Abschaffung von Hartz 4 Sanktionen als gutes Signal werten?

vom 17.03.2014, 12:42 Uhr

Derzeit wird ja in verschiedenen politischen Gremien die Abschaffung von Hartz 4 Sanktionen diskutiert. Argumentiert wird dieser Vorstoß damit, dass Sanktionen gegen Hartz 4 Bezieher gegen die Menschenwürde verstoßen würden. Nun scheint sich mit Inge Hannemann, neben der bereits etablierten „Anwältin der Armen“ Helena Fürst, die zweite ehemals Jobcenterangestellte dazu zu gesellen.

Wie findet ihr diesen Vorstoß? Welche Signalwirkung hätte es denn, wenn dieser Vorschlag durchkäme? Meint ihr Sanktionen gegenüber absolut arbeitsunwilligen Hartz 4 Beziehern sollten unbedingt erhalten bleiben oder gehören diese in der Tat als menschenunwürdiges Instrument abgeschafft? Hätte womöglich die Abschaffung von Hartz 4 Sanktionen einen rapiden Anstieg der Hartz 4 Bezieher zur Folge?

Benutzeravatar

» schraxy » Beiträge: 1085 » Talkpoints: 52,15 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde nicht, dass Sanktionen menschenunwürdig sind. Jeder muss für sein Geld was machen und diejenigen, die vom Staat leben, haben eben die Aufgabe auch Arbeitsangebote anzunehmen und sich ab und an bei der Agentur für Arbeit vorzustellen und ich denke, dass es nicht zu viel verlangt ist.

Ich befürchte, dass, wenn diese Sanktionen abgeschafft werden und keiner mehr Arbeit annehmen muss und keiner sich mehr an die Termine halten muss, noch mehr Hartz 4 Empfänger aus dem Boden schießen. Ich kenne jemanden, der genau wegen der Sanktionen auch schnell wieder arbeiten wollte, damit er eben nicht ständig kontrolliert wird und er nicht JEDE Arbeit annehmen muss. Da hat er sich lieber selber was gesucht.

Ich finde, dass Sanktionen sein müssen, damit gerade die, die sich auf Staatskosten ausruhen mal aus den Puschen kommen. Denn diesen Leuten, die sich wirklich ausruhen, geht es viel zu gut. Warum sollte man ihnen dann nicht was vom Geld abziehen, wenn sie sowieso nicht vor die Tür gehen. Gerade bei den Langzeit-Hartz 4-Empfängern wird sich so nichts ändern und es kommen eher noch mehr dazu, wenn die Sanktionen fehlen. Noch denken sich wenigstens einige, dass sie alles dran setzen wieder zu arbeiten, damit sie nicht weniger Geld bekommen und so nehmen sie wenigstens alle Termine wahr und nehmen auch Arbeitsangebote ernst.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Wahrscheinlich reicht diese Information alleine nicht und man müsste sich intensiver mit dem Thema befassen, um genauer sagen zu können, was das für Auswirkungen haben wird und ob es bisher überhaupt was gebracht hat. Aber so wie es im Moment für mich klingt, wäre das ja für viele Menschen eher eine Freikarte, denn sie könnten ohne große Mühe Hartz IV Empfänger bleiben und sich weiterhin auf unseren Steuergeldern ausruhen, weil sie einfach keinen Bock haben zu arbeiten, aus welchen Gründen auch immer. Und von diesem Menschen scheint es offenbar ja sehr viele zu geben, ansonsten hätte man die Sanktionen ja wohl kaum eingeführt oder?

Prinzipiell halte ich Hartz IV ja für eine gute Idee, aber ich komme mit dem Gedanken nicht klar, dass es sehr viele Menschen gibt, die das Ausnutzen und denen offenbar jetzt auch noch diese Tatsache erleichtert wird, in dem man ihnen die Sanktionen erlässt. Ich wüsste nicht, was daran die Menschenwürde verletzten würde, schließlich ist man doch selbst Schuld, wenn man keine Bemühungen unternimmt, sich einen Job zu suchen. Ich finde eher, dass es gegen die Menschenwürde aller Steuerzahler verstößt, wenn diese weiterhin für faule Menschen zahlen müssen, die sich weigern einen Job zu suchen.

Ich denke daher, dass es keine gute Idee ist, diese Sanktionen aufzuheben, zumindest nach meinen momentanen Kenntnisstand nicht. Solange sie berechtigt sind und die Empfänger selbst es beeinflussen können, ist es meiner Ansicht nach gerechtfertigt und hilft dabei, die Menschen zu unterscheiden, die wirklich nicht arbeiten gehen wollen, von denen die eben einfach keine Stelle bekommen.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke, man ist noch lange nicht so weit, dass dieser Vorschlag auch tatsächlich umgesetzt wird. Bisher ist ja wohl nur die Opposition dafür, die Regierung dürfte aber eher weniger davon halten. Auch wenn ich mich mit meiner Meinung vielleicht unbeliebt mache, ich finde durchaus, dass es irgendwo dem Grundgesetz ("Die Würde des Menschen ist unantastbar") widerspricht, wenn man jemandem sogar noch das Existenzminimum wegnimmt.

Die Frage ist auch, ob Sanktionen wirklich bei der Mehrheit der Betroffenen dazu beitragen, dass sie sich mehr Mühe geben, einen Job zu finden oder ob sie dadurch eher Angst vor dem Jobcenter bekommen und erst recht nicht mehr hingehen, auch wenn sie dann noch mehr Sanktionen ansammeln. Wenn man jemandem motivieren will, etwas zu erreichen, dann funktioniert das doch eher auf der Basis von Vertrauen und Unterstützung und nicht unter der ständigen Androhung "Wenn du dies nicht machst, passiert das".

Die Schlussfolgerung, dass auf Druck auch eine entsprechende Leistung erbracht wird, funktioniert nicht bei jedem Menschen, besonders nicht bei denen, die vielleicht sowieso ein geringes Selbstbewusstsein haben und darunter fallen eben nicht selten Hartz-IV-Empfänger. Ich denke, wenn man Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit bringen will, sollte man sie eher sinnvoll unterstützen, anstatt sie unter Druck zu setzen. Sinnvoll unterstützen heißt, sie nicht nur in irgendwelche Maßnahmen zu stecken, damit sie für die Zeit aus der Statistik verschwinden, sondern ihnen wirklich weiterzuhelfen.

Benutzeravatar

» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ich finde diese Frage wirklich schwer zu beantworten, weil ich es als ehemalige Hartz IV Empfängern aus einer anderen Perspektive sehen muss. Wahrscheinlich liegt es daran, weil gleichwohl gute, aber auch schlechte Erfahrungen mit dem ganzen Prozedere gemacht habe. Ich weiß somit sehr wohl, wie es ist unrechtmäßig behandelt zu werden und wie es ist der reinen Willkür mancher Bearbeiter ausgesetzt zu sein. Wobei ich klar betonen muss, dass diese Problematiken zum einen nicht allgegenwärtig bei jedem Empfänger stattfindet und zum anderen hoffentlich auch nicht die Regel ist.

Meine persönlichen Erfahrungen lassen mich auf der einen Seite sagen, dass Sanktionen zumindest vermindert werden müssen, aber nicht abgeschafft. Man stelle sich vor, dass einem 90 % also fast alles gekürzt werden und das geht auch bis zur Miete, denn als das bei mir der Fall war, wurde mir die Miete mit gekürzt. Ich habe fast alles verloren, wenn nicht der Geschäftsführer des hiesigen Job Centers meinen Aussagen glauben geschenkt hätte.

Ich bin schwer krank geworden in den vergangenen Jahren und musste auf Hartz IV zurückgreifen. Meine Bearbeiterin hat meine Krankheiten völlig umgangen und mir Jobs versucht zu geben, die ich nachweislich nicht antreten konnte. Ich ging jedoch immer zu jedem Termin auch zu den Vorstellungsgesprächen. Das Endergebnis war natürlich offensichtlich, denn die Arbeitgeber wollten mich nicht haben. Meine Fallmanagerin empfand dies jedoch als faule Ausrede, meine Atteste & Co seien ja nur Schein für mich.

Der Amtsarzt hat natürlich völlig gegen meine ärztlichen Gutachten gesprochen, was ich bedenklich finde. Doch der Geschäftsführer des Job Centers hat sich auch ohne Helena Fürst, obwohl ich mit ihr drohte, die Zeit genommen, um mir zu helfen. Seltsamerweise ging von dem Tag alles ratzfatz, ich hatte eine andere Fallmanagerin und mein Geld wurde rückwirkend gutgeschrieben.

Meine Geschichte hat mir gezeigt, dass es auch oftmals hart und forsch beim Job Center abgeht, sodass ich vielen oftmals glauben muss, dass Willkür hinter einigen Fallmanagerinnen steckt. Doch es ist eben nicht immer der Fall. Zudem muss man auch mal die Hintergründe der Menschen betrachten. Einen schwer psychisch kranken Menschen, vorbestraft & Co den kann man nicht so einfach vermitteln und so einfach er/sie es versucht es geht eben nicht immer.

Vieles liegt auch an unserer Gesellschaft, sodass man nicht gleich noch jemanden bestrafen muss, wenn er alles versucht. Anders sieht es bei den faulen Patienten aus, die nachweislich alles boykottieren und ablehnen. Denen sind sehr wohl Sanktionen zu zumuten!

» Glasreinigerin » Beiträge: 1008 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^