdigkeiten nur einen Teil eines Reiseführers ausmachen, würde ich ihn nicht als zeitlos bezeichnen. Und selbst die Beschreibungen sind doch für neuere Ausgaben überarbeitet worden. Schäden des letzten Hochwasser, ein neuer Förderverein wurde gegründet. Auch zu Sehenswürdigkeiten gibt es neue Informationen.
Ich denke, es ist höchst unwahrscheinlich, dass ihr mal nach einem Reiseführer gefragt werdet und dann das passende Modell aus den 70ern anbieten könnt und dieses auch noch begeistert in Empfang genommen wird. Ich würde viel eher kurz bei Ebay und Amazon vorbeischauen und für ein paar Euro eine wenige Jahre alte Ausgabe kaufen.
Vielleicht geht es dem Großonkel ja gar nicht darum, dass Reiseführer veralten, sondern eher darum, dass er seine Sammlung gerne behalten will? Ich kenne den Herrn natürlich nicht, aber es gibt ja viele Sammler, die an ihren Besitztümern hängen und es ganz und gar nicht lustig finden, wenn die werte Verwandtschaft beschließt: "Den alten Krempel brauchst du doch sowieso nicht mehr!" Da ist es im Prinzip egal, ob es sich um Sammeltassen, Schuhe oder Reiseführer handelt oder ob man die Dinge noch gebrauchen kann oder nicht. Wieso wollt ihr die Sachen überhaupt entsorgen, wenn sie doch eigentlich dem Großonkel gehören und er sie lieber behalten will?
Gerade an Reiseführern hängen ja oft auch schöne Erinnerungen, beispielsweise an die Zeit, als man mit dem Nachwuchs noch regelmäßig in den Zoo gegangen ist oder als eine Reise über den Brenner nach Italien noch eine mittlere Sensation dargestellt hat. Ich kann schon verstehen, dass nicht jeder diese Erinnerungsstücke problemlos als überholt und nutzlos abtun möchte.
Objektiv gesehen sind gedruckte Reiseführer natürlich alles andere als zeitlos, sondern oft zum Zeitpunkt der Drucklegung schon nicht mehr aktuell. Es braucht ja nur ein Hotel pleite zu gehen oder eine Flugstrecke geändert werden. Dennoch habe ich mir für meine aktuelle Urlaubsplanung einen traditionellen Reiseführer gekauft, da ich manchmal einfach lieber blättere als scrolle und die Informationen hier zumindest schon einmal von einer Redaktion gefiltert und geprüft wurden. Im Internet kann ja jeder alles behaupten. Für die Detailplanung nehme ich natürlich auch die modernen Medien in Anspruch, aber als Souvenir kann auch ein gedruckter Reiseführer ganz gut herhalten.
Ich würde Reiseführer nicht als zeitlose Werke ansehen, im Gegenteil. Mir ist es schon wichtig, dass ich, wenn ich mir einen Reiseführer kaufe, einen halbwegs aktuellen erwische, bei dem ich mich auf manche Angaben schon verlassen kann. Sicher ist es klar, dass das Kolosseum noch immer dort steht, wo es schon vor 50 Jahren und noch viel länger steht. Dass die Preise aus Reiseführern schnell überholt sind, würde ich auch noch sagen. Bei Eintrittspreisen verlasse ich mich im Grunde nie auf einen Reiseführer, sondern ich schaue im Internet oder eben vor Ort danach.
Aber wenn im Reiseführer eine bestimmte Buslinie empfohlen wird, die viele Sehenswürdigkeiten abfährt, dann würde ich mich bei einem älteren Reiseführer nicht mehr darauf verlassen. Sicher kann man auch bei einem neuen Reiseführer das Pech haben, dass die Route kürzlich geändert wurde, aber die Wahrscheinlichkeit ist doch einfach geringer. Auch die Empfehlungen von Restaurants bringen wenig, wenn dort schon dreimal der Besitzer gewechselt hat.
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